Ergänzung in den Produktinformationen: Paracetamol: Risiko einer metabolischen Azidose
Wie aus einem Beschluss des Ausschusses für Risikobewertung im Bereich Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA)Quelle: https://www.ema.europa.eu/en/documents/prac-recommendation/prac-recommendations-signals-adopted-28-31-october-2024-prac-meeting_en.pdf; Stand 10/2024 hervorgeht, sollen die Produktinformationen aller Arzneimittel, die Paracetamol enthalten, angepasst werden. Darüber berichtete kürzlich auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)Quelle: https://www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/Pharmakovigilanz/Ausschuesse-und-Gremien/PRAC/signale/weitere_informationen/paracetamol.html .
Zur Erinnerung: So wirkt Paracetamol
Paracetamol besitzt eine antipyretische (fiebersenkende) und analgetische (schmerzstillende) Wirkung. Im Gegensatz zu den nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAR) wie Ibuprofen und Diclofenac wirkt der Arzneistoff jedoch nicht antiphlogistisch (entzündungshemmend).
Ein großer Nachteil von Paracetamol ist die geringe therapeutische Breite. Außerdem wirkt Paracetamol bei Überdosierung hepatotoxisch, also leberschädigend.
Künftig sollen die Produktinformationen von Mono- und Kombinationspräparaten mit Paracetamol auf das Risiko einer seltenen metabolischen Azidose mit erweiterter Anionenlücke (HAGMA) aufgrund einer Pyroglutaminsäure-Azidose hinweisen.
Bislang ist dies bei den Warnhinweisen und Wechselwirkungen aufgeführt, aber ohne den Zusatz „aufgrund einer Pyroglutaminsäure-Azidose“ – dies soll nun entsprechend ergänzt werden.
Zudem soll das Risiko einer HAGMA aufgrund einer Pyroglutaminsäure-Azidose auch als Nebenwirkung mit der Häufigkeit „nicht bekannt“ aufgeführt werden.
Was ist HAGMA?
HAGMA steht für „High Anion Gap Metabolic Acidosis“, zu Deutsch eine „metabolische Azidose mit vergrößerter Anionenlücke“. Sie kann auftreten, wenn der Körper zu viel Säure produziert oder nicht ausreichend Säure über die Nieren aus dem Körper ausgeschieden wird, beispielsweise durch Nierenversagen oder Anreicherung von Pyroglutaminsäure (5-Oxoprolin).
Erste Symptome einer solchen Azidose sind
- starke Atembeschwerden mit tiefer schneller Atmung,
- Benommenheit,
- Übelkeit und
- Erbrechen.
Vorsicht bei langfristiger Einnahme von Paracetamol
Das Risiko, diese seltene Form der Azidose zu entwickeln, ist stark erhöht, wenn Paracetamol über einen längeren Zeitraum eingenommen wird. Vorsicht ist auch geboten, wenn Paracetamol in Kombination mit dem Antibiotikum Flucloxacillin angewendet wird.
Außerdem sind Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung, Lebererkrankung, Blutvergiftung (Sepsis), Mangelernährung oder Glutathionmangel (z. B. aufgrund chronischen Alkoholismus) gefährdet.
Gut zu wissen: Was ist Glutathion?
Bei Glutathion handelt es sich um ein Tripeptid, das aus den Aminosäuren Glutaminsäure, Cystein und Glycin besteht. Es gilt als wichtiges Antioxidans und spielt eine Rolle in zahlreichen Stoffwechselprozessen. Glutathion wird auch zur Behandlung von Leber- oder neurodegenerativen Erkrankungen verwendet.
Bei Verdacht auf HAGMA aufgrund einer Pyroglutaminsäure-Azidose wird ein sofortiges Absetzen von Paracetamol und eine engmaschige Überwachung empfohlen.
Die Messung von Pyroglutaminsäure im Urin könne zudem nützlich sein, um eine Pyroglutaminsäure-Azidose als zugrunde liegende Ursache von HAGMA bei Patienten mit mehreren Risikofaktoren zu erkennen, so das BfArM. Quellen:
- https://www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/Pharmakovigilanz/Ausschuesse-und-Gremien/PRAC/signale/weitere_informationen/paracetamol.html
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