Kommt bald ein Verhütungsgel für Männer?
Verhütung ist bei vielen Paaren immer noch vorwiegend Frauensache. Viele wünschen sich, dass auch Männer dazu ihren Beitrag leisten können. Doch auch wenn schon seit vielen Jahren davon gesprochen wird, eine Pille für den Mann lässt weiter auf sich warten.
Bisher können Männer nur durch ein Kondom oder mithilfe einer Vasektomie verhüten. Bei Letztgenanntem handelt es sich um eine dauerhafte Verhütung, bei der beide Samenleiter durchgetrennt werden und somit keine Spermien mehr in die Samenflüssigkeit gelangen können.
Aber vielleicht geht es nun doch voran mit einer hormonellen Verhütungsmethode für Männer: Ein Gel zum Auftragen auf die Haut konnte in einer in den USA durchgeführten Phase-II-b-Studie vielversprechende Ergebnisse erzielen.
Gut zu wissen: Was ist eine Phase-II-b-Studie?
Die Entwicklung eines Arzneimittels wird in verschiedene klinische Phasen unterteilt. Während es in Phase I vorwiegend um die Verträglichkeit und Sicherheit eines Medikaments geht, wird in der Phase II bereits die positive Wirkung des Arzneimittels getestet.
Die Phase II wird häufig in Phase a und b unterteilt. In der Phase-II-a geht es meist weiter um die Arzneimittelsicherheit, während in der Phase-II-b die Wirksamkeit und die therapeutische Dosierung genauer untersucht werden.
Damit ein Arzneimittel eine Zulassung erhalten kann, muss anschließend noch eine Phase III erfolgreich durchlaufen werden. Dabei wird das Medikament an einer großen Gruppe von Menschen angewendet. Hierbei muss sich die therapeutische Wirksamkeit bestätigen.
Wie ist das Verhütungsgel zusammengesetzt?
Das aktuell getestete Verhütungsgel enthält die beiden Hormone Testosteron und Segesteronacetat und soll einmal täglich im Bereich der Schultern aufgetragen werden. Mithilfe des Gels wird der Hormonspiegel im Blut konstant gehalten, dadurch soll eine reversible Sterilität erreicht werden, ohne die Sexualfunktion zu beeinträchtigen.
Testosteron gehört zu den Androgenen und ist das wichtigste männliche Geschlechtshormon. Es ist unter anderem an der Ausbildung der männlichen Geschlechtsmerkmale, der Bildung der Muskelmasse und der Produktion von Spermien beteiligt. Wird es allerdings von außen zugeführt, wirkt es hemmend auf die Bildung von Spermien.
Beim Segesteronacetat, das auch unter dem Namen Nestoron bekannt ist, handelt es sich dagegen um ein synthetisches Gestagen mit deutlich stärkerer Wirkung als das natürlich vorkommende Progesteron.
Der Wirkstoff kommt bereits in hormonellen Verhütungsmitteln für Frauen zum Einsatz. Bei Männern unterstützt Segesteronacetat die hemmende Wirkung von Testosteron auf die Spermatogenese und sorgt für eine deutlich reduzierte Anzahl gebildeter Spermien.
Verhütungsgel wirkt bereits nach vier Wochen
An der durchgeführten Phase-II-b-Studie nahmen 222 Männer teil. Dabei konnte gezeigt werden, dass die Wirkstoffkombination aus Testosteron und Segesteronacetat bereits nach einer Anwendung von 4 Wochen die männliche Fruchtbarkeit wirksam unterdrücken kann.
Schon in der 5. Woche der Anwendung war die Anzahl an Spermien bei 20 % der Männer deutlich reduziert, in der 8. Woche bei mehr als der Hälfte der Teilnehmer und nach 15 Wochen bei 86 %. Dabei wurde jeweils die Anzahl der Spermien in einer Samenprobe gemessen.
Ab einem Wert von ≤ 1 Million Spermien pro Milliliter kann von einer sicheren Verhütung ausgegangen werden. Normalerweise sind in einem Milliliter Samenflüssigkeit zwischen 15 und 200 Millionen Spermien enthalten.
Laut den Wissenschaftlern ist damit das Verhütungsgel deutlich schneller wirksam als vergleichbare Präparate zur Injektion. Bei diesen würde es um einige Wochen länger dauern, bis die Spermienanzahl unter den kritischen Wert gesunken ist.
Bei einem Verhütungsmittel sei eine schnelle Wirksamkeit ein wichtiger Vorteil, denn die wenigsten Anwender würden fast drei Monate warten wollen, bis eine schützende Wirkung eintritt.
Tests mit Verhütungsgel gehen weiter
Die teilnehmenden Paare wenden das Verhütungsgel nun weiter an, weitere Mittel zur Verhütung dürfen nicht benutzt werden. Mindestens einmal im Monat sollte zudem ungeschützter Geschlechtsverkehr stattfinden. Dadurch sollen weitere Daten zur Wirksamkeit der Empfängnisverhütung, zur Akzeptanz sowie zur Umkehrbarkeit der Kontrazeption erhalten werden.
Für eine endgültige Zulassung des Verhütungsgels sind allerdings noch Ergebnisse aus einer Phase-III-Studie nötig. Diese umfasst dann deutlich mehr Teilnehmer als in der bisher durchgeführten Untersuchung.
Dafür fehlen aber noch die finanziellen Mittel, denn das neue Gel wird bisher nicht von einer Pharmafirma getestet, sondern von der staatlichen Gesundheitsbehörde National Institutes of Health im Rahmen eines Entwicklungsprogramms für Kontrazeptiva. Quellen:
https://www.endocrine.org/news-and-advocacy/news-room/2024/endo-2024-press-blithe
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/verhuetungsgel-fuer-maenner-erfolgreich-147928/