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Was ist eigentlich das Eigenbrauer-Syndrom?

Polizist hält Alkoholtest in Kamera
Betroffene des Eigenbrauer-Syndroms haben oft zu viel Alkohol im Blut. | Bild: benjaminnolte / AdobeStock

Betrunken sein, ohne Alkohol getrunken zu haben – das gibt es tatsächlich. Dieses Phänomen wird auch Eigenbrauer-Syndrom genannt, das zum Beispiel vor Verkehrsgerichten schon mehrfach eine Rolle spielte. Für Betroffene kann diese seltene Erkrankung eine psychische Belastung sein. Denn meist wird die Diagnose erst nach jahrelanger Leidenszeit gestellt.

Störung des Mikrobioms verursacht Eigenbrauer-Syndrom

Die Ursache für das Eigenbrauer-Syndrom wird im Magen-Darm-Trakt angenommen. Während der Verdauung zersetzen Bakterien und Pilze die Nahrung. Als Nebenprodukt entsteht auch bei gesunden Menschen eine geringe Menge Ethanol.  

Bei Betroffenen des Eigenbrauer-Syndroms geht man davon aus, dass das Mikrobiom im Darm gestört ist, wodurch sich die fermentierenden Mikroorganismen zu stark vermehren. Als ursächliche Erreger kommen Hefepilze der Gattungen Candida und Saccharomyces infrage.  

Diese Störung könnte durch eine Aufnahme von zu vielen Kohlenhydraten sowie einem übermäßigen Gebrauch von Antibiotika hervorgerufen werden. Vermutet wird auch ein Zusammenhang zu anderen Krankheiten wie Diabetes oder Leberproblemen sowie eine erbliche Komponente, wie Wissenschaftler jüngst im „Canadian Medical Association Journal“ schrieben.

Infolge des Eigenbrauer-Syndroms kann sich eine nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) oder eine nichtalkoholische Steatohepatitis (NASH) entwickeln.

Was sind die Symptome des Eigenbrauer-Syndroms?

Das Eigenbrauer-Syndrom ist immer wieder Thema vor Verkehrsgerichten, was mit den Symptomen dieser Erkrankung zusammenhängt. So beschreiben die Wissenschaftler einer aktuellen Studie, dass eine Frau in Kanada mehrfach wegen extremer Tagesmüdigkeit und undeutlicher Sprache in die Notaufnahme kam. Sie habe jedes Mal eine schlimme Alkoholvergiftung mit erhöhten Blutalkoholwerten und Alkohol im Atem gehabt – und jedes Mal angegeben, keinen Alkohol getrunken zu haben.

Und in Belgien war kürzlich ein vermutlich am Eigenbrauer-Syndrom leidender Mann vom Vorwurf der Trunkenheit am Steuer freigesprochen worden. Ein Rechtsmediziner hatte bestätigt, dass das Syndrom höchstwahrscheinlich vorliege. Ähnliche Fälle hatte es auch in den USA schon mehrfach gegeben.

Ein hoher Alkoholgehalt oder gar wiederkehrende Alkoholvergiftungen unklarer Ursache sind zwei sehr spezifische Symptome. Des Weiteren können Betroffene aber auch chronische bzw. anhaltende Beschwerden aufweisen, wie:

  • Erbrechen oder Aufstoßen,
  • chronisches Erschöpfungssyndrom oder Depression,
  • Schwindel, Koordinations- und Orientierungsschwierigkeiten und
  • Reizdarmbeschwerden.

 

Diagnose sollte möglichst früh gestellt werden

Einem Verdacht auf das Eigenbrauer-Syndrom solle frühzeitig nachgegangen werden. „Das Eigenbrauer-Syndrom hat erhebliche soziale, rechtliche und medizinische Folgen für die Patienten und ihre Angehörigen“, schreiben die Studienautoren im „Canadian Medical Association Journal“. Allerdings gibt es derzeit kein standardisiertes Diagnoseverfahren. 

Eigenbrauer-Syndrom mit Antimykotika therapieren

Liegt eine Alkoholvergiftung vor, muss zunächst diese therapiert werden. Danach wird das Eigenbrauer-Syndrom meist mit einer antimikrobiellen Therapie behandelt. Manchen Patienten hilft auch eine Ernährungsanpassung, bei der die Aufnahme von Kohlenhydraten reduziert wird. Quellen: dpa, doccheck.com 

Das Eigenbrauer-Syndrom in Kürze:

  • Seltene Erkrankung, bei der Mikroorganismen im Darm zu viel Ethanol produzieren
  • Mögliche Symptome: Alkoholvergiftung und/oder erhöhter Alkoholgehalt im Blut ohne Alkoholkonsum, chronisches Erschöpfungssyndrom, Reizdarmbeschwerden, Schwindel und Erbrechen
  • Diagnose sollte frühestmöglich erfolgen, kein standardisiertes Verfahren vorhanden
  • Behandlung mit Antimykotika, reduzierte Kohlenhydrataufnahme