Was ist eigentlich Emetophobie?
Viele Menschen empfinden es als unangenehm, eine Person erbrechen zu sehen. Diese recht natürlich erscheinende Reaktion – immerhin ist das kein schöner Anblick – kann sich bei manchen jedoch zu einer Angststörung entwickeln. Dann spricht man von Emetophobie – der Angst vor dem Erbrechen.
Gut zu wissen: Woher kommt der Name?
Wie bei vielen Namen für Erkrankungen stammt auch dieser aus dem Griechischen. „Εμετό“ bedeutet (sich) erbrechen und „ϕόβος“ bedeutet Angst oder Furcht.
Die Emetophobie beschränkt sich nicht zwangsläufig auf den Umgang mit anderen Menschen. Studien zeigen, dass 47,3 % der Betroffenen ausschließlich Angst vor dem eigenen Erbrechen haben. 35,5 % haben Angst vor eigenem und fremdem Erbrechen und nur 12,7 % vor dem (möglichen) Erbrechen anderer.
Was sind die Symptome einer Emetophobie?
Oft reicht allein der Gedanke an Erbrechen schon aus, um die Angst auszulösen. So meiden Betroffene dieser Angststörung Situationen, in denen es zum Erbrechen kommen könnte. Dazu zählen zum Beispiel Feierlichkeiten, an denen Alkohol getrunken wird, Reisen mit dem Auto oder Schiff sowie medizinische Untersuchungen und Eingriffe. Manche Frauen vermeiden Schwangerschaften oder brechen bestehende ab, aus Angst vor der Schwangerschaftsübelkeit, die oft auch mit Erbrechen einhergeht.
Viele Betroffene wählen nur noch Lebensmittel, die sie kennen und die ihnen „sicher“ erscheinen. Dagegen werden Lebensmittel gemieden, die sie mit einem erhöhten Risiko für Übelkeit und Erbrechen verbinden, z. B. Eier oder Meeresfrüchte. Auch werden Nahrungsmittel häufig nicht nach Überschreiten des Mindesthaltbarkeitsdatums konsumiert, um das Risiko für Übelkeit und Erbrechen zu reduzieren.
Manchmal wird die Nahrungsaufnahme insgesamt sogar eingeschränkt, weil die Betroffenen Angst vor einem Völlegefühl und damit verbundener Übelkeit haben. Es besteht sodann die Gefahr, dass sich eine Essstörung entwickelt.
Gut zu wissen: weitere Symptome einer Emetophobie
Häufig werden folgende Symptome auch mit dieser Angststörung in Verbindung gebracht:
- Soziale Isolation
- Geringes Selbstwertgefühl
- Somatoforme Symptome wie Diarrhö, Reizdarmsyndrom oder Sodbrennen
- Schwindel (infolge zu geringer Nahrungsaufnahme)
Was sind die Ursachen einer Emetophobie?
Die genaue Ursache dieser Angststörung ist derzeit noch unbekannt. Prinzipiell scheinen Personen mit hoher Ängstlichkeit und Ekelsensitivität sowie einer ausgeprägten Neigung, auf Angst mit somatischen Beschwerden zu reagieren, eine höhere Vulnerabilität für Emetophobie aufzuweisen.
Verstärkt wird dies durch negative Erlebnisse mit dem eigenen oder fremden Erbrechen sowie anderen belastenden Ereignissen in der Vergangenheit. „Trigger (…) können im Prinzip alle mit dem Erbrechen assoziierten Hinweisreize sein“, so Dr. phil. Michael Stefan Metzner.
Wie häufig ist die Emetophobie und wer ist betroffen?
Die Angst vor dem Erbrechen ist nicht so selten, wie man zunächst annehmen könnte. Laut der Dresden Mental Health Study aus dem Jahr 2007 ist etwa eine von 1.000 Personen von Emetophobie betroffen. Die Mehrzahl von ihnen (83,2 %) sind Frauen und Mädchen. Man geht jedoch davon aus, dass die Dunkelziffer deutlich höher ist. Denn häufig werden Betroffene zunächst fehldiagnostiziert.
Laut Metzner liegt dies daran, dass diese Erkrankung zahlreiche Überschneidungen mit anderen, vielleicht prominenteren Störungsbildern aufweist, etwa Zwangsstörungen oder Anorexia nervosa. Diese seien schlichtweg besser bekannt und daher auch besser erforscht. Eine Abgrenzung zu anderen Erkrankungen ist aber meist bei genauer Betrachtung der Symptome gut möglich.
Viele Betroffene assoziieren ihre Beschwerden zunächst nicht mit dieser spezifischen Angststörung, weshalb es oft lange dauert, bis eine Diagnose gestellt wird. Dabei treten die Symptome häufig bereits im Kindesalter auf. Das Durchschnittsalter liegt bei etwa zehn Jahren.
Therapiemöglichkeiten bei Emetophobie
Da es sich bei Emetophobie um eine spezifische Angststörung handelt, wird diese in der Regel psychotherapeutisch behandelt. Um die Angst zu überwinden, wird die betroffene Person schrittweise und gezielt gefürchteten Situationen ausgesetzt (Expositionstherapie).
Dabei geht es nicht darum, das (eigene) Erbrechen herbeizuführen. Stattdessen sollen die Patienten lernen, mit angstauslösenden Ereignissen umzugehen, damit sie ihr Leben wieder unabhängiger von der Angststörung gestalten können.
Emetophobie: Mit Biofeedback besser atmen
Eine Besonderheit der Emetophobie ist die Dauerübelkeit, unter der viele Betroffene leiden. Diese kann neue Angstzustände auslösen. Viele Patienten atmen zu schnell und zu flach, was das Verdauungssystem beeinträchtigen und so das Gefühl von Übelkeit verstärken kann.
Hier hat sich der Einsatz von Biofeedback als besonders hilfreich erwiesen. Durch eine computergestützte Messung und Rückmeldung von Atmung und Puls lernen die Betroffenen eine tiefere Zwerchfellatmung, was das Symptom der Dauerübelkeit lindern kann. Quellen: https://www.aerzteblatt.de/archiv/224642/Emetophobie-Die-unerkannte-Krankheit
https://www.angstselbsthilfe.de/daz.digital/emetophobie/
https://flexikon.doccheck.com/de/Emetophobie
Emetophobie in Kürze
- Angst vor dem eigenen und/oder fremden Erbrechen, spezifische Angststörung
- Ursache unbekannt, höhere Vulnerabilität bei Personen mit hoher Ängstlichkeit und Ekelsensitivität sowie einer ausgeprägten Neigung, auf Angst mit somatischen Beschwerden zu reagieren
- 1 von 1.000 Personen betroffen, vor allem Mädchen und Frauen, Durchschnittsalter erster Symptome: 10 Jahre
- Betroffene meiden Situationen, die Übelkeit und Erbrechen herbeiführen können; psychosomatische Beschwerden und Essstörungen möglich
- Behandlung durch kognitive Verhaltenstherapie, Expositionstherapie