Als Schwangere besser pflanzenbasiert ernähren?
Gemüse, Obst, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse, Samen, Kräuter und Gewürze statt rotes Fleisch, Geflügel, Fisch, Eier und Milchprodukte – eine pflanzenbasierte Kost bringt gesundheitliche Vorteile mit sich.„Journal of Geriatrie Cardiology“: „Definition of a plant-based diet and overview of this special issue“
Forschungsergebnisse liefern Hinweise, dass eine pflanzenbasierte Ernährung das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fettleibigkeit„Nutrition“: „Comparative effectiveness of plant-based diets for weight loss: A randomized controlled trial of five different diets“ und Typ-2-Diabetes senkt.„PLOS Medicine“: „Plant-Based Dietary Patterns and Incidence of Type 2 Diabetes in US Men and Women: Results from Three Prospective Cohort Studies“ Den Ergebnissen zufolge soll eine pflanzenbasierte Ernährung auch die Gefahr eines verfrühten Todes„Circulation“: „Changes in Plant-Based Diet Quality and Total and Cause-Specific Mortality“ – also vor der statistischen Lebenserwartung zu sterben – reduzieren. Diese Daten beziehen sich auf Erwachsene, die nicht schwanger waren.
Pflanzenbasierte Kost in der Schwangerschaft
Bluthochdruckerkrankungen sind auch in der Schwangerschaft nicht gesund und können lebensbedrohlich sein. Sie sollen weltweit für 10 Prozent der Müttersterblichkeit verantwortlich zeichnen und werden stark mit der Neugeborenensterblichkeit in Verbindung gebracht. Wirkt sich eine pflanzenbasierte Kost auch in der Schwangerschaft positiv aus, indem sie das Risiko für eine Schwangerschaftshypertonie senkt?
Eine 2019 veröffentlichte Studie„The American Journal fo Clinical Nutrition“: „Dietary patterns before and during pregnancy and maternal outcomes: a systematic review“ fand „begrenzte Nachweise“, dass Frauen, die vor und in der Schwangerschaft auf einen höheren Anteil an Gemüse, Obst, Vollkornprodukten, Nüssen, Hülsenfrüchten, Fisch und pflanzlichen Öle setzten und wenig Fleisch aßen, ein geringeres Risiko für Bluthochdruckerkrankungen in der Schwangerschaft aufwiesen – einschließlich Präeklampsie und Schwangerschaftsbluthochdruck.
Zur Erinnerung: Was ist Präeklampsie?
Präeklampsie ist eine schwere Komplikation im Rahmen einer Schwangerschaft, aufgrund derer weltweit jährlich 70.000 Mütter und 500.000 Babys sterben„NEJM“: Preeclampsia“ .
Dabei kommt es zu erhöhten Blutdruckwerten (≥ 140/90 mmHg) mit laut Leitlinienautoren „mindestens einer neu auftretenden Organmanifestation“ ohne anderweitig erklärbare Ursache, wie Proteinurie oder pathologische Befunde der Niere, Leber, des Atemsystems, der Plazenta oder des zentralen Nervensystems. Je nach zeitlichem Auftreten der Präeklampsie unterscheidet man
- Early-Onset-Präeklampsie: früh einsetzende Präeklampsie mit Entbindung vor der vollendeten 34. Schwangerschaftswoche (33 + 6)
- Frühpräeklampsie mit Entbindung ab vollendeter 34. bis 37. Schwangerschaftswoche (34 + 0 bis 36 + 6)
- Termin-Präeklampsie mit Entbindung ab vollendeter 37. Schwangerschaftswoche
Studie mit knapp 11.500 Schwangeren
Nun untersuchten Wissenschaftler von der „Harvard T.H. Chan School of Public Health“ in Boston (USA) 11.459 schwangere Frauen und werteten 16.780 Einlingsschwangerschaften aus„American Journal of Obstetrics and Gynecology“: „Prepregnancy plant-based diets and risk of hypertensive disorders of pregnancy“ , um weitere Daten zu einer pflanzenbasierten Kost in Bezug auf Blutdruckerkrankungen in der Schwangerschaft zu sammeln.
Die Frauen waren Teil der „Nurses' Health Study II“ (1991–2009) – einer prospektiven Kohortenstudie – hatten keine chronischen Erkrankungen oder Krebserkrankungen sowie keine Präeklampsie in ihrer Vorgeschichte. Alle vier Jahre wurde die Ernährung der Teilnehmerinnen anhand eines validierten Fragebogens erfasst – dabei spielte die Häufigkeit und Qualität der pflanzlichen Lebensmittel eine Rolle. Die Frauen berichteten auch selbst darüber, wenn sie an Schwangerschaftsbluthochdruck litten oder eine Präeklampsie auftrat.
Die Wissenschaftler erstellten anhand der Antworten der Studienteilnehmerinnen einen Index der pflanzenbasierten Ernährung (PDI) mit fünf Gruppen (Quintil), wobei höhere Indexwerte eine umso bessere Einhaltung der pflanzenbasierten Ernährungsweise widerspiegelten.
Einteilung der Lebensmittel
Die Wissenschaftler erfassten 131 Nahrungsmittel in drei Kategorien:
- Pflanzliche Lebensmittel, die gesund sind: Gemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse, Obst, Vollkornprodukte
- Pflanzliche Lebensmittel, die ungesund sind: Fruchtsäfte und zuckerhaltige Getränke, Desserts, Süßigkeiten, Produkte aus raffiniertem Getreide (weißes Mehl und was daraus hergestellt wird)
- Tierische Lebensmittel: Eier, Fisch, Fleisch, Milch, Lebensmittel tierischen Ursprungs
Pflanzenbasierte Kost: weniger Bluthochdruckerkrankungen in Schwangerschaft
Insgesamt dokumentierten die Studienautoren 1.033 Fälle von Blutdruckerkrankungen in der Schwangerschaft, darunter
- 482 Fälle einer Präeklampsie (2,9 Prozent) und
- 551 Fälle von Schwangerschaftshypertonie (3,3 Prozent).
Sie fanden heraus, dass Frauen im höchsten Quintil der pflanzenbasierten Ernährungsweise ein signifikant geringeres Risiko für hypertensive Beschwerden in der Schwangerschaft aufwiesen als Frauen, die sich weniger pflanzenbasiert ernährten und im niedrigsten Quintil des Indexes verortet waren – und zwar um 24 Prozent.
Bessere Gewichtskontrolle bei pflanzenbasierter Ernährung
Interessant ist vor allem auch die Beobachtung, dass sich ein Teil des Vorteils der pflanzenbasierten Kost auf hypertensive Schwangerschaftserkrankungen durch eine bessere Gewichtskontrolle erklären lässt. So nahmen Frauen, die sich überwiegend pflanzenbasiert und gesund ernährten – auch vor der Schwangerschaft – langsamer zu als Frauen, die mehr tierische Produkte verzehrten.
Es sind jedoch weitere Studien erforderlich, um den Nutzen einer pflanzenbasierten Kost – vielleicht über die Benefits bei der Gewichts- und Blutdruckkontrolle in der Schwangerschaft hinaus – zu erhärten.
WHO-Empfehlung zu Ernährung in der Schwangerschaft
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt Tipps für eine gesunde Ernährung in der Schwangerschaft, die Fleisch und Fisch enthält: Schwangere Frauen sollten „eine Vielzahl von Lebensmitteln wie grünes und orangefarbenes Gemüse, Milch, Fleisch, Geflügel, Fisch, Bohnen, Nüsse, Vollkornprodukte und Obst essen“, empfiehlt die WHO. Nahrungsergänzungsmittel wie Folsäure und Eisen sollten Schwangere nach Anweisung des Arztes einnehmen.
Auch der „American Congress of Obstetricians and Gynecologists“ (ACOG), die größte gynäkologisch-geburtshilfliche Fachgesellschaft in den USA, berücksichtigt bei Ernährungsempfehlungen in der Schwangerschaft tierische Lebensmittel. Frauen sollten zum Beispiel zwei bis dreimal pro Woche Fisch essen, bei Milchprodukten auf fettreduzierte Produkte achten und bei Getreideprodukten Vollkornprodukte bevorzugen. Zudem sollte die Hälfte der Mahlzeit aus Obst bzw. Gemüse bestehen.