Zum Europäischen Pilztag am 23. September : Schopf-Tintling – Pilz des Jahres 2024
Auf den Schopf-Tintling (Coprinus comatus) trifft man an vielen Orten: auf Wiesen und Weiden, an Straßen- und Wegrändern, in Parkanlagen und manchmal auch im eigenen Garten. Leicht zu erkennen sind vor allem die älteren Exemplare dieser Pilzart. Denn der Hut mit den Lamellen verfärbt sich im Alter zunächst rosa, dann schwarz und zerfließt schließlich vom Rand her wie schwarze Tinte.
Tatsächlich wurde die schwarze Sporenmasse früher als Tinte verwendet. Noch heute sind Texte erhalten, die vor über 300 Jahren damit geschrieben wurden. Unter dem Mikroskop sind die winzigen dunklen Pilzsporen zu erkennen.
Schopf-Tintling im jungen Zustand genießbar
Beim Anblick der schwarz zerfallenden Pilze mag man kaum glauben, dass es sich beim Schopf-Tintling um einen anerkannten Speisepilz handelt. Allerdings gilt das nur für die jungen, noch ganz weißen Exemplare.
Die 5 bis 12 Zentimeter langen, walzenförmigen Hüte, die mit weißen, abstehenden Schuppen besetzt sind, schmecken angenehm mild. Man kann sie anbraten oder für Mischpilzgerichte verwenden.
Sie müssen jedoch noch am Sammeltag zubereitet werden, denn sie verfärben sich schnell und sind dann ungenießbar. Aus diesem Grund gibt es Tintlinge auch nicht im Handel. Doch von Mai bis in den November hinein kann man sie selbst sammeln.
Die langen Stiele des Schopf-Tintlings lassen sich leicht vom Hut lösen. Sie erinnern dann an Spargel. Deshalb erhielt der Pilz auch den Namen Spargelpilz.
Räuberische Lebensweise
Der Schopf-Tintling hat eine ausgeklügelte Ernährungsstrategie entwickelt: Er ernährt sich nicht nur von totem Pflanzenmaterial, sondern zusätzlich von winzigen Fadenwürmern (Nematoden) im Boden. Dazu bildet das Geflecht aus Pilzfäden im Boden (Myzel) Fangorgane aus. Kommen damit Nematoden in Berührung, werden sie durch ein Toxin gelähmt. Die Pilzfäden wachsen dann in die Beute hinein und verdauen sie innerhalb weniger Tage.
Nährstofflieferant und Heilpilz
Der Schopf-Tintling ist ernährungsphysiologisch wertvoll. Sein Eiweiß enthält alle acht essentiellen Aminosäuren. Außerdem liefert der Pilz B-Vitamine und Vitamin C sowie zahlreiche Mineralien und Spurenelemente, unter anderem Kalium, Magnesium, Calcium, Eisen, Mangan, Zink.
Allerdings ist zu bedenken, dass der Schopf-Tintling auch auf schadstoffbelasteten Böden gedeiht und zum Beispiel Schwermetalle aufnehmen kann.
Der Schopf-Tintling ist nicht nur ein Speisepilz, sondern zählt auch zu den Heil- bzw. Vitalpilzen. Er soll den Blutzuckerspiegel regulieren und daher bei Diabetes wirksam sein. Außerdem wird ihm eine verdauungsfördernde Wirkung zugeschrieben. Im Laborversuch hemmte der Pilz das Wachstum von Brustkrebszellen.
Schopf-Tintling ist Pilz des Jahres 2024
Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie e.V. (DGfM) wählt seit 1994 alljährlich den „Pilz des Jahres“. Damit soll die Öffentlichkeit auf die große Bedeutung der Pilze für unser Ökosystem aufmerksam gemacht werden. So könnten viele Bäume, Gräser und Kräuter ohne die Wechselbeziehung mit Pilzen über deren Geflecht im Boden (Myzel) gar nicht leben. Außerdem tragen Pilze dazu bei, organisches Material zu zersetzen und so den Nährstoffkreislauf in Gang zu halten.
Der Schopf-Tintling als Pilz des Jahres 2024 zählt zu den bekannteren und verbreiteten Pilzen. Anders der diesjährige Würdenträger – der Sumpf-Haubenpilz. Er ist als spezialisierte Art auf naturnahe, sumpfige Gewässer angewiesen. Im Jahr 2022 war dagegen der allseits bekannte Fliegenpilz der Pilz des Jahres. Quellen:
Deutsche Gesellschaft für Mykologie e.V. (DGfM);
R. Lüders: Grundkurs Pilzbestimmung, Quelle & Meyer 2007;
Gesellschaft für Medizinalpilz- und Apitherapie e.V.;
www.pilztag.de
Europäischer Pilztag am 23. September
Jeweils am vierten Samstag im September steht die Welt der Pilze besonders im Fokus. Dieser Europäische Pilztag soll dazu beitragen, Pilze beliebt zu machen und das Wissen über sie zu fördern sowie bestimmte Lebensräume von Pilzen besser zu schützen.
Der Aktionstag wurde im Jahr 2016 von der populärwissenschaftlichen Zeitschrift „Der Tintling“ ins Leben gerufen. An diesem Tag finden vielerorts Veranstaltungen wie pilzkundliche Führungen oder Pilzausstellungen statt.