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Hilfsmittel: Neue Produkt­gruppe macht Probleme

Jemand sticht sich in Finger zum Blutzucker messen
Die Abgabe von Lanzetten und anderen Hilfsmitteln zur Glukoseüberwachung ist derzeit verkompliziert. | Bild: Peter Maszlen / AdobeStock

Eigentlich ist die Hilfsmittelversorgung hierzulande bereits kompliziert genug – doch nun kommt eine weitere Hürde hinzu, die die Apothekenteams vorerst auf Trab halten dürfte. 

Bereits zum 1. Juni 2023 hat der GKV-Spitzenverband eine neue Produktgruppe (PG) in das Hilfsmittelverzeichnis eingeführt: PG 30 umfasst jetzt Hilfsmittel zum Glukosemanagement. Darunter fallen auch Hilfsmittel, die zuvor den Produktgruppen 03 (Applikationshilfen) oder 21 (Messgeräte für Körperzustände/-funktionen) zugeordnet waren. Diese Umgruppierung bringt einige Schwierigkeiten für Apothekenteams und Versicherte mit sich.

Neue Gruppierung: Bei Lanzetten Einsatzgebiet beachten

Wie der Apothekerverband Schleswig-Holstein (AVSH) in einem Rundschreiben mitteilt, habe die ABDATA den Deutschen Apothekerverband darüber informiert, dass zum 1. September insgesamt rund 2.900 Pharmazentralnummern eine neue Abrechnungsnummer erhalten. Der Grund dafür ist, dass sie jetzt der Produktgruppe 30 zuzuordnen seien. 

„Das bedeutet beispielsweise für die Versorgung mit Lanzetten zur Insulintherapie: Die Lanzetten werden nun je nach Einsatzgebiet unterschieden“, schreibt der AVSH. Je nachdem, ob sie für die Überwachung der Blutgerinnung oder für die Insulintherapie zum Einsatz kommen sollen.

Noch nicht alle Kassen haben auf Neugruppierung reagiert

Die Neuordnung hat gravierende Folgen: „Da es sich hierbei – anders als bei bisherigen Umgruppierungen – teilweise um eine Umwidmung und parallel dazu Neuschaffung handelt, ergibt sich daraus das Erfordernis zur Anpassung aller Hilfsmittelverträge“, erläutert der Verband. 

Während etwa die Betriebskrankenkassen und die Knappschaft die neue Produktgruppe bereits in ihre Hilfsmittelverträge aufgenommen hätten, sollen andere Kassen wie die DAK, IKK classic, IKK Innovationskasse und AOK Nordost das Fortgelten der aktuellen Regelungen der PG 03 und 21 auch für die neue PG 30 akzeptiert haben.

Die Antworten vieler Kostenträger stünden allerdings noch aus – darunter Schwergewichte wie die Techniker Krankenkasse, Barmer, KKH und andere. Für diese Krankenkassen sind offenbar seit dem 1. September 2023 keine Preisberechnungen für z. B. Penkanülen und Lanzetten zur Insulintherapie in der Warenwirtschaft hinterlegt. „Wir empfehlen Ihnen, bis zur Klärung einen Kostenvoranschlag bei der jeweiligen Krankenkasse einzureichen“, rät der AVSH.

Wie können Apotheken die Abgabe gewährleisten?

In Apotheken sorgt dieser Zustand für Unruhe, insbesondere dann, wenn viele Kunden mit Diabetes betreut werden. „Bei den Lanzetten zum Beispiel müssen wir jetzt immer überprüfen, für welche Indikation sie gedacht sind, falls der Arzt die Diagnose nicht im Klartext auf das Rezept geschrieben hat“, sagt eine Kollegin aus Hamburg der Redaktion.

Die Probleme betreffen derzeit nur Lanzetten, die im Zuge der Insulintherapie bei Menschen mit Diabetes mellitus zum Einsatz kommen sollen, nicht aber zur Überwachung der Blutgerinnung.

Erschwerend komme hinzu, dass viele Kassen Kostenvoranschläge nur noch digital entgegennehmen. „Da benötigt man für jede Kasse ein eigenes, kostenpflichtiges Modul“, erklärt die Apothekerin. „Diese zusätzlichen Ausgaben fressen die ohnehin mageren Erträge aus dem Hilfsmittelgeschäft vollends auf.“ 

Einige Kollegen haben bereits angekündigt, die betroffenen Hilfsmittel von den Patienten selbst zahlen zu lassen und diese zu bitten, sich das Geld von ihrer Kasse zurückzuholen. Andere überlegen, den Versicherten die Kostenvoranschläge zu übergeben, damit sie diese bei ihrem Kostenträger genehmigen lassen. 

So oder so: Die ungeklärte Situation rund um die neue PG 30 dürfte an den HV-Tischen bundesweit für unangenehme Diskussionen sorgen.