Zum Weltblutspendetag am 14. Juni: Gefährlich: Bereitschaft zur Blutspende zu niedrig
In Deutschland brauchen schätzungsweise 70 Prozent aller Menschen einmal im Leben Blutpräparate oder Medikamente, die aus Blut hergestellt werden. Dem stehen 2 bis 3 Prozent der Erwachsenen gegenüber, die regelmäßig Blut spenden.
Wenn Krankenhäuser Blutkonserven ordern, dann kämpfen Patienten oft mit dem Tod. Doch die Lager der Blutspendedienste waren zuletzt immer mal wieder gefährlich leer. Die Bereitschaft zur Blutspende sinkt seit Jahren – vor allem die junge Generation sei schwer zu erreichen, sagen Fachleute. „Wir steuern da wirklich auf einen kritischen Punkt zu“, warnt Patric Nohe vom Deutschen Roten Kreuz (DRK).
Dabei kann fast jeder zum Blutspender werden: Gesunde Erwachsene ab 18 Jahren mit mindestens 50 kg Körpergewicht dürfen Blut spenden – Frauen alle drei Monate, Männer alle zwei Monate. Plasma kann bis zu 60-mal pro Jahr gespendet werden.
Generationenwechsel unter den Blutspendern
„Ohne Blut hätten jeden Tag mehrere Tausend Menschen in Deutschland keinerlei Überlebenschance“, betont Nohe. In der Generation der Babyboomer habe es noch viele treue Spender gegeben, die viermal, fünfmal oder sogar sechsmal im Jahr einen halben Liter Blut gespendet hätten.
Doch diese Generation wird älter. Zwar gibt es seit März 2023 keine strikte Altersgrenze mehr, die Senioren von der Blutspende ausschließt. Aber viele Ältere hätten eben Krankheiten, bräuchten Medikamente und seien deshalb als Spender nicht geeignet. „Aus treuen Blutspendern werden plötzlich Blutempfänger“, sagt Nohe.
Damit das System auch in Zukunft funktionieren kann, müssten dringend mehr junge Menschen zu regelmäßigen Blutspendern werden, mahnen Experten. Dass der Generationenwechsel gelingt, ist letztlich eine Frage von Leben und Tod.
Denn für Unfallopfer und Krebspatienten werde es noch lange Zeit keine Alternative zum Spenderblut geben, betont Professor Holger Hackstein, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie.
Gut zu wissen: neue Richtlinie zum Blutspenden
Im September 2023 wurde die „Richtlinie zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten“ der Bundesärztekammer angepasst.
Um Diskriminierung zu verhindern, erfolgt die Risikobewertung von Blutspenden künftig unabhängig von der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität. Daher werden Spendeninteressierte nun nicht mehr nach ihrer sexuellen Orientierung, sondern nach der Anzahl der Sexualpartner und der Sexualpraxis befragt.
Spezielle Ausschlusskriterien für Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), sind weggefallen. Außerdem ist die Regelung zur Rückstellung von Transmenschen, die Sex mit häufig wechselnden Partnern haben, gestrichen worden.
Zudem gibt es bisherige Altersgrenzen nicht mehr. Auch über 60-Jährige können damit in Zukunft als Erstspender zugelassen werden.
Regelmäßig Blut spenden ist wichtig
Zwar werde seit Jahrzehnten versucht, die lebenswichtigen Blutbestandteile im Labor herzustellen. Aber es sei „komplett unrealistisch“, sich davon in absehbarer Zeit eine Entlastung für die Patientenversorgung zu erwarten, so Hackstein.
„Unser Blut hat die Natur schon auf eine einzigartige Weise hinbekommen.“
Also müssen neue Blutspender gefunden werden. Vor allem junge Menschen. Doch das gelingt viel zu selten. Es sei gar nicht so, dass junge Leute nie zum Blutspenden kämen. „Wenn wir warnen, dass die Situation schwierig wird, dann erleben wir eine große Welle der Solidarität – das funktioniert zum Glück“, sagt Nohe.
Aber viele junge Menschen kämen dann nur einmal und nicht regelmäßig. „Nutzen Sie die Blut- und Plasmaspende, um einfach Gutes zu tun – am besten regelmäßig und nicht nur am Weltblutspendetag!“, betont Dr. Johannes Nießen, Errichtungsbeauftragter des Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) und Kommissarischer Leiter der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
„Durch das regelmäßige Spenden von Blut oder Plasma kann man [...] dazu beitragen, die Versorgung mit lebensrettenden Blutprodukten aufrechtzuerhalten. Denn insbesondere in den anstehenden Sommermonaten kommt es immer wieder zu Engpässen.“
Die Engpässe entstehen unter anderem, weil traditionell in der Ferienzeit weniger Blut gespendet wird. Erschwerend kommt hinzu, dass Blutprodukte nur begrenzt konservierbar sind.
Blut spenden nützt auch Blutspendern
Dabei profitieren Blutspender auch mit Blick auf ihre eigene Gesundheit, erklärt das Städtische Klinikum Karlsruhe in einer Pressemitteilung anlässlich des Weltblutspendetages.
Im Zuge der Spende wird das Blut der Spender standardmäßig untersucht: Überprüft werden unter anderem die Zahl der Blutzellen und es wird auf Infektionskrankheiten wie z. B. Hepatitis B, C und E sowie HIV getestet. Einmal pro Jahr werden außerdem Blutzucker, Cholesterin, Leber- und Nierenwerte sowie Harnsäure gecheckt.
Mit Informationen zum Blutspenden überzeugen
Die BZgA informiert über die Voraussetzungen und den Ablauf einer Blutspende, und darüber, wie aus dem Blut verschiedene Produkte für Unfallopfer und Krebspatienten werden. Denn oft fehlten Informationen und viele Menschen scheuen eine Blutspende aus Unwissenheit.
Im Rahmen ihrer Kampagne „Blut spenden. Einfach machen.“ zeigt die BZgA daher auch, wie eine Blut- oder Plasmaspende in den Alltag integriert werden kann.
Die Blutspendedienste arbeiten auch daran, die Spender zu informieren, wenn ihr Blut einen Patienten erreicht hat. „Ich will ja gerne sehen, was mit meinem Blut passiert ist“, sagt Transfusionsmediziner Hackstein. So eine Information mache den Nutzen der Blutspende anschaulich.
Blutspenden gehen alle etwas an
Finanzielle Anreize für Blutspender sind hingegen umstritten. 25 Euro Aufwandsentschädigung dürfen Spender laut Gesetz in Deutschland maximal erhalten. Doch viele Blutspendezentren schöpfen selbst diesen Betrag nicht aus.
Die DRK-Blutspendedienste zahlen überhaupt kein Geld. „Eine Blutspende sollte nicht unter finanziellen Zwängen passieren. Und es stimmt auch nicht, dass junge Leute nur gegen Geld etwas machen“, sagt DRK-Sprecher Nohe.
Wer gesundheitlich in der Lage sei, solle unbedingt zum Blutspenden gehen, appelliert BZgA-Direktor Martin Dietrich. Er betont: „Wir alle können in eine Situation kommen, in der wir auf Blutprodukte angewiesen sind.“ Quelle: dpa / mia, https://www.lifepr.de/pressemitteilung/staedtisches-klinikum-karlsruhe-gmbh/am-14-juni-ist-weltblutspendetag/boxid/988916
https://www.bzga.de/presse/pressemitteilungen/2024-06-12-am-14-juni-ist-weltblutspendetag/