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Monoklonaler Antikörper Ublituximab : Briumvi: Neuer Antikörper bei Multipler Sklerose

Mediziner schaut sich Aufnahmen eines Gehirns an.
Bei Multipler Sklerose führt eine Demyelinisierung der Nervenfasern zu motorischen und neuralen Symptomen. Auch in bildgebenden Verfahren lassen sich zum Teil Veränderungen erkennen. | Bild: New Africa /AdobeStock

Am 30. März 2023 hat der Ausschuss für Humanarzneimittel der EMA (CHMP) die Weichen für die Zulassung von Briumvi gestellt. Das Präparat soll künftig bei Erwachsenen mit aktiver schubförmiger Multipler Sklerose (MS) eingesetzt werden können. Das intravenös zu verabreichende Arzneimittel soll als 150-mg-Konzentrat für Infusionslösungen verfügbar werden. Antragsteller ist die „Propharma Group The Netherlands B.V.“

Wie wirkt Briumvi

In Briumvi ist der monoklonale Antikörper Ublituximab enthalten. Dieser bindet an CD20-exprimierende B-Zellen, die bei Entzündungen des zentralen Nervensystems von MS-Patienten beteiligt sind. 

Die monoklonalen CD20-Antikörper Ocrelizumab, Ofatumumab und Rituximab (off-label) sind bereits auf dem Markt und können bei MS eingesetzt werden. Durch eine veränderte Glykosylierung auf der Antikörperoberfläche ist Ublituximab besonders zytotoxisch gegenüber B-Zellen und beseitigt diese in Zellversuchen sehr effektiv. 

Zur Erinnerung: Was ist Multiple Sklerose?

Multiple Sklerose ist eine chronisch verlaufende, entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, bei der es zu einem Angriff auf die Myelinscheiden der Nervenzellen kommt. 

Da B-Zellen bei der Zerstörung der Myelinscheiden mitbeteiligt sind, gilt die Entfernung (Depletion) der B-Zellen als vielversprechender Therapieansatz. 

Was sagen die Zulassungsstudien?

In den Studien ULTIMATE I und ULTIMATE II konnte Ublituximab die jährliche Rezidivrate akuter Nervenentzündungen um ungefähr die Hälfte (59 Prozent und 49 Prozent) senken. In den zwei Phase-3-Studien hat eine Patientengruppe den CD20-Antikörper in verschiedenen Dosierungen via Infusion erhalten (150 mg beim ersten Mal, dann insgesamt viermal 450 mg), die andere Studiengruppe nahm täglich oral 14 mg Teriflunomid ein. 

Teriflunomid gehört laut Leitlinie zu den MS-Wirkstoffen der Wirksamkeitskategorie 1, die eine relative Reduktion der Schubrate im Vergleich zu Placebo von 30 bis 50 Prozent aufweisen. Alemtuzumab, die bereits verfügbaren CD20-Antikörper (Ocrelizumab, Ofatumumab, Rituximab) und Natalizumab zählen zur Wirksamkeitskategorie 3. Das bedeutet, dass sie die Schubrate um > 60 Prozent im Vergleich zu Placebo oder > 40 Prozent im Vergleich zu Substanzen der Kategorie 1 reduzieren.

Gut zu wissen: Formen der Multiplen Sklerose

Der Großteil der MS-Patienten wird bei Krankheitsbeginn mit einer schubförmig-remittierenden MS diagnostiziert, bei der zwischen den Schüben eine vollständige Remission eintritt. Bei der schubförmig-progredienten MS ist ein fortschreitender Verlauf erkennbar, jedoch sind einzelne Schübe klar abzugrenzen und es kann zur vollständigen Remission zwischen den Schüben kommen. 

Von den schubförmig verlaufenden MS-Ausprägungen sind die chronisch-fortschreitenden Formen zu unterscheiden, bei denen die Erkrankung im Zeitverlauf an Schwere zunimmt, ohne dass Schübe auszumachen sind. 

„Aus arzneimittelregulatorischer Sicht wichtig ist zudem die Einteilung der MS-Verlaufsformen durch die European Medicines Agency (EMA). Sie unterscheidet in RMS (relapsing MS: MS mit Schüben), SPMS [sekundär progrediente MS] und PPMS [primär progrediente MS], wobei die RMS die RRMS [schubförmig remittierende MS] und SPMS mit überlagerten Schüben (d. h. aktive SPMS) umfasst“, heißt es in der aktuellen MS-Leitlinie.

Geringere Schubrate und weniger Läsionen durch Ublituximab

Die randomisierten, doppelblinden, aktiv kontrollierten Studien wurden mit 549 (ULTIMATE I) bzw. 545 (ULTIMATE II) Teilnehmenden (durchschnittlich 24,5 bis 37,0 Jahre alt) über 96 Wochen durchgeführt.

Vor den Studien erlebten die Probanden im Durchschnitt 1,2 bis 1,4 Schübe jährlich. Unter Ublituximab gab es 0,08 (ULTIMATE I) bzw. 0,09 (ULTIMATE II) und unter Teriflunomid 0,19 (ULTIMATE I) bzw. 0,18 (ULTIMATE II) akute Krankheitsanfälle im Jahr. Entzündlich bedingte Läsionen, die im Magnetresonanztomografen sichtbar wurden, waren unter Ublituximab ebenfalls geringer als mit Teriflunomid.

Bezüglich der körperlichen Einschränkungen, die durch die Läsionen im Gehirn entstehen, konnte Ublituximab allerdings keine signifikante Überlegenheit zeigen: Bei 5,2 Prozent der Teilnehmenden verschlechterten sich die körperlichen Einschränkungen unter Ublituximab, bei 5,9 Prozent unter Teriflunomid, ermittelt durch eine gemeinsame Analyse beider Studien.

Die häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen waren Reaktionen auf die Infusion (Hautrötungen, Schmerzen an der Einstichstelle, bei knapp 50 Prozent der Teilnehmenden) und Infektionen, hauptsächlich der oberen Atemwege.