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Nebenwirkungen von Metamizol: Neue Sicherheitshinweise

In den Produktinformationen der in Deutschland zugelassenen Metamizol-haltigen Arzneimittel wird Agranulozytose bereits als sehr seltene Nebenwirkung aufgeführt. Nach einer EU-weiten Prüfung wurden die Kontraindikationen, Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung von Metamizol-haltigen Arzneimitteln sowohl für Patienten als auch für Angehörige von Gesundheitsberufen nun jedoch noch einmal überarbeitet und verbessert, um schwerwiegende Folgen einer möglichen Agranulozytose zu minimieren.
Ein Rote-Hand-BriefRHB: "Metamizolhaltige Arzneimittel: Wichtige Maßnahmen zur Minimierung der schwerwiegenden Folgen des bekannten Risikos für Agranulozytose ", Stand: 09.12.2024 informiert aktuell über die zu treffenden Maßnahmen, die in die Produktinformationen entsprechender Arzneimittel aufgenommen werden.
Die neuen Sicherheitshinweise wurden bereits im September vom Sicherheitsausschuss (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) empfohlen, nachdem eine Überprüfung auf Anfrage der finnischen Arzneimittelbehörde eingeleitet worden war.
Zur Erinnerung: Was versteht man unter Agranulozytose?
Die Agranulozytose ist eine sehr seltene Nebenwirkung unter Metamizol-haltigen Arzneimitteln. Sie tritt bei bis zu einem von 10.000 Behandelten auf. Dabei kommt es zu einer plötzlichen und starken Abnahme von Granulozyten (neutrophile Granulozyten unter 500/µl Blut), was schwere oder tödliche Infektionen zur Folge haben kann.
Die Agranulozytose ist nicht dosisabhängig und kann während oder kurz nach der Behandlung auftreten, auch bei Patienten, die den Wirkstoff zuvor ohne Komplikationen angewendet haben.
Bei Hinweisen auf eine Agranulozytose muss die Anwendung von Metamizol sofort abgebrochen und das Blutbild kontrolliert werden. Zudem sollte Metamizol nur in den zugelassenen Indikationen eingesetzt werden.
Auf Risiko einer Agranulozytose unter Metamizol hinweisen
Angehörige der Gesundheitsberufe sollen Patienten unter Metamizol darüber informieren, auf Symptome einer Agranulozytose zu achten und die Einnahme sofort abzubrechen, wenn sie Symptome entwickeln.
Zu den Frühsymptomen einer Agranulozytose zählen:
- Fieber,
- Schüttelfrost,
- Halsschmerzen und
- schmerzhafte Schleimhautveränderungen, insbesondere im Mund, in der Nase und im Rachen oder im Genital- oder Analbereich.
Im Rote-Hand-Brief wird des Weiteren auf folgende Punkte hingewiesen:
- Fieber oder die Einnahme von Antibiotika können die Symptome einer beginnenden Agranulozytose überdecken.
- Besteht Verdacht auf eine Agranulozytose, soll sofort ein Blutbild erstellt und die Behandlung unterbrochen werden.
- Bei Patienten mit beeinträchtigter Knochenmarkfunktion und Erkrankungen des blutbildenden Systems ist Metamizol kontraindiziert sowie bei Patienten mit Agranulozytose in der Anamnese, die durch Metamizol (oder andere Pyrazolone oder Pyrazolidine) ausgelöst wurde.
- Eine routinemäßige Überwachung des Blutbildes bei Patienten, die mit Metamizol-haltigen Arzneimitteln behandelt werden, wird nicht mehr empfohlen, denn es gab keinen Beleg für deren Nutzen.
Metamizol nicht bei Kopf- oder Rückenschmerzen indiziert
Metamizol werde weiterhin auch bei Indikationen eingesetzt, für die der Wirkstoff nicht zugelassen ist. „Bei Kopf-, Zahn- oder Rückenschmerzen ist Metamizol nicht indiziert!“, hieß es bereits in der DAZ 2/2018. Die Anwendungsgebiete von Novalgin® lauten nach Fachinformation für Kinder und Erwachsene:
- Akute starke Schmerzen nach Verletzungen oder Operationen,
- Koliken,
- Tumorschmerzen,
- sonstige akute oder chronische starke Schmerzen, soweit andere therapeutische Maßnahmen nicht indiziert sind,
- hohes Fieber, das auf andere Maßnahmen nicht anspricht.
Risiko für Leberschäden unter Metamizol höher als unter Paracetamol
Was die 2020 bekannt gewordenen Leberschäden unter Metamizol angeht, heißt es im Bulletin zur Arzneimittelsicherheit, dass eine veröffentlichte Kohortenstudie das Risiko für einen Leberschaden bei Anwendung von Metamizol mit dem von Paracetamol verglichen hat. Grundlage war eine Datenbank mit deutschen Patientendaten. Dabei soll sich unter Metamizol ein höheres Risiko als unter Paracetamol gezeigt haben. Wird Paracetamol wie empfohlen angewendet, ist das Risiko für einen Leberschaden gering.
Wie die Agranulozytose soll auch ein Leberschaden durch Metamizol eher selten auftreten. Doch auch hier gilt, dass dieser frühzeitig erkannt und Metamizol sofort abgesetzt werden muss. Es wird ein immun-allergischer Mechanismus vermutet.
Metamizol als Ersatz für Kinder-Fiebersaft nur bedingt geeignet
Angesichts der Lieferengpässe bei Fiebersäften für Kinder ist es also keine gute Idee, auf Metamizol auszuweichen. „Zur Fiebersenkung darf es nur dann in Betracht gezogen werden, wenn andere Antipyretika keine ausreichende Wirksamkeit gezeigt haben“, heißt es im Bulletin.
Eine parenterale Anwendung von Metamizol sollte langsam und nur bei kreislaufstabilen Patienten zum Einsatz kommen. Eine weitere bekannte, schwerwiegende Nebenwirkung von Metamizol ist nämlich eine hypotensive Reaktion – insbesondere bei parenteraler Gabe. Diese soll laut Bulletin somit nur erfolgen, wenn eine orale oder rektale Applikation nicht möglich ist.