Arzneimittel für Kinder: Efeublätterextrakt: wie wirkt er bei Bronchitis?
Hustensaft fehlt in keinem Haushalt mit Kindern. Haben Eltern die Wahl, bevorzugen viele einen pflanzlichen Arzneistoff. Glücklicherweise ist der Griff zu Präparaten mit Efeublätterextrakt bei Husten fast immer eine gute Wahl und sogar evidenzbasiert.
Die Wirksamkeit von Efeu-Extrakten als Expektorans bei produktivem Husten wurde durch die europäische Arzneimittelbehörde (EMA) bestätigt. Methodisch gute Untersuchungen mit isolierten Efeu-Extrakten gibt es allerdings nicht. Die Wirksamkeit von Efeu-Extrakten bei akutem Husten wurde laut dem Buch „Evidenzbasierte Selbstmedikation“ jedoch in Studien nachgewiesen – allerdings nur in Kombination mit Thymian.
Gemeiner Efeu: Arzneipflanze des Jahres 2010
Hedera Helix L., der Gemeine Efeu, zählt zur Familie der Araliaceae (Araliengewächse) und wurde im Jahr 2010 zur Arzneipflanze des Jahres gekürt. Seine Anwendung hat sich nicht nur aufgrund langjähriger traditioneller Nutzung bewährt. Auch zahlreiche Studien belegen eine expektorierende (Schleim aushustende), sekretolytische (fördert Produktion eines dünnflüssigen Schleims) und sogar bronchospasmolytische (löst Krämpfe in den Bronchien) Wirkung.
Saponine im Efeu erzeugen Wirkung
Diese Effekte verdankt der Efeu hauptsächlich Triterpensaponinen: Die wichtigsten Inhaltsstoffe sind das Bisdesmosid Hederacosid C sowie das monodesmosidische Saponin α-Hederin. Beide leiten sich vom Aglykon Hederagenin ab.
Gut zu wissen: Was sind Saponine?
Saponine sind glykosidische Verbindungen. Die Nicht-Zucker-Komponente wird als Aglykon bezeichnet. Bei Monodesmosiden bindet der Zuckerrest an nur einer Stelle am Aglykon. Gibt es hingegen zwei Positionen am Aglykon mit Zuckerbausteinen, werden diese als bisdesmosidische Saponine bezeichnet.
Der Extrakt wird auf Hederacosid C standardisiert. Das europäische Arzneibuch fordert einen Mindestgehalt von 3,0 Prozent. Es kann als Prodrug (Vorstufe) verstanden werden und wird spätestens im Körper durch Fett spaltende Enzyme (Esterasen) zu α-Hederin umgewandelt. Bereits beim Trocknungsvorgang sowie der Aufarbeitung frischer Efeublätter findet eine Umwandlung von Hederacosid C zu α-Hederin statt.
Möglicherweise leisten auch weitere Inhaltsstoffe wie Flavonoide, Phenolcarbonsäuren, Polyacetylene und Sterole einen Beitrag zur Wirkung.
Die expektorierende Wirkung von Efeublättern ist keine Überraschung, denn Saponine reizen die Magenschleimhaut und stimulieren über den Nervus vagus die Schleimdrüsen in der Bronchialschleimhaut. Das erklärt auch mögliche gastrointestinale Nebenwirkungen, wie etwa Durchfall, Übelkeit oder Erbrechen. Kinder unter einem Jahr reagieren besonders empfindlich, sodass Efeublätterextrakt bei ihnen nur nach ärztlicher Rücksprache angewendet werden soll. Auch dann, wenn Beschwerden länger als eine Woche anhalten, sind die Grenzen der Selbstmedikation erreicht.
Efeublätterextrakt hat wenig Nebenwirkungen bei Kindern
Zubereitungen aus Efeu kommen klassischerweise bei akuter Bronchitis mit produktivem Husten oder begleitend bei chronischen Atemwegserkrankungen zum Einsatz. Auf dem Markt sind verschiedene Darreichungsformen wie Säfte, Lutschtabletten, Tropfen und Brausetabletten erhältlich.
In Studien des Herstellers von Prospan® bei Schulkindern zwischen sechs und zwölf Jahren stellte sich der volle Effekt der Therapie nach drei Tagen ein. Neben der sekretolytischen Wirkung wurden auch Symptome wie Atemnot, Brustschmerzen und nächtliche Schlafstörungen durch Husten effektiv gelindert. Auch die Verträglichkeit kann sich sehen lassen: Von 1.066 Patienten mit akuter Bronchitis berichteten nur 0,94 Prozent über unerwünschte Arzneimittelwirkungen.
In einer großen retrospektiven Untersuchung, die Daten von insgesamt 52.478 Kindern einschloss, traten sogar nur bei 0,22 Prozent Nebenwirkungen auf. Meist handelte es sich um leichte gastrointestinale Beschwerden. Die Hälfte der Kinder waren zwischen ein und fünf Jahren alt. Offiziell ist Prospan® nur bei bekannten Allergien kontraindiziert. Bei Entzündungen im Magen-Darm-Bereich ist aus grundsätzlichen Überlegungen Vorsicht geboten.
Bei Überschreitung der Tagesdosis um mehr als das Dreifache können Übelkeit, Erbrechen und Durchfall auftreten. Diese Überdosierung wird symptomatisch behandelt. Wie bei allen Phythopharmaka üblich, können Studiendaten mit dem standardisierten Extrakt natürlich nicht ohne Weiteres auf andere Präparate übertragen werden. Doch Arzneistoffe mit Efeublätterextrakt erfreuen sich bei Bronchitis wohl nicht grundlos großer Beliebtheit.