Versorgungslage mit Arzneimitteln: Liefer- und Versorgungsengpässe, die aktuell wichtig sind
Versorgungsengpässe, die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aktuell als wirklich relevant eingestuft werden, gehen aus dem Kurzprotokoll zur „8. Sitzung des Beirats nach § 52b Absatz 3b AMG zur Bewertung der Versorgungslage mit Arzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt“ sind, hervor.
Produktionsprobleme als Grund für den Lieferengpass
„Erythromycinlactobionat/Erythromycinsuccinat (Inresa, Stragen)“ zählt derzeit zu den relevanten Lieferengpässen. Die Prognose zur Lieferengpassdauer sei erneut verlängert worden. Die Bedarfsdeckung bei Kindern stehe im Fokus – doch sie ist nach den dem BfArM verfügbaren Informationen zum aktuellen Zeitpunkt nicht gefährdet. Aus der Lieferengpassliste des BfArM geht hervor, dass ein erster Engpass bereits 2017 gemeldet worden ist, dessen Ende erst auf Ende 2023 prognostiziert wird. Als Grund werden Produktionsprobleme angegeben.
Im August 2021 hatte das BfArM außerdem einen Versorgungsmangel für „MPA (Medroxyprogesteronacetat) 250 mg bzw. 500 mg Hexal® Tabletten“ festgestellt. Dabei ging es um die Behandlung von Patienten mit bestimmten hormonabhängigen Tumoren. Eine alternative, gleichwertige Arzneimitteltherapie steht in Deutschland nicht zur Verfügung. Als Ursache für den Engpass gelten Produktionsprobleme, „die der erhöhten Nachfrage nicht entsprechen können“. Das Ende der Lieferengpasssituation wurde 2021 für Mai 2022 prognostiziert. Ein Blick in die Lieferengpassliste des BfArM verrät jedoch, dass der Versorgungsengpass Ende Juli 2022 beendet sein soll.
Verunreinigung und Produktionsumstellung
Unter dem Punkt „Levodopa / Carbidopa (Retardformen)“ heißt es, dass die eingereichten „Variation-Verfahren“ im Zusammenhang mit verunreinigten Arzneimitteln bevorzugt bearbeitet worden sind, sodass keine Hinweise auf eine Unterversorgung des Marktes bestehen sollen. „Hintergrund ist eine neu entdeckte Verunreinigung Carbidopa betreffend, wegen der die Freigabe bei einem führenden Hersteller bis zur abgeschlossenen Überprüfung ruht.“
Relativ neu ist, dass alteplasehaltige Arzneimittel derzeit nur eingeschränkt verfügbar sind und nur kontingentiert abgegeben werden. Im Mai wurde dazu über die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) ein Informationsschreiben versandt. Daraus geht hervor, dass es einige Umstellungen in der Produktion gibt. Therapiealternativen stehen nicht zur Verfügung.
Importware für Substitol und Tamoxifen
Eine Lieferengpassmeldung für „Morphinsulfat (Substitol)“ ist bis Ende Juli 2022 verlängert worden. Laut BfArM steht bis dahin Importware in bedarfsdeckendem Umfang zur Verfügung.
Auch bei dem Versorgungsengpass mit Tamoxifen stand und steht weiterhin Importware zur Verfügung. Die Versorgungslage mit tamoxifenhaltigen Arzneimitteln wird als stabil eingeschätzt und die weitere Entwicklung werde engmaschig verfolgt, heißt es. Der Versorgungsmangel gemäß § 79 Absatz 5 AMG besteht aber weiterhin und es wird an die Einhaltung der Anordnung zur prioritären Abgabe importierter tamoxifenhaltiger Arzneimittel appelliert. Importware stehe in ausreichendem Umfang zur Gewährleistung der Versorgung zur Verfügung. Sonderproduktionen verschiedener Anbieter seien realisiert worden.
Weitere Liefer- und Versorgungsengpässe
Auch Paracetamol war Thema bei der Tagung des Beirats: „Aktuell ist ein erhöhter Bedarf der pädiatrischen Darreichungsform in Form von Säften festzustellen. Jedoch ist Ware von anderen Anbietern zur Kompensation verfügbar“, heißt es.
Ebenfalls bekannt dürfte Apotheken der Lieferengpass des Arzneimittels Natpar sein, in der Stärke 100 Mikrogramm Parathyroidhormon pro Dosis. Im Protokoll wird darauf hingewiesen, dass es keine wirkstoffgleichen Alternativen gibt, jedoch weitere Stärken verfügbar sind.
Ebenfalls als relevant eingestuft werden Engpässe bei Calciumfolinat (die bedarfsgerechte Versorgung sei sichergestellt), Idarubicin (Lieferengpass wurde verlängert), Methoxsalen und Pentostatin (Einzelimporte sollen nach vorliegenden Informationen des BfArM möglich sein). Weil bei Methoxsalen ein hoher Marktanteil betroffen sei und aufgrund der Schwere der Indikationen, soll Ware zur Kompensation bereitgestellt werden, wie aus dem Protokoll hervorgeht.