Umarmung senkt Cortisol-Spiegel bei Frauen: Warum sich Frauen bei Stress umarmen lassen sollten
Es tut gut, von einer vertrauten Person umarmt zu werden. Dadurch steigt nicht nur das subjektive Wohlbefinden, es stellen sich auch körperliche Effekte ein. So sinken beispielsweise Blutdruck und Herzfrequenz. Umarmungen können sogar das Immunsystem stimulieren, sodass das Infektionsrisiko abnimmt und man sich nach viralen Erkrankungen schneller erholt. Man nimmt an, dass diese Effekte auf der stresslindernden Wirkung von Umarmungen beruhen. Ein deutsches Forscherteam hat nun untersucht, ob auch kurze Umarmungen als Stresspuffer wirken können.
An der Studie nahmen 38 Liebespaare teil. Die insgesamt 76 Versuchspersonen wurden einem Stresstest unterzogen, bei dem sie die gespreizten Hände bis zu drei Minuten lang in Eiswasser tauchten. Während dieser Zeit mussten sie zudem in eine Kamera schauen. Es wurden zwei Versuchsgruppen gebildet. In der einen umarmten sich die Partner vor der Stresssituation 20 Sekunden lang, in der anderen Gruppe fand keine Umarmung statt. Dann wurde das jeweilige Stressausmaß ermittelt. Dazu wurden bei allen Teilnehmern zum einen die Konzentrationen des Stresshormons Cortisol im Speichel bestimmt, zum anderen Blutdruckmessungen vorgenommen.
Umarmung senkt Cortisol-Spiegel – aber nur bei Frauen
Durch die Stressbelastung stiegen wie erwartet die Cortisol-Konzentrationen bei den Probanden an. Und wie erwartet kam es durch die Umarmungen zu einem niedrigeren Cortisol-Level, also einer reduzierten Stressantwort, im Vergleich zur Gruppe ohne Umarmungen. Doch interessanterweise war diese Wirkung auf die Frauen beschränkt. Bei den männlichen Partnern führten die Umarmungen zu keiner Cortisol-Abnahme. Auf die Männer hatten die Umarmungen offenbar keine stressmindernde Wirkung. Dies lag jedoch nicht an der Beziehungsqualität. Die wurde von allen als gleich gut bewertet.
Bei den Blutdruckwerten bewirkten die Umarmungen weder bei Männern noch bei Frauen eine Veränderung.
Geschlechtsspezifische Oxytocin-Ausschüttungen
Doch woran liegt die geschlechtsspezifische Wirkung der Umarmung? Unterschiedliche Oxytocin-Freisetzungen sind nach Ansicht der an der Studie beteiligten Wissenschaftler ein möglicher Grund. Das „Kuschelhormon“ Oxytocin hemmt nämlich die Cortisol-Produktion. Eine Umarmung könnte bei Frauen eine höhere Oxytocin-Freisetzung und in der Folge eine niedrigere Cortisol-Sekretion bewirken als bei Männern.
Den Studienergebnissen zufolge ist es also für Frauen durchaus hilfreich, wenn sie in Stresssituationen – etwa einer bevorstehenden Prüfung oder einem Bewerbungsgespräch – von ihrem Partner mal in den Arm genommen werden. Quelle: PLOS ONE, May 18, 2022 (https://doi.org/10.1371/journal.pone.0266887)