Angabe zu Warnhinweisen: Neue Vorgaben für Rezepturarzneimittel
Bei der Abgabe ethanolhaltiger Rezepturarzneimittel zur Einnahme oder zur Anwendung als Mund- und Rachendesinfektionsmittel musste bisher bei der Kennzeichnung die Arzneimittel-Warnhinweisverordnung (AMWarnV) beachtet werden. Dabei mussten Hinweise auf den enthaltenen Alkohol bei oralen Arzneiformen ab einem Gehalt von mindestens 0,05 g pro Einzeldosis angegeben werden. Ein Warnhinweis war auch bei Zubereitungen mit dem Farbstoff Tartrazin vorgeschrieben. Ethanol stellt bekanntlich für Schwangere, Kinder oder Alkoholkranke ein Gesundheitsrisiko dar, der Farbstoff Tartrazin kann allergische Reaktionen auslösen.
Im Bundesgesetzblatt ist nun eine Verordnung zur Änderung dieser Arzneimittel-Warnhinweisverordnung veröffentlicht worden. Als Folgeänderung wurde auch die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) in Hinblick auf die Kennzeichnung von Rezepturarzneimitteln geändert. Diese neuen Vorgaben müssen in der Apotheke ab 1. Juni 2022 beachtet werden.
Zur Erinnerung: Was ist die Arzneimittel-Warnhinweisverordnung?
Bei der Arzneimittel-Warnhinweisverordnung handelt es sich um eine nationale Vorgabe zur Kennzeichnung von Arzneimitteln. Die Zulassung von Humanarzneimitteln erfolgt mittlerweile überwiegend über zentrale Verfahren durch die Europäische Kommission sowie über dezentralisierte Zulassungsverfahren oder über das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung.
Bei allen Zulassungsverfahren werden die Texte der Fach- und Gebrauchsinformation sowie der Behältnisse und äußeren Umhüllungen einheitlich für die Europäische Union festgelegt. Auch weitere Hinweise, die aufgrund von sonstigen Bestandteilen eines Arzneimittels aufzunehmen sind, werden dabei europaweit über eine sogenannte Guideline „Excipients in the labelling and package leaflet of medicinal products for human use“ geregelt. Excipients ist dabei das englische Wort für Hilfsstoff.
AMWarnV entspricht nicht mehr dem aktuellen Stand
Die Arzneimittel-Warnhinweisverordnung unterscheidet sich nun in einigen Punkten von der Excipients-Guideline und entspricht beispielsweise bei der Substanz Ethanol nicht mehr dem aktuellen Stand der Wissenschaft.
In Zukunft soll das mit der AMWarnV angestrebte Schutzziel ausschließlich über die Bestimmungen der Excipients-Guideline und einer Besonderheitenliste des BfArM erreicht werden. Diese Besonderheitenliste des BfArM basiert auf den Vorgaben der Excipients-Guideline und regelt Pflichtangaben für sonstige Bestandteile von Arzneimitteln in den Texten der Fach- und Gebrauchsinformation sowie auf dem Behältnis und der äußeren Umhüllung.
Änderung der Apothekenbetriebsordnung nötig
Warnhinweise für in der Apotheke hergestellte Arzneimittel werden nun also europäisch geregelt. Aus diesem Grund müssen auch die Kennzeichnungsvorschriften für Rezepturarzneimittel in § 14 ApBetrO angepasst werden.
In Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 werden vor dem Komma am Ende die Wörter „sowie Angaben zur Konzentration oder zur Menge des sonstigen Bestandteils, soweit dies nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse erforderlich ist“ eingefügt.
Kennzeichnung nach § 14 Apothekenbetriebsordnung
Vor der Abgabe an den Patienten müssen Rezepturarzneimittel auf den Behältnissen und, soweit verwendet, den äußeren Umhüllungen mindestens folgende Angaben aufweisen:
- Name und Anschrift der Apotheke,
- Inhalt nach Gewicht, Rauminhalt oder Stückzahl,
- Art der Anwendung,
- Gebrauchsanweisung,
- Wirkstoffe nach Art und Menge und sonstige Bestandteile nach der Art sowie Angaben zur Konzentration oder zur Menge des sonstigen Bestandteils, soweit dies nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse erforderlich ist,
- Datum der Herstellung,
- Verwendbarkeitsfrist mit dem Hinweis „verwendbar bis“ unter Angabe von Tag, Monat und Jahr,
- erforderliche Hinweise zur Anwendung, Lagerung, Entsorgung und auf besondere Vorsichtsmaßnahmen,
- Name des Patienten bei Herstellung auf Verschreibung.
Aus der Besonderheitenliste des BfArM lassen sich die Substanzen entnehmen, bei deren Verwendung zur Herstellung von Rezepturen eine Konzentrations- oder Mengenangabe auf dem Behältnis oder der äußeren Umhüllung vorgeschrieben ist. Die nötigen Angaben sollen sich dabei an den Formulierungen orientieren, die in der Liste vorgeschlagen werden.
Was bedeutet das nun in der Praxis?
Grundsätzlich ändert sich für die pharmazeutischen Mitarbeiter in der Rezeptur gar nicht so viel. Ethanolhaltige Zubereitungen zum Einnehmen mussten bisher schon aufgrund der Vorgaben der Arzneimittel-Warnhinweisverordnung speziell gekennzeichnet werden. In Zukunft werden diese mit einem Hinweis „enthält … mg Alkohol (Ethanol) pro Dosiereinheit/Dosiervolumen“ versehen.
Bei der Abgabe entsprechender Zubereitungen an den Patienten ist es aber empfehlenswert, weitere ausführliche Hinweise zu möglichen Gesundheitsgefahren zu geben. Diese können in mündlicher oder schriftlicher Form, wie sie auch in der Packungsbeilage entsprechender Fertigarzneimittel stehen, erfolgen.
Neu für die Apotheke ist, dass gemäß der Besonderheitenliste des BfArM bei der Abgabe von Rezepturen mit Natriumverbindungen ab einem bestimmten Schwellenwert Angaben zur Konzentration und Menge gemacht werden müssen.
Übergangsvorschriften für bestimmte Arzneimittel
Rezeptur- und Defekturarzneimittel, die nach dem Inkrafttreten der neuen Verordnung hergestellt werden, müssen zwingend nach den neuen Vorgaben gekennzeichnet werden. Bereits hergestellte Defekturen, die mit einem Warnhinweis nach alter Verordnung beschriftet sind, dürfen aber noch bis zum 30. Juni 2023 in Verkehr gebracht werden. Für Fertigarzneimittel gibt es noch längere Übergangsfristen. Diese dürfen vom pharmazeutischen Unternehmer noch bis einschließlich 30. Juni 2025 vertrieben werden. Quelle:
https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2022/0001-0100/75-22.pdf;jsessionid=9D25A5203CC23EB65FB59E2A362CDA57.2_cid382?__blob=publicationFile&v=1