Was PTA über den Wirkstoff wissen sollten: Hustensaft mit Levodropropizin in der Selbstmedikation
Wie PTAheute berichtete, wurde Levodropropizin kürzlich für Erwachsene und Kinder ab dem vollendeten zweiten Lebensjahr in der Indikation Reizhusten bis zu einer Anwendungsdauer von sieben Tagen aus der Verschreibungspflicht entlassen. Der Wirkstoff ist bekannt aus dem bislang rezeptpflichtigen Präparat Quimbo® (Sirup und Tropfen).
Wie wirkt die neue Option in der Selbstmedikation und wann ist sie zu empfehlen?
Levodropropizin wurde 1987 in der EU zugelassen, die beiden verfügbaren Fertigarzneimittel erhielten in Deutschland 1993 ihre Zulassung. In zahlreichen EU-Ländern wie Portugal, Spanien und Ungarn ist der Wirkstoff bereits rezeptfrei erhältlich.
Das Pharmakon wirkt als peripher wirksamer Hustenstiller, indem es afferente C-Fasern im Bronchialbaum hemmt. Vollumfänglich geklärt ist der Wirkmechanismus jedoch nicht, da Humandaten zur Rezeptoraffinität fehlen.
Laut Bulletin zur Arzneimittelsicherheit des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) führte genau dieser Umstand zu Diskussionen in der Entscheidung, ob der Arzneistoff aus der Verschreibungspflicht entlassen werden könne. Die Bedenken konnten jedoch ausgeräumt werden. Denn das Nebenwirkungsspektrum sei insgesamt im Vergleich zu anderen apothekenpflichtigen Antitussiva nicht problematischer oder bedenklicher.
Gut zu wissen: Husten – ein komplexer Reflex
Verschiedene physikalische und chemische Reize können Hustenreiz auslösen. Die sogenannten Hustenrezeptoren befinden sich nicht nur in den oberen und unteren Atemwegen, sondern beispielsweise auch in unterschiedlicher Dichte im Ösophagus und Magen. Als afferenter Schenkel leitet der Nervus vagus die Reize von Mechanorezeptoren und C-Faserendungen zum Hustenzentrum in der Medulla oblongata.
Eine Verbindung zum Cortex ermöglicht eine willkürliche Beeinflussung des Hustenreizes. Ebenfalls über den Nervus Vagus innerviert der efferente Schenkel die Effektormuskeln von Kehlkopf, Brust, Bauch und Rücken.
Innerhalb des Reflexbogens bestehen pharmakologisch sowohl periphere als auch zentrale Angriffspunkte.
Levodropropizin ist gut verträglich
Ein Blick in die Produktinformation bestätigt, dass der Wirkstoff durch seine gute Verträglichkeit heraussticht. Die aufgelisteten Nebenwirkungen, wie allergische Reaktionen oder Magen-Darm-Reaktionen, wurden nur sehr selten (< 1/10.000) beobachtet. Damit hebt es sich von zentral wirkenden Antitussiva wie Dextromethorphan ab, die ihre Wirkung hauptsächlich im Hustenzentrum erzielen.
Nebenwirkungen der bisherigen OTC-Antitussiva
Häufig treten unter Dextromethorphan Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Schwindelgefühl oder Übelkeit auf. Das synthetische Opioid unterdrückt den Husten zwar ähnlich effektiv wie Codein bei nur geringem Abhängigkeitspotenzial, aber da es über das CYP2D6-Enzym metabolisiert wird, müssen auch Interaktionen berücksichtigt werden. Zudem kann es bei missbräuchlicher Überdosierung Halluzinationen und rauschähnliche Zustände hervorrufen.
Auch bei Pentoxyverin treten gelegentlich Müdigkeit und sogar häufig Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und Oberbauchschmerzen auf. Es wirkt zentral auf das Hustenzentrum und hemmt zusätzlich peripher sensible Rezeptoren im Bronchialtrakt. Dank seines leicht bronchodilatorischen Effekts darf Pentoxyverin – im Gegensatz zu Dextromethorphan – auch bei Asthma bronchiale oder COPD eingesetzt werden.
Für wen eignet sich Levodropropizin?
Für diese Patienten kommt nun auch Levodropropizin infrage. Die Kontraindikationen sind überschaubar, wie etwa stark eingeschränkte Leberfunktion und produktiver Husten, um keinen Sekretstau zu riskieren. Außerdem darf Levodropropizin bei schwerer Niereninsuffizienz nur nach strenger Nutzen-Risiko-Abwägung verwendet werden.
Wechselwirkungen gibt es nicht zu beachten, lediglich bei gleichzeitiger Einnahme von sedierenden Arzneistoffen ist bei empfindlichen Personen Vorsicht geboten. Sicherheitshalber soll der Wirkstoff auch bei Älteren vorsichtig dosiert werden.
Vor- und Nachteile von Levodropropizin
Im Apothekenalltag sind die gute Verträglichkeit und wenige Gegenanzeigen wohl die wichtigsten Vorteile von Levodropropizin.
Nachteilig ist die kurze Wirkdauer, denn mit einer Halbwertszeit von nur ein bis zwei Stunden wird es dreimal täglich zwischen den Mahlzeiten eingenommen. Der Abstand zwischen zwei Einzeldosen sollte mindestens sechs Stunden betragen.
Erwachsene und Jugendliche über zwölf Jahre nehmen üblicherweise 60 mg pro Einzeldosis, Kinder 1 mg pro kg Körpergewicht.
Anwendungsdauer auf sieben Tage beschränkt
Die Anwendungsbeschränkung auf sieben Tage sollte für die Praxis kaum eine Rolle spielen. Denn Husten tritt als Symptom zahlreicher Infekte mit beispielsweise Rhino-, Corona- oder Parainfluenzaviren auf, wobei die meisten Infekte selbstlimitierend sind und mit oder ohne Behandlung innerhalb von ein bis zwei Wochen abklingen.
In Einzelfällen kann der Husten als postinfektiöser Husten über Wochen anhalten. Diese Patienten sollten jedoch ohnehin an den Arzt verwiesen werden. Auch bei Säuglingen und Kleinkindern sind Eltern gut damit beraten, lieber einmal öfter den Kinderarzt aufzusuchen. Treten Beschwerden aus völliger Gesundheit auf, könnte womöglich eine unbemerkte Aspiration von Nahrungsmitteln oder Spielzeugteilen dahinter stecken.