Schwanger und COVID-19
Der Fall Melissa
Melissa Wanner (24) war in der 26. Schwangerschaftswoche, als sie plötzlich Gliederschmerzen und Schüttelfrost bekam. Ein PCR-Test zeigte: Die werdende Mutter war Corona-positiv. Zunächst kam sie ins örtliche Krankenhaus in Bad Mergentheim. Das war am 1. September 2021 – ihrem Geburtstag. Doch nachdem sich ihr Zustand schnell verschlechterte, wurde die Schwangere zwei Tage später ins Universitätsklinikum Würzburg verlegt.
Auf der Intensivstation bekam sie zunächst Sauerstoff über die Nase. Doch ihre Sauerstoffsättigung im Blut sank weiter ab von 90 auf 80 Prozent. Die Normalwerte liegen zwischen 94 und 98 Prozent. Melissa Wanner hatte Angst zu ersticken, sie bekam Panikattacken.
Schließlich wurde sie am 5. September 2021 ins künstliche Koma versetzt und an die „künstliche Lunge“ (ECMO – extrakorporale Menbranoxygenierung) angeschlossen.
Glücklicher Ausgang
Nach zwei Wochen wurde die werdende Mutter langsam wieder geweckt. Sie erinnerte sich an furchtbare Komaträume und dachte, ihr Kind sei tot. Doch mit jedem Schritt, den sie weder laufen lernte, und mit jedem Schluck, den sie wieder trinken lernte, fasste sie Zuversicht.
Und schließlich nahm sie bei der Kardiotokographie (CTG) die Herztöne ihres Kindes wieder wahr. Nach fünf Wochen konnte Melissa Wanner die Intensivstation verlassen. Per Kaiserschnitt kam am 18. Dezember 2021 ihr Sohn Kilian zur Welt – kerngesund.
„Nur“ die Lunge betroffen
Melissa Wanner hatte großes Glück, betonen die Würzburger Intensivmediziner. Es war „nur“ ihre Lunge betroffen. Wären etwa Herz-Kreislauf- oder Nierenversagen, Sepsis oder Thrombosen hinzugekommen, wäre die Behandlung wohl kaum so erfolgreich gewesen.
Einige Schwangere überleben solche schweren Verläufe nicht. Die Würzburger Mediziner verweisen auf eine Datenauswertung, wonach von 101 Schwangeren, die aufgrund einer Corona-Infektion intensivmedizinisch behandelt werden mussten, vier starben. Sechs Föten wurden tot geboren.
Register soll weitere Erkenntnisse bringen
Bereits im Frühjahr 2020 wurde das sogenannte CRONOS-Register initiiert. Mit CRONOS (COVID-19 Related Obstetric and Neonatal Outcome Study) soll erforscht werden, welche Auswirkungen eine Infektion mit SARS-CoV-2 auf die Gesundheit von Mutter und Kind hat.
Mit Stand vom 11. Februar 2022 sind im CRONOS-Register 4.633 Frauen aus Deutschland registriert, die sich während ihrer Schwangerschaft mit SARS-CoV-2 infiziert haben. Von diesen hatten oder haben 202 einen schweren COVID-19-Verlauf.
Die Auswertung der Fälle soll Medizinern dabei helfen, bestmögliche Behandlungsstrategien zu entwickeln. Fragen sind etwa, wie lange auf eine invasive Beatmung verzichtet werden kann oder wann und in welcher Dosierung eine Cortison-Therapie sinnvoll ist.
Schwangerschaft: erhöhtes Risiko für Infektion und schweren Krankheitsverlauf
Die Würzburger Intensivmediziner rufen dazu auf, sich unbedingt impfen zu lassen. Eine Schwangerschaft bedeute ein erhöhtes Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf. Die mütterliche Morbidität und Mortalität von ungeimpften, an COVID-19 erkrankten Schwangeren sei deutlich höher als die von geimpften. Auch gesunde Schwangere ohne Vorerkrankungen könnten schwer an COVID-19 erkranken. Außerdem seien schwangere Frauen generell anfällig für virale Infektionen.
Um sowohl die Infektionsgefahr als auch die Krankheitsschwere bei einer potentiellen Infektion zu reduzieren, sollten sich noch ungeimpfte Schwangere impfen lassen – gemäß STIKO-Empfehlung ab dem zweiten Trimenon mit dem mRNA-Impfstoff von BioNTech. Quelle: Universitätsklinikum Würzburg