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Nutzen und Grenzen von Cannabidiol-Öl: Hilft Cannabidiol bei Arthroseschmerzen?

Das „Arznei-Telegramm“ sieht die schmerzlindernde Wirkung von CBD bei Arthorseschmerzen nicht ausreichend belegt. | Bild: Tinnakorn / AdobeStock

Cannabidiol (CBD)-Ölen und anderen Cannabidiol-Zubereitungen werden schmerzlindernde, angstlösende, antiemetische, schlaffördernde und spasmolytische Wirkungen zugesprochen. Im Verkehr sind sie meist als Nahrungsergänzungsmittel und damit hinsichtlich ihrer Wirksamkeit ungeprüft. In seltenen Fällen sind sie als Medizinprodukt oder zugelassenes und dann verschreibungspflichtiges Arzneimittel auf dem Markt. 

Kein Arzneimittel mit Indikation „Schmerzen“

Für die Indikation „Schmerzen“ ist kein einziges Cannabidiol-Arzneimittel zugelassen. Das verschreibungspflichtige Epidyolex® wird bei bestimmten Epilepsieformen (Dravet-Syndrom, Lennox-Gastaut-Syndrom) eingesetzt. 

Das NRF (Neues Rezeptur-Formularium) fasst die Anwendungsgebiete für die verschreibungspflichtigen CBD-Zubereitungen zur Herstellung dagegen etwas weiter: Die Ölige Cannabidiol-Lösung 50 mg/ml / 100 mg/ml / 200 mg/ml / 400 mg/ml darf „unter anderem beim Dravet-Syndrom und beim Lennox-Gastaut-Syndrom, bei Multipler Sklerose und anderen Anwendungsgebieten bei individuell zu stellender Indikation“ eingesetzt werden.

Das als Betäubungsmittel eingestufte Präparat Sativex® enthält neben Tetrahydrocannabinol (THC) auch Cannabidiol und wird bei MS-bedingten Spastiken angewandt.

Wirkt Cannabidiol schmerzlindernd?

Doch was ist dran an den ausgelobten schmerzlindernden Effekten des nicht-psychoaktiven Cannabisbestandteils Cannabidiol? Das „Arznei-Telegramm“ hat sich die Studienlage zur analgetischen Wirkung von CBD bei altersbedingten oder degenerativ bedingten Muskel- und Gelenkschmerzen genauer angeschaut.

Zur Erinnerung: Was ist das „Arznei-Telegramm“?

Das „Arznei-Telegramm“ (AT) ist eine medizinische Fachzeitschrift, die eigenen Angaben zufolge „Informationen für Ärzte und Apotheker neutral und anzeigenfrei“ bereitstellt. Sie finanziert sich rein durch den Verkauf von Abonnements. 

Dadurch, dass das AT auf Werbeeinnahmen durch Anzeigen in seiner Zeitschrift und dem Internetportal verzichtet, sieht es seine Unabhängigkeit von der Pharmaindustrie und anderen Interessengruppen gewahrt.

CBD nicht besser als Placebo

Die Autoren fanden zwei Studien (doppelblind, randomisiert), die CBD allerdings nicht als Öl-Zubereitung untersuchten: In der ersten Studie„Cannabidiol treatment in hand osteoarthritis and psoriatic arthritis: a randomized, double-blind, placebo-controlled trial“ , veröffentlicht im August 2021 im Fachjournal „Pain“   nahmen 77 Patienten mit Arthrose (Hand) und 59 Patienten mit Psoriasisarthritis (Schuppenflechte-Arthritis) für zwölf Wochen zusätzlich zu ihrer etablierten Schmerzmedikation entweder Cannabidiol-Tabletten (beginnend mit 10 mg, dann bis 30 mg bei Bedarf) oder Placebo ein. Die Patienten bewerteten die Stärke ihrer Schmerzen anhand einer Schmerzskala. Das Ergebnis: CBD schnitt hier nicht besser ab als Placebo. 

In der zweiten Studie „Synthetic transdermal cannabidiol fort he treatment of knee pain due tu osteoarthritis“, veröffentlicht im April 2018 im Journal „Osteoarthritis and Cartilage“ (randomisiert, doppelblind, placebokontrolliert) erhielten Knie-Arthrose-Patienten zur Behandlung ihrer Schmerzen entweder ein Cannabidiol-Gel zum Eincremen (250 oder 500 mg zur transdermalen Anwendung) oder wirkstofffreie Darreichungsformen (Placebo). Ihre Schmerzmedikation mussten sie, bis auf Paracetamol, absetzen. Ziel der Studie war es, herauszufinden, wie sich der Arthrose-Ausgangsschmerz innerhalb von zwölf Wochen unter CBD verändert. 

Doch auch hier überzeugte Cannabidiol nicht mehr als Placebo: Die Patienten berichteten eine Abnahme ihrer Schmerzen sowohl unter CBD 250 mg (-2,64 Punkte auf der Schmerzskala), CBD 500 mg (-2,83) wie auch unter Placebo (-2,37). Die Unterschiede in den einzelnen Behandlungsgruppen waren jedoch so gering, dass sie auch durch Zufall erklärbar sein könnten (kein statistisch signifikanter Unterschied).

Datenlage zu Nebenwirkungen unzureichend

Bei den Nebenwirkungen von CBD sieht die Datenlage wohl nicht besser aus als bei den Daten zur Wirksamkeit. Das „Arznei-Telegramm“ schreibt: „Dem unbelegten Nutzen stehen unzureichende Sicherheitsdaten gegenüber.“ 

2020 wurden die verfügbaren randomisierten placebokontrollierten Doppelblindstudien, die mindestens sieben Tage dauerten, in einer Metaanalyse im Fachjournal „Neuropsychopharmacology“(„Adverse effects of cannabidiol: a systematic review and meta-analysis of randomized clinical trials“) zusammengefasst.

Mit CBD mehr Durchfall

Im Vergleich zu Placebo war CBD demnach mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit verbunden, dass die Behandlung aufgrund von unerwünschten Ereignissen abgebrochen wurde. Patienten mit CBD berichteten häufiger über schwere Nebenwirkungen wie Lungenentzündungen und erhöhte Leberwerte. Daneben kam es auch häufiger zu Appetitlosigkeit, Durchfall und Schläfrigkeit.  

Die meisten unerwünschten Arzneimittelwirkungen wurden jedoch nur in Studien mit dem Epilepsie-Arzneimittel Epidyolex® beobachtet, wenn Kinder dieses in Kombination mit anderen Antiepileptika (wie Clobazam) erhielten. 

Nach Ausschluss der Kinderstudien blieb laut den Studienautoren noch Durchfall übrig, der in Verbindung mit der Anwendung von CBD auftrat. „Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die verfügbaren Daten aus klinischen Studien darauf hindeuten, dass CBD gut verträglich ist und relativ wenige schwerwiegende unerwünschte Wirkungen hat, wobei jedoch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sorgfältig überwacht werden sollten“, erklären die Wissenschaftler. 

Allerdings fordern sie zusätzliche Sicherheitsdaten aus weiteren klinischen Studien, die CBD außerhalb der Behandlung kindlicher Epilepsie untersuchen, und vor allem auch Studien mit rezeptfreien CBD-Produkten. Langzeitdaten fehlen.

Nutzen von CBD unzureichend nachgewiesen

Das „Arznei-Telegramm“ überzeugen die derzeitigen Daten zu CBD bei Arthroseschmerzen nicht. „Wegen fehlender Nutzenbelege aus randomisierten Studien und unzureichender Sicherheitsdaten raten wir von Cannabidiol-Zubereitungen zur Schmerzbehandlung bei Arthrose – wie auch von der Anwendung in anderen nicht zugelassenen Indikationen – außerhalb klinischer Studien ab.“