Der besondere Rückblick: Wie das Einhorn in die Apotheke kam
Dass Einhörner real existieren, glaubten die Menschen bis ins 17. Jahrhundert hinein. Immer wieder berichteten angebliche Augenzeugen, ein Einhorn gesehen zu haben. Sogar viele frühere Forscher waren von der Existenz solcher pferdeähnlichen Wesen mit langem Horn auf der Stirn überzeugt.
Vermutlich stammt der Einhorn-Glaube aus dem Orient. Über die antiken und mittelalterlichen Gelehrten verbreitete er sich dann wohl in Europa.
Einhornpulver: Schutz vor Giften
Einhörner galten als extrem scheue Wesen. Sie konnten nur von einer Jungfrau gefangen werden. Ihr legten sie den Kopf in den Schoß. So steht es in der frühchristlichen Naturlehre „Physiologus“ geschrieben.
Das Einhorn wurde somit als ein Sinnbild für die Menschwerdung Gottes durch die Jungfrau Maria gedeutet. Deshalb wurden diesem Wesen, und vor allem seinem charakteristischen Horn, übernatürliche Kräfte zugesprochen.
Es galt daher auch als Allheilmittel. Insbesondere schrieb man dem Horn (Unicornu) eine Wirksamkeit gegen jegliche Gifte und gegen Schlangenbisse zu, ebenso gegen die Pest. Außerdem sollte es die männliche Potenz erhalten.
Gedrehter Narwal-Stoßzahn als Einhorn
Geriebenes Einhornpulver wurde zum begehrten Arzneimittel. Man wog es sogar mit dem Zehnfachen an Gold auf. Für manche Apotheken war das Einhorn ein einträgliches Geschäft, sodass sie sich danach benannten. Bis ins 18. Jahrhundert hinein wurde Einhornpulver in Apotheken verkauft.
Allerdings stellte sich dann heraus, dass das vermeintliche Horn des Einhorns von einem anderen Wesen stammte – dem Narwal. Dieser im arktischen Polarmeer vorkommende Meeressäuger besitzt einen schraubenförmig gedrehten Stoßzahn, der bis zu drei Meter lang und zehn Kilogramm schwer werden kann.
Auch die ausgegrabenen Stoßzähne fossiler Mammuts dienten als Einhorn. Für das aus Indien stammende Einhornpulver mussten vermutlich Nashörner und Elefanten herhalten.
Einhorn-Arznei bei Hildegard von Bingen
Auch Hildegard von Bingen ging im 12. Jahrhundert in ihren medizinischen Schriften auf die Heilkraft des Einhorns ein. Allerdings nannte sie als Heilmittel die zerkleinerte Leber des Einhorns, daneben dessen Haut und Fell.
Mit dem Huf des Einhorns könne man giftige Speisen erkennen. Das Übrige des Einhorns tauge dagegen nicht als Arznei, meinte die berühmte Äbtissin.