Debatte über mehr Impfangebote für Jugendliche: Schulstart mit Masken und Test
Zum Schulstart nach den Sommerferien in den ersten Bundesländern rückt ein breiterer Corona-Schutz für Kinder und Jugendliche in den Fokus – auch durch mehr Impfungen. Der Vorsitzende der Länder-Gesundheitsminister, Klaus Holetschek (CSU) aus Bayern, sagte am Montag in der ARD vor Beratungen der Ressortchefs mit dem Bund, es gelte, dieses Angebot noch einmal deutlich zu machen. „Es ist jetzt wichtig, dass wir auch keine Zeit versäumen.“ Nach einem Vorschlag des Bundes sollen in allen Ländern Impfungen für Kinder zwischen 12 und 17 Jahren auch in Impfzentren angeboten werden, wie schon in Arztpraxen möglich. Beraten werden sollte außerdem über Angebote zu Auffrischungsimpfungen für erste Bevölkerungsgruppen.
Berlin: Junge Menschen weisen eine deutlich höhere Inzidenz auf
Berlins regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) befürwortete Angebote für Kinder ab 12 Jahren. Obwohl die Ständige Impfkommission (STIKO) hier noch zögere, seien viele Ärzte und Wissenschaftler der Ansicht, dass eine Impfung junge Menschen deutlich besser schütze, sagte er in der ARD. In der Hauptstadt sei zu sehen, dass die 15- bis 25-Jährigen eine doppelt bis vierfach so hohe Inzidenz aufwiesen wie andere Bevölkerungsgruppen. Darauf zu reagieren und ein Angebot zu machen, das keine Pflicht sei, halte er für „sehr sachgerecht“.
STIKO-Empfehlung: Nur bei erhöhtem Risiko für schwere Corona-Verläufe
Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hatte im Mai den Impfstoff von Biontech/Pfizer ab 12 Jahren zugelassen, vor wenigen Tagen folgte auch eine Freigabe für Moderna. Für Deutschland empfiehlt die STIKO die Impfungen trotz politischen Drucks bisher aber nicht allgemein für Kinder und Jugendliche, sondern nur bei einem höheren Risiko für schwerere Corona-Verläufe etwa wegen Erkrankungen wie Diabetes. Nach ärztlicher Beratung sind sie in individueller Entscheidung von Eltern und Kindern aber möglich.
Der STIKO-Vorsitzende Thomas Mertens sagte NDR Info, es gebe noch zu wenige Daten über mögliche Folgeschäden für 12- bis 17-Jährige. „Wir sagen, wir können nicht eine generelle Empfehlung aussprechen, solange wir diesbezüglich nicht die notwendige Datensicherheit haben.“ Er fügte hinzu: „Es kann durchaus sein, dass wir unsere Empfehlung ändern werden, aber sicher nicht, weil Politiker sich geäußert haben.“ Beraten wollten die Gesundheitsminister auch über einen Vorschlag des Bundes, mehr „niedrigschwellige“ Impfangebote für junge Erwachsene in Unis, Berufsschulen und Schulen zu machen. „Dies kann maßgeblich zu einem sichereren Start in den Lehr- und Lernbetrieb nach den Sommerferien beitragen“, heißt es im Entwurf.
Gemischte Meinungen von Gesundheitsexperten
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach unterstützte Impfangebote für Kinder und Jugendliche. Die STIKO vertrete in dieser Frage eine „Außenseiterposition“, sagte er im Deutschlandfunk. Die wesentlichen Studien zur Impfung von Kindern zeigten, dass eine „Durchseuchung“ mit der Delta-Variante des Coronavirus gefährlicher sei als eine Impfung. Der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke (CDU), äußerte sich im WDR dagegen skeptisch. „Meine Präferenz wäre: Alle Erwachsenen, die Kontakte zu Kindern haben, lassen sich erstmal impfen, und dann reden wir neu über die STIKO-Empfehlung.“
Schulbeginn mit Schutzmaßnahmen in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern
In Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern begann die Schule am Montag wieder mit Vorgaben zu Masken in Innenräumen und regelmäßigen Tests, Hamburg folgt an diesem Donnerstag. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte einen „Schutzkokon“ für Kinder in Schulen und Kitas. „Was noch geht, muss jetzt so schnell wie möglich umgesetzt werden“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe etwa mit Blick auf Lüftungskonzepte, Teststrategien und Luftfilter. Für Impfungen brauche es einfache, auch unkonventionelle Wege: „Zum Beispiel durch Impfteams an Schulen und Schulhöfen, für alle, die das wollen.“ Nötig seien auch klare Informationen für Eltern.
Angebote zu Auffrischimpfungen
Ein weiteres Thema der Gesundheitsminister sollten Angebote für Auffrischimpfungen sein – nach einem Vorschlag des Bundes beginnend ab September. Insbesondere bei immungeschwächten, sehr alten und pflegebedürftigen Menschen wiesen Studienergebnisse auf einen verminderten oder schnell nachlassenden Schutz hin. Die Länder sollen daher laut Entwurf mobile Teams unter anderem in Pflegeeinrichtungen schicken. Diese Impfungen sollten mit den Mitteln von Biontech/Pfizer und Moderna erfolgen. Beraten werden sollte auch über eine zusätzliche Dosis mit diesen Mitteln als Auffrischungsangebot für Menschen, die vollständig mit AstraZeneca oder Johnson & Johnson geimpft wurden. dpa / vs