Zum Welt-Parkinson-Tag am 11. April: Fortschritte in der Parkinson-Therapieforschung
Zitternde Hände, steife Muskeln, unsicherer Gang – so zeigt sich typischerweise eine Parkinson-Erkrankung. Allein in Deutschland leben 400.000 Menschen mit dieser Diagnose. Meist tritt die neurodegenerative Erkrankung bei über 60-Jährigen auf. Doch der Morbus Parkinson ist keine reine Alterskrankheit. Jeder zehnte Betroffene ist unter 50 Jahre alt.
Die Erkrankung schreitet chronisch voran. Im Krankheitsverlauf sterben immer mehr dopaminerge Neurone im Gehirn ab. Dadurch kommt es zu einem zunehmenden Mangel am Neurotransmitter Dopamin und den damit verbundenen charakteristischen Bewegungsstörungen. Darüber hinaus kann es zu Depressionen, erhöhter Müdigkeit, Schlafstörungen und kognitiven Beeinträchtigungen kommen.
Zur Linderung der Symptome stehen zahlreiche Medikamente wie Dopamin, Dopamin-Agonisten und MAO-Hemmer zur Verfügung. Eine ursächliche Behandlung leisten sie jedoch nicht. Das Fortschreiten der Erkrankung können sie nicht aufhalten. Deshalb wird nach kausal ansetzenden Therapiemöglichkeiten gesucht. Hierin sehen Forscher die Zukunft der Parkinson-Behandlung.
Was leistet die Antikörpertherapie?
Die Forschung konzentriert sich auf therapeutische Ansätze, die gezielt ins Krankheitsgeschehen eingreifen. Eine neuartige Behandlungsstrategie ist der Einsatz von monoklonalen Antikörpern. Sie richten sich gegen einen zentralen Pathomechanismus der Parkinson-Erkrankung – das Protein Alpha-Synuclein. Fehlfaltungen dieses Proteins gelten als ursächlich bei der Krankheitsentwicklung. Alpha-Synuclein wird bei Parkinson-Patienten im Übermaß produziert, verklumpt (aggregiert) und lagert sich in Form sogenannter Lewy-Körperchen in den Nervenzellen ab. Diese Proteinverklumpungen breiten sich über Jahre im Gehirn weiter aus und sind mit dem Untergang von Dopamin-produzierenden Nervenzellen verbunden.
In Studien wurden die gegen das aggregierte Alpha-Synuclein gerichteten Antikörper Cinpanemab und Prasinezumab geprüft. Der erhoffte Durchbruch konnte damit jedoch bisher nicht erreicht werden. Möglicherweise müssen die Antikörper früher im Krankheitsgeschehen oder in höherer Dosierung verabreicht werden. Es soll daher noch weiter mit diesen Substanzen geforscht werden.
Solche Alpha-Synuclein-gerichteten Therapieansätze sind jedoch nur bei jenen Patienten erfolgversprechend, bei denen besonders viel fehlgefaltetes Alpha-Synuclein vorliegt. Daher wird nach Methoden gesucht, diese Patienten zu identifizieren. Seit Kurzem ist es nun möglich, Alpha-Synuclein individuell zu messen. Das gelingt aktuell am besten im Hirnwasser, doch es werden auch Analysen in Blut, Haut und Schleimhaut versucht.
Maßgeschneiderte Therapie durch genetische Diagnostik
Parkinson ist nicht gleich Parkinson. Die Erkrankung verläuft bei jedem Patienten anders und kann verschiedene Ursachen haben. So kennt man beim genetisch bedingten Parkinson-Syndrom mehrere genetische Varianten. Sie beeinflussen das Parkinson-Risiko in unterschiedlicher Weise.
Bestimmte Genmutationen sind etwa mit einem langsamen Krankheitsverlauf verbunden. Andere erhöhen zum Beispiel die Gefahr, dass die Parkinson-Erkrankung mit einer Demenz einhergeht.
Aufgrund der unterschiedlichen genetischen Merkmale könnten die Patienten mithilfe molekularer Diagnostik verschiedenen Subgruppen zugeteilt werden. Damit ließe sich auch eine maßgeschneiderte, individuelle Therapie anwenden, denn je nach Mutation kommt es zu unterschiedlichen Stoffwechselvorgängen. Man hofft, in die jeweiligen Stoffwechselwege zukünftig krankheitsmodifizierend eingreifen zu können.
Ambroxol als Parkinson-Therapeutikum?
Als einer der wichtigsten genetischen Risikofaktoren für die Entstehung von Parkinson gilt eine Mutation im Gen GBA1. Sie führt zur Anreicherung von Alpha-Synuclein im Gehirn. Eine 2020 publizierte Studie kam zum Ergebnis, dass das Expektorans Ambroxol hiergegen wirksam sein könnte. Weitere Studien müssen aber noch klären, ob Ambroxol tatsächlich den Krankheitsverlauf beeinflusst.
Bewegung hilft und schützt
Bei der Entstehung der Parkinson-Krankheit spielen nicht nur genetische Faktoren und das Alter eine Rolle. Auch äußere Faktoren wie Pestizide und Schädeltraumata begünstigen die Krankheitsentwicklung. Auf der anderen Seite kennt man schützende Faktoren, zum Beispiel körperliche Aktivität.
So reduziert regelmäßige Bewegung das Risiko, an Parkinson zu erkranken. Sie hilft auch Menschen, die bereits an Parkinson leiden. Aufgrund der Bewegungsstörungen schränken Parkinson-Patienten ihre Aktivität meist ein.
Doch gerade mit Bewegung lässt sich die Schwere der Bewegungssymptome lindern. So wurden Verbesserungen beobachtet, wenn die Patienten Tanzen, Gang-, Gleichgewichts- und Funktionstraining ausgeübt haben. Auch Bewegung im Wasser, Kraft- und Ausdauertraining verbessern die Symptome. Tiermodelle weisen darauf hin, dass körperliches Training im Gehirn regenerative Effekte hat.
Beginnt Parkinson im Darm?
Eine weitere wichtige Rolle spielt die Ernährung. Eine ausgewogene, vorzugsweise mediterrane Kost gilt als Schutzfaktor.
Wie bei zahlreichen anderen Erkrankungen scheint auch beim Parkinson der Darmflora große Bedeutung zuzukommen. Aktuelle Daten weisen darauf hin, dass ein gesundes Darmmikrobiom wichtig für die Parkinson-Prävention ist. Bei manchen Parkinson-Patienten wurden Veränderungen der Darmflora festgestellt.
Man nimmt derzeit sogar an, dass die Parkinson-Erkrankung ihren Ursprung im Darm haben könnte. Die Hypothese lautet, dass bestimmte Darmbakterien die Bildung von fehlgefaltetem Alpha-Synuclein induzieren und dieses im Verlauf über den Nervus vagus ins Gehirn gelangt.
Weiterentwicklung der Tiefenhirnstimulation
Haben etablierte Parkinson-Medikamente im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung keine ausreichende Wirkung mehr, besteht eine weitere Behandlungsoption: die tiefe Hirnstimulation – umgangssprachlich auch als „Hirnschrittmacher“ bezeichnet. Hierbei werden über implantierte Mikroelektroden schwache Stromimpulse in die erkrankten Hirnregionen geleitet. Dadurch lassen sich neurologische Fehlsteuerungen regulieren. Die Beweglichkeit der Patienten kann deutlich gebessert werden.
Doch bei einigen Patienten kommt es unter der Hirnschrittmacher-Therapie zu Impulskontrollstörungen, die sich zum Beispiel durch vorschnelle Entscheidungen bemerkbar machen. Forscher aus Mainz arbeiten daher an einem verbesserten Ansatz zur Tiefenhirnstimulation. Hierbei werden die Stromimpulse nur in kurzen Intervallen – sogenannten Bursts – gegeben. In einer Studie gelang es damit, die Motorik der Patienten noch gezielter und separat von der Entscheidungsfindung zu beeinflussen.
Frank Elstner für die Parkinson Stiftung
Experten setzen sich für eine Förderung der Parkinson-Forschung ein, damit im Laufe der nächsten zehn Jahre ursächliche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
Außerdem soll die Öffentlichkeit mehr für die Belange der Patienten sensibilisiert werden. Diese Anliegen will die Parkinson Stiftung voranbringen.
Prominenter Unterstützer ist TV-Legende Frank Elstner. Der 80-Jährige machte vor einigen Jahren öffentlich, dass er selbst an Parkinson erkrankt ist. Als Botschafter macht er auf die Erkrankung aufmerksam und engagiert sich für mehr finanzielle Unterstützung der Parkinson-Forschung.
Digitaler Welt-Parkinson-Tag
Alljährlich macht der Welt-Parkinson-Tag am 11. April auf die neurodegenerative Erkrankung aufmerksam. Bereits am 29. März dieses Jahres veranstaltete aus diesem Anlass die Parkinson Stiftung einen digitalen Informationstag, bei dem über Therapie, Forschung und das Schwerpunktthema Ernährung berichtet wurde. Frank Elstner führte beim digitalen Welt-Parkinson-Tag Gespräche mit Menschen, die trotz Parkinson ihr Leben meistern. Die Veranstaltungen kann man sich als Aufzeichnung ansehen. Quellen: Deutsche Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen e.V. (DPG); Parkinson Stiftung; Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN); Cochrane Deutschland; Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz