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Was ist eigentlich das Undine-Syndrom?

Schlafendes Mädchen mit Teddybär im Arm
Kindern, die am Undine-Syndrom leiden, fehlt der Atemreflex. | Bild: Konstantin Yuganov / AdobeStock

Als Undinen werden in alten Märchen und Sagen die geheimnisvollen Wassernymphen bezeichnet. Durch die Liebe eines Menschen werden diese Nixen menschlich. Doch wehe, wenn der Mann seiner Undine untreu wird. Dann muss die Schöne den Geliebten töten. 

Das tut sie zum Beispiel mit einem im wahrsten Sinne atemberaubenden Kuss. Oder sie belegt den Treulosen mit einem bösen Fluch, wonach er seinem Körper jeden Atemzug befehlen muss. Unweigerlich kommt dann mit dem Schlaf der Tod über ihn. 

Beim Undine-Syndrom fehlt der Atemreflex

Für einige Menschen steckt in solchen Sagen viel bittere Realität. Der natürliche Atemreflex funktioniert bei ihnen nicht oder nur unvollständig. Sie leiden am sogenannten Undine-Syndrom – fachsprachlich als kongenitales zentrales Hypoventilations-Syndrom (CCHS) bezeichnet. Während die meisten Betroffenen im wachen Zustand ihre Atmung steuern können, ist ihnen das im Schlaf nicht mehr möglich. 

Unbehandelt droht Ersticken im Schlaf

Unsere Atmung läuft normalerweise autonom ab. Steigt die Kohlendioxidkonzentration im Blut an, reagieren CO2-spezifische Chemorezeptoren, sodass es zum Atemreiz kommt. Diese zentrale Steuerung funktioniert bei Patienten mit Undine-Syndrom nicht oder nur unzureichend. 

Aufgrund genetischer Mutationen ist bei ihnen insbesondere die Sensitivität der CO2-Chemorezeptoren gestört. Während des Schlafs nimmt daher die Sauerstoffsättigung im Blut kontinuierlich ab. Unbehandelt sind Bewusstlosigkeit und Tod die Folge. 

Während des Schlafens künstliche Beatmung erforderlich

Patienten mit Undine-Syndrom sind daher lebenslang von künstlicher Beatmung abhängig – zumindest in der Nacht. Bei schwerer Krankheitsausprägung muss sogar 24 Stunden lang beatmet werden. 

Vielen Betroffenen kann mit einer Maskenbeatmung geholfen werden. Manche sind jedoch auf invasive Beatmungstechniken mittels Tracheostoma angewiesen. Dafür wird über einen Luftröhrenschnitt eine Kanüle in die Trachea (Luftröhre) eingebracht, über die von außen beatmet wird. Da die Erkrankung angeboren ist, muss diese Maßnahme oft schon zeitig im Babyalter erfolgen. 

Alarm beim Nickerchen

Undine-Patienten, die nur nachts beatmet werden, geraten bei einem Tagesnickerchen schnell in Lebensgefahr. Forscher der Universität Stuttgart haben daher ein neues Gerät namens „WakeMe“ entwickelt. Unauffällig hinter dem Ohr getragen, misst es die Sauerstoffsättigung und weckt seinen Träger bei Bedarf über Lautsprecher und durch Vibration. 

Sehr seltene Erkrankung

Das Undine-Syndrom ist eine sehr seltene Krankheit. Nur circa eines von 200.000 Neugeborenen ist davon betroffen. In Deutschland kommen also jährlich im Schnitt 4 Undine-Kinder zur Welt. Insgesamt leben hier derzeit etwa 120 Menschen mit dem kongenitalen zentralen Hypoventilations-Syndrom. Bis jetzt ist diese Erkrankung nicht heilbar. 

Undine-Syndrom in Kürze

  • Medizinische Bezeichnung: kongenitales zentrales Hypoventilations-Syndrom (CCHS). Sehr seltene angeborene Erkrankung des autonomen Nervensystems. Natürlicher Atemreflex ist gestört.
  • Im Wachzustand meist noch ausreichende, wenn auch eingeschränkte Atmung vorhanden, im Schlaf jedoch unzureichende Atmung mit Erstickungsgefahr.
  • Wesentliche Ursache: Genmutationen, die zur reduzierten Empfindlichkeit zentraler CO2-Chemorezeptoren führen.
  • Meist lebenslange nächtliche Beatmung erforderlich, teilweise auch tagsüber.