Immer mehr Schwangere sind übergewichtig
Schwangere sind zunehmend übergewichtig oder gar adipös: 2017 waren fast 40 Prozent der Schwangeren bei ihrer Erstuntersuchung übergewichtig. Zehn Jahre zuvor (2007) waren es lediglich 34 Prozent.
Die Daten stammen aus der jährlich durchgeführten Bundesauswertung Geburtshilfe und wurden im 14. DGE-Ernährungsbericht veröffentlicht. Vor allem ältere Frauen seien zu Beginn der Schwangerschaft übergewichtig. Von Übergewicht spricht man bei Body-Mass-Index(BMI)-Werten ab 25 kg/m2, von Adipositas bei BMI-Werten ab 30 kg/m2.
Wie berechnet man den BMI?
In den BMI fließen Körpergewicht in Kilogramm und Körpergröße in Meter ein:
BMI = Körpergewicht in Kilogramm: (Körpergröße in Meter)². Normalgewicht liegt bei BMI-Werten zwischen 18,5 und 25 vor, Übergewicht zwischen 25 und 30 kg/m2. Adipositas beginnt ab 30 kg/m2.
In der Bundesauswertung für das Jahr 2022 stieg der Anteil der Schwangeren mit Übergewicht auf fast 44 Prozent. In den USA geht man laut Experten bereits davon aus, dass rund zwei Drittel der Frauen zu Beginn der Schwangerschaft übergewichtig sind.
„Wir bewegen uns in Deutschland immer weiter in diese Richtung“, sagt Regina Ensenauer, Kinderärztin und Leiterin des Instituts für Kinderernährung am Max-Rubner-Institut in Karlsruhe.
Übergewicht: Gefahr für Mutter und Kind
Übergewicht beziehungsweise Adipositas bei Schwangeren birgt zahlreiche Risiken – und das sowohl für die werdende Mutter als auch für das Baby.
So steigt bei der Schwangeren das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes, Hypertonie und Präeklampsie. Beim Neugeborenen kann das Geburtsgewicht erhöht sein, zudem sind beim Kind die Gefahren für späteres Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Darmkrebs und das Metabolische Syndrom erhöht.
Welche Gewichtszunahme ist normal in der Schwangerschaft?
Laut Empfehlungen der DGE sollte eine normal gewichtige Schwangere in der Schwangerschaft zwischen 10 und 16 kg zunehmen – das gilt allerdings nicht für Übergewichtige, für diese sei eine „geringere Gewichtszunahme in der Schwangerschaft wünschenswert“.
Viele Frauen überschätzen nach Erfahrung der DGE den zusätzlichen Energiebedarf während der Schwangerschaft. Dabei benötigen schwangere Frauen ab dem 4. Schwangerschaftsmonat nur 250 kcal pro Tag mehr, ab dem 7. Schwangerschaftsmonat geht man von einem zusätzlichen Kalorienbedarf von 500 kcal täglich aus.
Auch diese Werte gelten ausschließlich für normal gewichtige Frauen, die auch während der Schwangerschaft körperlich aktiv bleiben.
Ernährung der Mutter beeinflusst Ungeborenes
„Die Ernährung der Mutter in der Schwangerschaft wirkt auf das ungeborene Kind ein“, erinnert auch Kinderärztin Regina Ensenauer. „Die ersten tausend Tage – von Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende des zweiten Lebensjahres – sind entscheidend“, ergänzt sie.
„Auch dafür, was dem Kind später schmeckt. Schon früh in der Entwicklung sind die Geschmacksknospen voll funktionsfähig, und über das Fruchtwasser nimmt der Fötus Stoffe aus der Ernährung der Mutter auf.“
Weniger Neugeborene über 4.500 g
Positive Entwicklungen lassen sich aus der Bundesauswertung Geburtshilfe 2023 ablesen. Demnach hatten 2022 nur 1,2 Prozent Neugeborene bei Geburt ein „sehr hohes Geburtsgewicht“ – mehr als 4.500 g – gehabt. Dieser Anteil ist seit 2017 stabil. 2007 waren es noch 1,4 Prozent und in den 1990er-Jahren waren noch 1,6 Prozent der Neugeborenen schwerer als 4.500 g.
Anders sieht es dagegen jedoch bei Kindern und Jugendlichen aus. Laut einer Untersuchung der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) hat insbesondere durch die Corona-Pandemie die Zahl der von Adipositas betroffenen 6- bis 18-Jährigen zwischen 2011 und 2021 um 33,5 Prozent zugenommen. Bei den 15- bis 18-Jährigen erhöhte sie sich sogar um 42,5 Prozent.
In der Pandemie galten lange Zeit Kontaktbeschränkungen und Homeschooling, was zu Bewegungsmangel und vermehrt ungesundem Essen geführt habe, erklärte die KKH die Ergebnisse.
Übergewicht für ein Drittel aller Krebserkrankungen verantwortlich
Dass Übergewicht neben den oben genannten Risiken noch weitere Gefahren mit sich bringt, stellte bereits 2020 Professor Dr. Martin Smollich vom Institut für Ernährungsmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein fest.
In einer Online-Vorlesung erinnerte Smollich daran, dass 38 Prozent aller Krebserkrankungen ernährungsbedingt sind – das entspricht 460.000 Todesfällen in der EU pro Jahr. Und davon wiederum ist die Mehrzahl (80 Prozent aller ernährungsbedingten Krebserkrankungen) tatsächlich der Überernährung (hyperkalorischen Ernährung) geschuldet.
Welches präventive Potenzial hinsichtlich onkologischer Erkrankungen hinter der Ernährung steckt, erklärte Smollich bereits 2019 ausführlich und fundiert in seinem Ernährungsmedizinblog.