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Stärkung des Immunsystems – Teil 1: Schützen Nahrungsergänzungsmittel vor Erkältungen?

Zur Vorbeugung und Abwehr von Erkältungen greifen viele Menschen zu Nahrungsergänzungsmitteln. Ihre Wirksamkeit ist jedoch nicht immer wissenschaftlich belegt. | Bild: cirquedesprit / Adobe Stock

Zink 

Als essenzielles Spurenelement ist Zink von wichtiger Bedeutung für die Aktivität zahlreicher Enzyme im menschlichen Körper. Es beeinflusst unter anderem auch die Funktion von Teilen des Immunsystems. Die genaue Wirkungsweise von Zink bei Erkältungen ist noch nicht abschließend geklärt. Vermutlich wird die Replikation der Rhinoviren gehemmt und ihre Anheftung an die Rezeptoren der Nasenschleimhaut unterdrückt. Ein Zinkmangel erhöht daher die Anfälligkeit für Infekte. 

Allerdings tritt eine Unterversorgung mit Zink hierzulande kaum auf, ein schlechter Versorgungszustand wird höchstens bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen beobachtet. Auch eine vegetarische Ernährung kann aufgrund ihres höheren Phytat-Gehalts das Risiko dafür erhöhen. Denn Phytat vermindert aufgrund seiner Komplex-bildenden Eigenschaften die Bioverfügbarkeit von Zink im Magen-Darm-Trakt deutlich. Mehrere Studien aus den letzten Jahren haben sich mit der Einnahme von Zink-Präparaten und ihrem Einfluss auf Erkältungskrankheiten befasst. Ob eine Zufuhr von Zink Erkältungen vorbeugen kann, ließ sich durch die vorliegenden Daten nicht eindeutig beantworten.

Erkältungsdauer leicht verkürzt

Eine Einnahme entsprechender Präparate konnte lediglich die Dauer einer Erkältung um durchschnittlich 1 Tag verkürzen, aber nur dann, wenn innerhalb von 24 Stunden nach Auftreten der ersten Symptome damit begonnen wurde. Auch die Dosierung war entscheidend: Eine Wirkung trat erst ab einer Menge von 75 mg Zink pro Tag auf. Dieser Wert liegt damit deutlich über der täglich benötigten Zink-Menge (siehe Kasten) und darf nur für einige wenige Tage eingenommen werden. Denn eine zu hohe Zinkzufuhr kann zu einem gefährlichen Kupfermangel führen.

Wie hoch ist der tägliche Bedarf?

ZinkFrauen: 8 mg 
Männer: 14 mg
Die Aufnahme von Zink wird durch den Phytat-Gehalt der Nahrung beeinflusst. Die Werte beziehen sich auf eine mittlere Zufuhr von Phytat im Rahmen einer vollwertigen Ernährung.
Vitamin CFrauen: 95 mg 
Männer: 110 mg
Raucher haben einen erhöhten Bedarf.
Vitamin D20 µg = 800 I.E.Vitamin D kann sowohl über die Ernährung zugeführt als auch vom Menschen selbst durch UV-B-Lichtexposition gebildet werden.
SelenFrauen: 60 µg 
Männer: 70 µg
 
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ernährung

Der Schweregrad einer Erkältung wurde durch die Einnahme von Zink im Übrigen nicht beeinflusst. Und eine erst kürzlich im British Medical Journal veröffentlichte Untersuchung konnte im Gegensatz zu früheren Studien auch keinen positiven Nutzen einer Zink-Einnahme auf die Dauer der Erkältung feststellen. Zur abschließenden Bewertung sind also weitere Forschungsarbeiten nötig.

Vitamin C

Unbestritten ist eine ausreichende Zufuhr von Vitamin C wichtig für eine funktionierende Immunabwehr, eine unzureichende Versorgung führt auch hier zu einer erhöhten Infektanfälligkeit. Die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlene Zufuhr kann leicht über die normale Ernährung erreicht werden. Doch ob eine erhöhte Zufuhr von Ascorbinsäure über Nahrungsergänzungsmittel im Umkehrschluss auch Infektionen vorbeugen kann, konnte bisher nicht festgestellt werden. 

In mehreren Studien wurde eine regelmäßige Einnahme von Vitamin C in einer Dosis von mindestens 0,2 g pro Tag untersucht. Dabei konnte keine Wirkung auf das Auftreten von Erkältungen bei Erwachsenen festgestellt werden. Ähnlich wie bei der Einnahme von hochdosierten Zink-Präparaten reduzierte sich lediglich die Dauer der Krankheitssymptome leicht. Von Nutzen könnte eine erhöhte Zufuhr von Vitamin C allerdings bei Menschen sein, die körperlichen Belastungen bei Kälte ausgesetzt sind. Eine vorbeugende Einnahme vor einem Skiurlaub zur Prävention von Infekten kann daher sinnvoll sein.

Vitamin D

Eine gute Vitamin-D-Versorgung gelingt am besten über die Ernährung und die Eigensynthese der Haut. Nur wenn das nicht ausreichend möglich ist, beispielsweise in den Wintermonaten, können Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sein. Bei einem Mangel an Vitamin D kann eine solche Zufuhr auch tatsächlich vor dem Auftreten von Atemwegsinfekten schützen. Dies gilt allerdings nur bei niedrigen Blutspiegelwerten. Schon bei nur leichten Mangelzuständen an Vitamin D konnte kein Effekt mehr festgestellt werden. Und ist der Mangel an Vitamin D wieder ausgeglichen, kann eine zusätzliche Zufuhr die Häufigkeit von Erkältungen nicht mehr verringern.

Selen

Ein für das Immunsystem wichtiges Spurenelement ist auch das Selen. Als Bestandteil des antioxidativ wirkenden Enzyms Glutathionperoxidase ist es maßgeblich an der Beseitigung reaktiver Sauerstoffspezies beteiligt. Zu diesen reaktiven Verbindungen gehören unter anderem Peroxide oder Hydroxylradikale, die zu Zellschäden und Mutationen führen können. Gerade bei älteren Menschen soll eine Supplementation von Selen die Aktivität des Immunsystems verbessern. Ob sich damit aber Erkältungen vermeiden lassen oder ihr Verlauf beeinflusst werden kann, ist bisher nicht geklärt.

Unterstützung der körpereigenen Abwehr – eigentlich ganz einfach

Die körpereigene Abwehr des Menschen arbeitet in den meisten Fällen so effektiv, dass Erreger wie Viren oder Bakterien unschädlich gemacht werden und es gar nicht erst zu einer Infektion kommt. Zur Unterstützung des Immunsystems kann jeder einige einfach durchzuführende Maßnahmen ergreifen: 

  • Der Bedarf an Vitaminen kann durch eine ausgewogene Ernährung gedeckt werden. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt dazu, mindestens zwei Portionen Obst und drei Portionen Gemüse täglich zu verzehren. 
  • Auch sollte in der kalten Jahreszeit, wenn das Durstgefühl nicht so groß ist, daran gedacht werden ausreichend Flüssigkeit in Form von Wasser oder ungesüßtem Kräutertee zu trinken. Dies beugt wirkungsvoll einem Austrocken der Schleimhäute vor, denn trockene Schleimhäute im Nasen-Rachen-Raum bieten eine ideale Angriffsfläche für Erreger. 
  • Bewegung an der frischen Luft ist sehr zu empfehlen. Sportlich aktive Menschen haben Untersuchungen zufolge weniger Infekte. 
  • Wer mag, kann auch Sauna oder Wechselduschen ausprobieren. Der Wechsel von Hitze und Kälte verbessert die Durchblutung und damit auch die körpereigene Abwehr. 
  • In geschlossenen Räumen reduziert regelmäßiges Lüften das Ansteckungsrisiko. Infektiöse Aerosole werden durch frische Luft ausgetauscht. 
  • Auch die bekannten Regeln zur Händehygiene schützen nicht nur vor einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus, sondern auch vor gewöhnlichen Erkältungsviren. 
  • Ein erholsamer Schlaf trägt wesentlich zur Abwehr von Krankheitserregern bei, der genaue Einfluss des Schlafs auf das Immunsystem ist allerdings noch nicht geklärt. Wissenschaftler vermuten, dass unter anderem Änderungen des Hormonspiegels während der Nachtruhe eine Rolle spielen. Im Schlaf sinkt der Spiegel an Cortisol. Dieses Stresshormon hemmt bekanntlich das Immunsystem. Weiterhin werden vermehrt immunstimulierende Wachstumshormone ausgeschüttet. Wissenschaftler der Universitäten Tübingen und Lübeck haben kürzlich eine weitere mögliche Erklärung gefunden, warum ausreichend Schlaf den Körper beim Kampf gegen Infektionen unterstützt. In einer Untersuchung konnten sie zeigen, dass bereits drei Stunden Schlafmangel ausreichen, um die Funktion wichtiger Immunzellen zu reduzieren.