Händedesinfektion mit Povidon-Iod?
Iod-Lösungen sind wichtige Desinfektionsmittel, sie wirken zuverlässig und besitzen bakterizide, sporozide, fungizide und viruzide Eigenschaften. In alkoholischer Lösung, also als Iodtinktur, wird es seit langem zur Desinfektion kleinerer Wunden und vor chirurgischen Eingriffen zur Desinfektion des Operationsfeldes verwendet.
Neben freiem Iod werden mittlerweile allerdings hauptsächlich Komplexe von Iod mit amphiphilen Polymeren wie Polyvinylpyrrolidon eingesetzt. Diese Povidon-Iod-Komplexe sorgen für eine langanhaltende Wirkung, da sie das Iod verzögert freigeben und so eine gleichbleibende Konzentration über einen längeren Zeitraum gewährleisten. In Unterschied zu Iod zeigt Povidon-Iod eine gute Wasserlöslichkeit und wird daher als wässrige Lösung mit 10 % verfügbarem Iod von mehreren Herstellern angeboten.
Vorsicht bei Schilddrüsenerkrankungen
Sowohl die Iod-Tinktur als auch Lösungen mit Povidon-Iod besitzen einen charakteristischen Geruch und eine rötlich-braune Farbe, auch in ihrer Wirksamkeit sind beide durchaus vergleichbar. Lösungen mit Povidon-Iod zeichnen sich aber durch eine bessere Verträglichkeit insbesondere auf empfindlichen Körperregionen wie Schleimhäuten aus und verursachen aufgrund des fehlenden Alkohols keine brennenden Schmerzen beim Auftragen. Bei Schilddrüsenerkrankungen dürfen die Zubereitungen allerdings nicht angewendet werden, da Povidon-Iod die Aufnahme von Iod in die Schilddrüse beeinflussen kann.
Eigentliche Anwendung: Zur Wund- und Hautdesinfektion
Normalerweise wird Povidon-Iod zur Desinfektion kleinerer Akutwunden im Alltag angewendet. Nach Reinigung der Wunde mit klarem Wasser kann es dazu unverdünnt aufgetragen werden. Geeignet ist Povidon-Iod auch zur Hautdesinfektion beispielsweise vor invasiven Eingriffen, bei jeder Injektion oder Punktion wird die Hautoberfläche verletzt und es besteht die Gefahr, dass Keime auf der Haut in den Körper gelangen können. Durch eine vorherige Desinfektion der Haut sollen vorhandene Keime reduziert werden, diese Hautdesinfektion dient dem Eigenschutz des Patienten.
Wirkt Povidon-Iod auch gegen Corona-Viren?
Bekanntermaßen ist eine Reinigung der Hände eine der wichtigsten Maßnahmen um eine Ausbreitung von Infektionen zu verhindern. Am neuen Coronavirus SARS-CoV-2 ist die Wirksamkeit von Povidon-Iod bisher noch nicht explizit getestet worden. Untersuchungen an verwandten Coronaviren wie SARS-CoV und MERS-CoV haben aber gezeigt, dass die Infektiosität stark reduziert wird und daher eine Wirkung auch gegen das neuartige Corona-Virus angenommen werden kann. Momentan laufen in vitro-Studien, die die Effektivität von Povidon-Iod auch spezifisch gegen den neuen Virus-Typ SARS-CoV-2 untersuchen.
Braune Farbe – sogar ein Vorteil?
Grundsätzlich müssen Zubereitungen zur Händedesinfektion immer lückenlos auf die Haut aufgetragen werden. Die Povidon-Iod-Lösung wird dazu unverdünnt in die Haut der Hände eingerieben, durch die braune Farbe der Zubereitung sieht man sofort wo die Substanz bereits aufgetragen wurde. Nach dem Eintrocknen bildet sich ein antiseptisch wirkender Film auf der Haut. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Akzeptanz eines Händedesinfektionsmittels mit brauner Farbe nicht all zu hoch sein dürfte, zumal sich Flecken auf Textilien oder anderen Materialien nicht immer vermeiden lassen.
Echter Nachteil: Einwirkzeit 5 Minuten
Zur Desinfektion der Hände beträgt die vorgeschriebene Einwirkzeit laut Herstellerangaben 5 Minuten. Während dieser Zeit müssen die Hände durch die Zubereitung die ganze Zeit feucht gehalten werden, nur so ist eine zuverlässige Wirkung gegeben. Zu diesem Thema hat das Robert-Koch-Institut erst kürzlich wieder betont, wie wichtig eine kurze Einwirkzeit für die praktische Anwendung eines Händedesinfektionsmittels ist. Für die Bevölkerung sollen Produkte zur Desinfektion der Hände nach Möglichkeit innerhalb von 30 Sekunden wirksam sein. Alle empfohlenen Händedesinfektionsmittel auf Alkohol-Basis erfüllen diese Forderung.
Fazit
Falls es beim medizinischen oder pharmazeutischen Personal zu einem Mangel an alkoholischen Desinfektionsmitteln kommt, stellen flüssige Antiseptika mit Povidon-Iod eine Alternative dar. Zur breiten Anwendung als Händedesinfektionsmittel können die Zubereitungen allerdings nicht empfohlen werden.