Regierung gegen die Vorschläge des Bundesrats zur PTA-Reform
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) reagiert bei der PTA-Reform sehr schnell. Erst am vergangenen Freitag stand der erste Durchgang des „Gesetzentwurfs zur Weiterentwicklung des Berufsbildes und der Ausbildung der pharmazeutisch-technischen Assistentinnen und pharmazeutisch-technischen Assistenten“ im Bundesratsplenum auf der Tagesordnung. Beschlossen hat die Länderkammer eine umfassende Stellungnahme mit zahlreichen Änderungswünschen. Und schon für die Kabinettssitzung am vergangenen Mittwoch hat das BMG eine Gegenäußerung zur Bundesrats-Stellungnahme vorbereitet, die vom Kabinett auch beschlossen wurde.
Länder für dreijährige verzahnte PTA-Ausbildung
Die Länder hatten viele Nachbesserungswünsche für das PTA-Reformgesetz. Ganze 51 Anträge umfasste die Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf. Elf davon betreffen den Gesetzentwurf im Allgemeinen, die restlichen gehen ins Detail. Es geht dabei insbesondere um die Themen Schulgeldfreiheit, eine Ausbildungsvergütung auch während der schulischen Ausbildung, die Ausbildungsstruktur und -dauer, die pädagogische Qualifizierung der Lehrkräfte und der Apothekenmitarbeiter, die Rolle der Apotheker und ihrer Standesorganisationen bei der Ausbildung, die Kompetenzerweiterung der PTA im Apothekenbetrieb und die Notensystematik sowie Prüfungs- und Bestehensregeln. Die Einwände der Länder sind nicht zu unterschätzen – es handelt sich nämlich um ein zustimmungsbedürftiges Gesetz.
Was ist ein zustimmungsbedürftiges Gesetz?
Beim PTA-Reformgesetz handelt es sich um ein sogenanntes Zustimmungsgesetz. Das bedeutet, dass das Gesetz nur zustande kommen kann, wenn Bundesrat und Bundestag sich einig sind. Bei einem endgültigen „Nein“ des Bundesrates sind Zustimmungsgesetze gescheitert. Wann ein Gesetz zustimmungsbedürftig ist, ist im Grundgesetz geregelt. Da mit dem geplanten PTA-Reformgesetz und den damit einhergehenden Neuregelungen zur Ausbildung in die Organisationshoheit der Länder eingegriffen wird, ist das Gesetzesvorhaben zustimmungsbedürftig.
Die in dieser Woche veröffentlichte Gegenäußerung der Bundesregierung folgt nur acht der 51 Vorschläge aus den Ländern, einem stimmt sie teilweise zu. Für 13 Vorschläge erteilt sie eine Prüfzusage und 25 lehnt sie ab. Zudem kommt sie zwei Prüfbitten nach und zwei weitere Anträge nimmt sie „zur Kenntnis“.
Wie setzt sich das Kabinett zusammen?
Die Bundesregierung besteht aus der Bundeskanzlerin sowie den Bundesministerinnen und -ministern. Zusammen bilden sie das Bundeskabinett (Artikel 62 Grundgesetz). Den Vorsitz im Bundeskabinett führt die Bundeskanzlerin. Die Bundeskanzlerin bestimmt die Bundesministerinnen und -minister sowie deren Ressorts.
Worüber sind sich Bundestag und Bundesrat einig?
Die Vorschläge des Bundesrats, denen die Bundesregierung zustimmt, betreffen unter anderem die Berücksichtigung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes und ein späteres Inkrafttreten des Gesetzes – Anfang 2023 statt 2021 – sowie redaktionelle Verbesserungen. Teilweise stimmt sie dem Antrag zu, der vorsieht, PTA teilweise ohne Aufsicht pharmazeutische Tätigkeiten ausführen zu lassen. Zwar geht die Regierung nicht so weit, dass sie auf ihre konkreten und kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen verzichten würde, die PTA erfüllen müssen, um ohne Aufsicht arbeiten zu können (zum Beispiel mehrjährige Berufserfahrung und eine mindestens „gute“ Prüfungsnote). Die Länder plädieren nämlich dafür, allen PTA die Kompetenzerweiterung zuzugestehen. Doch der Bundesrat will in der geplanten neuen Vorschrift in der Apothekenbetriebsordnung auch eine weitere Ausnahme bestimmen, bei der die Aufsichtspflicht nicht entfallen darf: beim patientenindividuellen Stellen und Verblistern von Arzneimitteln. Und dem stimmt die Regierung zu.
Was will die Regierung prüfen?
Beim besonders umstrittenen Thema Verlängerung der Ausbildungsdauer – die Länder wollen sie auf mindestens drei Jahre ausdehnen: mindestens 3.000 Stunden Schule und 1.200 Stunden Apotheke – zeigt sich die Regierung zumindest nicht gänzlich ablehnend. Sie will den entsprechenden Antrag der Länder, der sich auch für eine neue Ausbildungsstruktur mit einem Wechsel zwischen schulischen und praktischen Ausbildungsabschnitten ausspricht, prüfen.
Das gleiche gilt für die Anträge der Länder zur pädagogischen Qualifizierung der Lehrkräfte, der Kooperation der Schulen mit den Ausbildungsapotheken sowie die Notenbildung und die Möglichkeit des Ausgleichs einer mangelhaften Prüfungsleistung durch die Vornote.
PTA-Schulleiter warnt vor verlängerter Ausbildung
Indes meldete sich Burkhard Pölzing, Schulleiter der Völker-Schule in Osnabrück und Vorstandsmitglied der AG „Theoretische und Praktische Ausbildung“ (TuPA) in der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) zu Wort. Er ist von den Vorschlägen des Bundesrats ganz und gar nicht überzeugt. Er meint, die von den Ländern geforderten Änderungen bei der Dauer und Struktur der Ausbildung würden den Beruf der PTA keinesfalls attraktiver machen – und könnten auch nichts gegen den Fachkräftemangel ausrichten. Im Gespräch mit den Kollegen von DAZ.online erklärt Pölzing seine Kritik an einer um ein halbes Jahr verlängerten Ausbildung: Sie bedeute eine Kostensteigerung von 20 Prozent für die Auszubildenden und die Schulträger. Zudem kämen die Absolventen schlicht später auf den Arbeitsmarkt, es wären immer ein Fünftel Abgänger weniger als zurzeit, wenn die Schulplätze ein halbes Jahr länger besetzt blieben. Dass sich diese Ausfälle durch ebenso viele neue Schulplätze und Bewerber kompensieren ließen, glaubt Pölzing nicht.
Was lehnt die Bundesregierung grundsätzlich ab?
Abgelehnt wird unter anderem der Antrag, dafür zu sorgen, dass von Anfang an eine Ausbildungsvergütung zu zahlen ist. In der Bundesratsempfehlung heißt es dazu, es bedürfe einer Finanzierungsregelung, die im Gleichklang mit der Finanzierungsregelung in den anderen Gesundheitsfachberufen stehe. Konkret im Blick haben sie offenbar die Lösung, die Krankenhäuser und die Gewerkschaft verdi gefunden haben: Hier bekommen die Auszubildenden durchschnittlich circa 1.000 Euro im Monat, wenn sie eine vom Krankenhaus betriebene Schule besuchen. Die Länder schlagen daher vor, auch PTA in den Katalog der Berufe aufzunehmen, die nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz eine Ausbildungsvergütung durch die Kliniken erhalten sollen – dies gilt etwa auch für Physiotherapie-Schulen.
Wie geht es nun weiter?
Die sogenannte „parlamentarische Arbeit am Gesetzentwurf“ hat nun begonnen. Am gestrigen Donnerstag fand die erste Lesung im Bundestag statt. Das PTA-Reformgesetz gehört zu den Vorlagen, die im vereinfachten Verfahren ohne Aussprache zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen werden. Für nächste Woche Mittwoch, den 23. Oktober 2019, ist die öffentliche Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages angesetzt.