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Werbeverbot für Mittel gegen Alkohol-Kater

Wer auf einer Feier zu viel getrunken hat, ist laut aktuellem Gerichtsurteil am nächsten Tag krank. | Bild: Nichizhenova Elena / Adobe Stock

Wer zu viel trinkt, weiß in der Regel, was ihn am nächsten Tag erwartet: vor allem Kopfschmerzen und Übelkeit. Dagegen können Schmerztabletten helfen. Doch nicht jeder will zu Arzneimitteln greifen. Und es gibt Konkurrenz außerhalb der Apotheke: Der in einer kleinen Flasche vertriebene „Anti Hangover Shot“ und der Pulver-Stick „Anti Hangover Drink“ versprechen Linderung nach einem Kater. Sie sollen sogar dafür sorgen, dass dieser gar nicht erst entsteht. Beworben werden die als Nahrungsergänzungsmittel vertriebenen Produkte mit Claims wie „Natürlich bei Kater“ oder „Mit unserem Anti-Hangover-Drink führst Du Deinem Körper natürliche, antioxidative Pflanzenextrakte, Elektrolyte und Vitamine zu“.

Lebensmitteln dürfen keine krankheitsbezogenen Eigenschaften zugewiesen werden

Doch diese Werbeversprechen passten einem Wettbewerbsverein gar nicht. Er ging daher wettbewerbsrechtlich gegen den Vertreiber vor. Schon vor dem Landgericht Frankfurt hatte die Klägerin damit weitgehend Erfolg. Diesen bestätigte nun auch die Berufungsinstanz, das Oberlandesgericht Frankfurt. Die Urteilsgründe sind noch nicht veröffentlicht, doch das Gericht lässt per Pressemitteilung wissen: „Informationen über ein Lebensmittel dürfen diesem keine Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaft entstehen lassen.“ Das ergibt sich aus der europäischen Lebensmittelinformationsverordnung (Artikel 7 Abs. 3, 4 LMIV). 

Für das Gericht ist klar: Im vorliegenden Fall suggerierten die untersagten Aussagen den „angesprochenen Verkehrskreisen, bei denen es sich vornehmlich um junge Verbraucher handelt, die beim Feiern Alkohol konsumieren, das beworbene Produkt sei zur Behandlung der Symptome eines Alkoholkaters geeignet beziehungsweise könne einem Kater vorbeugen.“

Auch vorübergehende Störung kann Krankheit sein

Das Gericht hat keinen Zweifel, dass es sich beim „Kater“ beziehungsweise „Hangover“ um eine Krankheit handelt. Im Interesse eines möglichst wirksamen Gesundheitsschutzes sei der Begriff weit auszulegen. „Unter Krankheit ist jede, also auch eine geringfügige oder vorübergehende Störung der normalen Beschaffenheit oder der normalen Tätigkeit des Körpers zu verstehen“, fassen die Richter zusammen. Dabei zähle auch eine nur unerhebliche oder vorübergehende Störung der normalen Beschaffenheit, die geheilt, beseitigt oder gemindert werden kann und die nicht nur eine normale Schwankung der Leistungsfähigkeit darstellt, zum Begriff der Krankheit. So seien Kopfschmerzen eine Krankheit, nicht aber natürliche physiologische Zustände.

Dass der Arzt nicht nötig ist, ändert nichts an Krankheitseigenschaft

Hier werde der Kater mit Symptomen wie Müdigkeit, Übelkeit und Kopfschmerz beschrieben. Derartige Symptome lägen außerhalb der natürlichen Schwankungsbreite des menschlichen Körpers. „Sie treten nicht als Folge des natürlichen ‚Auf und Ab‘ des Körpers, sondern infolge des Konsums von Alkohol, einer schädlichen Substanz, ein“, begründet das Oberlandesgericht. Nicht maßgeblich sei, dass die Symptome regelmäßig von selbst verschwinden und keiner ärztlichen Behandlung bedürften. Für die Einschätzung, dass es sich beim Kater um eine Krankheit handele, spreche auch, dass es für ihn einen medizinischen Fachbegriff gebe, nämlich „Veisalgia“. 

Die Vertreiberin der Shots und Drinks könne sich auch nicht darauf berufen, dass ihre Werbung eine zulässige gesundheitsbezogene Angabe in Form eines nach dem Anhang der Health Claim-VO (HCVO) genehmigten Claims darstelle. 

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Beklagte kann eine Nichtzulassungsbeschwerde einlegen und damit die Revision zum Bundesgerichtshof begehren. 

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 12.9.2019, Az. 6 U 114/18