Das war der Deutsche Apothekertag 2019 – was ist relevant für PTA?
Adhoc-Antrag für ein Rx-Versandverbot
Am Donnerstag war die Stimmung beim DAT heiß: Ein sogenannter Adhoc-Antrag – eingereicht vom Bayerischen Kammerpräsidenten Thomas Benkert und Kollegen – sorgte für Aufsehen. Die Hauptversammlung der Deutschen Apothekerinnen und Apotheker soll den Gesetzgeber auffordern, die Stellungnahme des Bundesrats zur Wiedereinführung des Rx-Versandverbots umzusetzen. Der Antrag wurde allerdings zunächst zurückgestellt, um nochmals an der genauen Formulierung zu feilen.
Konkret fragten sich die Apotheker, ob man das Rx-Versandverbot (RxVV) vehement verfolgen sollte, indem man sich auf das Votum des Bundesrats beruft und ausdrücklich das RxVV fordert? Oder solle man lieber weichere Formulierungen wählen, wie es ein ABDA-Antrag vorschlägt, um den Gesetzesentwurf nicht zu gefährden. Es war ein hartes Ringen um Änderungsanträge. Die Einigung: Mit dem Votum des Bundesrates soll die Gleichpreisigkeit schnellstmöglich herbeigeführt werden.
Und was sagte Spahn?
Auch wenn er betonte, völlig ruhig zu sein, wurde beim Auftritt von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) beim Deutschen Apothekertag deutlich, dass ihm die nach dem Bundesratsbeschluss zum Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz wieder aufgelebte Debatte um das Rx-Versandverbot gar nicht gefällt. Zudem stellte er klar: Es sei nicht er, der mit seinem Gesetzesvorhaben die Rx-Preisbindung aufgebe – das habe der EuGH vor drei Jahren getan. Er wolle die Gleichpreisigkeit für 90 Prozent des Marktes wiederherstellen.
Doch zunächst stellte Spahn fest: „Im Ziel sind wir uns einig“. Er wolle ebenso wie die Apotheker eine flächendeckende Versorgung mit Präsenzapotheken vor Ort – in Stadt und Land.
Was die Frage des Wettbewerbs mit dem EU-Versandhandel betrifft, so wollte Spahn zudem „mit einer Mär aufräumen“, die er ständig lese. Immer wieder heiße es, sein Gesetzesvorschlag würde dazu führen, dass es keine Preisbindung mehr gebe. Das Gegenteil sei der Fall: „Wir wollen den Zustand vor EuGH für 90 Prozent des Versichertenbereichs wiederherstellen“. Es sei schließlich der Europäische Gerichtshof (EuGH) gewesen, der vor drei Jahren die Situation der zulässigen Rx-Boni herbeigeführt habe. Auch die Kritik der Apotheker, dass er die Preisbindung für EU-Versender im Arzneimittelgesetz (§ 78 Abs. 1 Satz 4 AMG) streichen will, kann Spahn nicht nachvollziehen. Diese Vorschrift gelte nach der EuGH-Entscheidung bereits nicht mehr. Er kann nicht nachvollziehen, „so viel Kraft in etwas zu legen, das nicht mehr gilt“. Spahn ist überzeugt: Sein Vorschlag, im GKV-Bereich wieder Gleichpreisigkeit wiederherzustellen, ist eine europa- und verfassungsrechtlich ausgewogene Lösung. Dabei geht er durchaus davon aus, dass auch sein Gesetz vor dem EuGH landen wird. „Aber dann möchte ich eine Lösung haben, von der wir in der Bundesregierung meinen, dass sie am ehesten Bestand hat“. Und das ist für Spahn keinesfalls das Rx-Versandverbot. In diesem Punkt hat er volles Vertrauen ins Bundesjustizministerium, das dieses Verbot für rechtlich nicht haltbar hält. „Das muss ich akzeptieren“.
Dass der Bundesrat nun anderer Auffassung ist, nimmt Spahn zur Kenntnis. Aber er hat eine klare Meinung dazu. Zum einen fehlt ihm das Verständnis, wenn die Apothekerschaft über die ABDA-Mitgliederversammlung ein einstimmiges Votum für das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz gefasst hat und dann offenbar über die Länder wieder das Rx-Versandverbot nach vorne gebracht hat. Dazu sagt Spahn bemüht nüchtern und neutral:„Die Länder haben über den Bundesrat selbst ein Gesetzesinitiativrecht. Sie könnten also selbst einen Entwurf für ein Rx-Versandverbot vorlegen." Spahn erklärte den Apothekern zum Schluss seiner Rede in aller Deutlichkeit: „Wenn Sie meinen, die Länder können das besser, stelle ich die Dinge in Berlin gerne ein, bis der Bundesrat seinen Gesetzentwurf vorlegt“. Das meine er „sehr ernst“. Zugleich betonte er, dass er die kontroversen, aber konstruktiven Diskussionen mit den Apothekern fortsetzen wolle.
Verhinderung von Lieferengpässen
Die Delegierten, das sind Vertreterinnen der Apothekerkammern und -verbände, diskutierten über einen Antrag zur Verhinderung von Lieferengpässen. Darin heißt es, die Bundesregierung werde aufgefordert, „durch geeignete Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene die bedarfsgerechte Bereitstellung von Arzneimitteln sicherzustellen und Liefer- sowie Versorgungsengpässe zu bekämpfen“. Der Gesetz-/Verordnungsgeber soll dazu gemeinsam mit Apothekern, Ärzten, Industrie, Großhandel und Krankenkassen eine Strategie entwickeln. Es gehe vor allem darum, das Thema noch präsenter zu machen, als es das jetzt schon sei. Die Hauptversammlung beschloss den Antrag ohne Gegenstimmen und mit einer Enthaltung.
Entlassrezepte: einheitliche Regelung und Ausnahme von N1
Wer schon einmal Entlassrezepte in der Apotheke beliefert hat, weiß: Nicht für alle Arzneimittel sind N1-Packungen verfügbar, und nicht immer reicht die kleinste Packung – zum Beispiel bei Palliativpatienten. Zudem herrscht nach Ansicht der Landesapothekerkammer Hessen Wildwuchs bei einzelnen Kostenträgern, wie Entlassrezepte zu beliefern sind. Als Apotheker hier den Überblick zu behalten sei schwer. Deswegen: Die Kassen sollten sich auf eine Lösung einigen und in Einzelfällen sollte auch die Abgabe größerer Packungseinheiten möglich sein – das könnte durch die Dosierung auf dem Rezept kenntlich gemacht werden, schlägt die Apothekerkammer in einem Antrag vor. Den Apothekern gefällt die Idee, sie stimmen diesem Antrag mehrheitlich zu.
Notfalldepots: Braucht man Antitoxine gegen Botulismus, Diphterie oder Digitalis und Schlangengift-Antiseren?
Die Organisation der Notfalldepots sollte überdacht werden, meinen die Apothekerinnen und Apotheker auf der Jahreshauptversammlung. Gemäß § 15 Abs. 2 ApBetrO sind spezielle Notfallarzneimittel entweder in Apotheken vorrätig zu halten oder müssen kurzfristig beschaffbar sein. Damit Apotheken diesen Anforderungen gerecht werden, organisieren sie bekanntlich über die Apothekerkammern Versorgungsstrukturen in Form von Notfalldepots. Allerdings zeige die Erfahrung, so die AK Berlin und die des Landes Rheinland-Pfalz, dass beispielsweise die Antitoxine gegen Botulismus, Diphterie oder Digitalis sowie polyvalentes Schlangengift-Antiserum für die ambulante Versorgung nicht relevant seien und somit regelmäßig in den Notfalldepots verfielen – was „exponenziell steigende Kosten“ verursache. Zudem seien die genannten Präparate nicht als FAM in Deutschland oder Europa zugelassen. Das bedeutet: Apotheker sind verpflichtet, nicht zugelassene Arzneimittel abzugeben. „Die ganze Situation ist nicht tragbar, der Gesetzgeber muss sich mit dem Thema beschäftigen, welche Antitoxine vorrätig zu halten sind!“, so der Antragsteller. Dieser Meinung sind auch die DAT-Apotheker, der Antrag wird angenommen.
Makelverbot fürs E-Rezept
Makelverbot beim E-Rezept: Wer soll alles nicht für E-Rezepte makeln dürfen? Bislang heißt es im Gesetzentwurf zur Stärkung der Apotheke vor Ort lediglich, dass Ärzte und Versender E-Rezepte nicht untereinander zuweisen dürfen, das „Lenken“ der Patienten hin zu Versandhändlern soll so verhindert werden. Von Drittanbietern, die sich in eine mögliche „Vermarktung“ der digitalen Verordnungen einmischen, ist im Entwurf bislang keine Rede. Die Länder fürchten, dass ohne eine solche Regelung das Zuweisungsverbot umgangen werden könnte. Der Apothekerkammer Westfalen-Lippe und dem Apothekerverband Schleswig-Holstein greift die Aufnahme des Makelverbotes zu kurz: „und auch durch Dritte“ solle in den Gesetzestext aufgenommen werden, sodass nicht nur Ärzten und Krankenkassen das E-Rezept-Makeln verboten ist, sondern ein generelles Makelverbot besteht. Die Begründung: Es soll verhindert werden, dass sich Apotheken marktbeherrschenden Anbietern beugen müssen, was zu einem „ruinösen, unkalkulierbaren Wettbewerb führen“ könnte. Diese Gefahr sehen andere Apotheker auch, der Antrag wurde einstimmig angenommen.
PTA kein Thema beim DAT
Das Thema PTA-Reformgesetz spielte beim diesjährigen Deutschen Apothekertag keine Rolle. Lediglich in seinem Lagebericht bei der Eröffnung des DAT ließ ABDA-Präsident Schmidt verlauten, wie immens wichtig es sei, dass angehende PTA schon während der Ausbildung ein modernes, wissenschaftlich fundiertes Berufsbild vorfänden. Kurz widmete er sich dort auch dem vorliegenden Gesetzesentwurf zur Novellierung der PTA-Ausbildung und betonte, dass dieser in der Diskussion stünde und nicht alle damit einverstanden seien. Im weiteren Verlauf des DAT kam das Thema PTA-Reformgesetz nicht mehr auf den Tisch. Es gab weder einen vorab eingereichten Antrag dazu im Antragsbuch der Hauptversammlung der Apothekerinnen und Apotheker noch einen sogenannten Adhoc-Antrag, der vor Ort diskutiert hätte werden können.