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Jedes dritte Arzneimittel ist beratungsintensiv

Asthma-Sprays, Adrenalin-Pens, Retardtabletten – fast ein Drittel aller Arzneimittel ist besonders beratungsintensiv und erfordert das Expertenwissen der Apothekenmitarbeiter. | Bild: Gerhard Seybert / Adobe Stock

Fast jedes dritte Arzneimittel, das Apotheken abgeben, ist – unabhängig vom Wirkstoff – allein wegen seiner Darreichungsform beratungsintensiv. Darüber informiert die ABDA in einer aktuellen Mitteilung. 190 Millionen beratungsintensive Arzneimittel (bezogen auf die Packung) haben Apotheken 2018 laut ABDA zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgegeben, was 29 Prozent aller GKV-Fertigarzneimittel entspricht. Diese Zahlen berücksichtigen noch nicht einmal alle abgegebenen Medikamente, denn rezeptfreie Arzneimittel und Privatrezepte fehlen in der Auswertung. 

PTA und Apotheker als Arzneimittelexperten gefragt 

Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer und Vorstandsvorsitzender des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts e.V. (DAPI) weist darauf hin, dass in der Apotheke nicht nur zu Wirkstoffen beraten wird, sondern Patienten auch demonstriert werden kann, wie komplexe Arzneiformen, z. B. Augentropfen oder Pulverinhalatoren, richtig anzuwenden sind. 

Retardtabletten, Inhalatoren, Arzneimittel zur Injektion

Den größten Anteil der beratungsintensiven Darreichungsformen machten mit 88 Millionen Packungen feste Arzneimittel wie zum Beispiel Retardtabletten aus. Diese sollten nicht ohne Rücksprache mit dem Arzt oder Apotheker geteilt werden, da unter Umständen das Retardierungsprinzip zerstört wird. Beratungsintensiv mit 23 Millionen Packungen sind außerdem Medikamente zur Inhalation und zur Injektion (22 Millionen Packungen). 

Zur Erinnerung: Warum nicht alle Tabletten geteilt werden dürfen 

Retardtabletten setzen Wirkstoffe über längere Zeit hin frei und erlauben so eine verringerte Einnahmehäufigkeit. Die verzögerte Freisetzung der Wirkstoffe wird zum Teil durch einen speziellen Überzug realisiert. Werden diese Retardtabletten nun geteilt, wird der Überzug beschädigt und so der Wirkstoff deutlich schneller freigesetzt. Die Folge kann eine gefährliche Überdosierung sein. 

Des Weiteren sind auch magensaftresistente Tabletten in der Regel nicht teilbar. Diese besitzen einen Überzug, der verhindert, dass der darin enthaltene Wirkstoff mit Magensäure in Berührung kommt und dadurch zerstört wird. Auch dieser Überzug wird durch das Teilen beschädigt. 

Bei Filmtabletten kann das Teilen außerdem dazu führen, dass durch die Beschädigung des schützenden Überzugs ein unangenehmer Geschmack oder Geruch auftritt oder die Stabilität durch Licht, Sauerstoff oder Feuchtigkeit beeinträchtigt wird. 

Sowohl für Retard- als auch magensaftresistente Tabletten gibt es mittlerweile teilbare Alternativen. In diesen Fällen basieren die retardierenden bzw. magensaftresistenten Eigenschaften nicht auf einem gewöhnlichen Überzug sondern auf einer Matrix bzw. einem Multiple Unit Pellet System (MUPS).

Arzneimittel am Auge, in der Nase und im After 

Weitere beratungsintensive Darreichungsformen waren nach Auskunft der ABDA Arzneimittel zur Anwendung am Auge, in der Nase oder im After. Auch feste Arzneiformen können „speziell“ sein und erfordern Hinweise seitens der Apotheke, beispielsweise Buccaltabletten oder Sublingualtabletten, oder dass manche Tabletten nicht durch Drücken aus dem Blister zu entnehmen sind, sondern durch Abziehen der Blisterfolie. 

Fehlanwendungen bleiben von Patienten oft unbemerkt 

Werden Arzneimittel falsch angewendet, bemerken Patienten dies selbst meist nicht. Fehlanwendungen können aber die Wirksamkeit eines Präparats verändern oder zu unerwünschten Wirkungen führen. Kiefer: „Jeder Patient kann sich in der Apotheke die richtige Anwendung seiner Medikamente zeigen und erklären lassen. Bei einem Präparatewechsel, etwa wegen eines neuen Rabattvertrags, kann sich auch die Anwendung ändern.“