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Kassen bezweifeln angemessene Verwendung von Sonderkennzeichen

Nicht verfügbar? Nicht bekannt – Die AOK Bayern scheint von vielen Lieferengpässen nichts zu wissen und kritisiert daher in einem Brief die übermäßige Verwendung der „Nichtverfügbarkeit“ in Apotheken. | Bild: imago images / Ralph Peters

Unklarheit bei Nichtverfügbarkeiten

Beim Thema Engpässe klaffen die Ansicht der Kassen und die Realität in der Apotheke zum Teil auseinander. So haben vor kurzem mehrere Kassen, darunter auch die AOK Bayern, auf Anfrage erklärt, dass sie keine Kenntnis über Lieferprobleme beim Wirkstoff Valsartan hätten und deswegen auch keine Notwendigkeit sähen, das wesentliche teurere Altoriginal Diovan, bei dem hohe Mehrkosten anfallen, zu erstatten. Fragt man Apotheker, bekommt man eine ganz andere Antwort: Valsartan? Gibt es nicht. Und das ist nicht der einzige Dauerdefekt, mit dem sich das Personal deutscher Apotheken derzeit herumschlagen muss. Vor diesem Hintergrund ist es wenig verwunderlich, dass ein jüngst von der AOK Bayern versandtes Schreiben bei den Kollegen für ziemlichen Unmut sorgt. Denn darin reibt die Kasse den Apothekern unter die Nase, in wie vielen Fällen im Abrechnungszeitraum 2018 Nichtverfügbarkeit des Rabattarzneimittels inklusive Wert der abgegebenen Präparate dokumentiert wurde, ohne dass der Kasse eine Meldung über die Nichtverfügbarkeit durch den Hersteller vorlag.

Hinweis auf Berechtigung zur vollständigen Absetzung

Weiter weist die Kasse darauf hin, dass sich nur bei „tatsächlichen Lieferausfällen und ausschließlich nach Anfrage durch die Apotheke beim Großhandel bzw. Hersteller“ über die Rabattverträge hinweggesetzt werden dürfe. Und dann erklärt die AOK Bayern: „Wir behalten uns künftig die Prüfung dieser Arzneimittelverordnungen auch retrospektiv vor und weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass wir nach den aktuellen vertraglichen Regularien zur vollständigen Absetzung berechtigt sind, sofern die Nichtverfügbarkeit nicht nachgewiesen werden kann.“

Wie viele pharmazeutische Bedenken sind „normal“?

Und damit nicht genug: Die AOK Bayern hat noch ein zweites Schreiben verschickt – diesmal geht es um pharmazeutische Bedenken. Hier bekommt die Apotheke vorgehalten, bei wie viel Prozent der zulasten der Kasse abgegebenen Packungen 2018 pharmazeutische Bedenken geltend gemacht wurden, zum Beispiel 2 Prozent oder 2,4 Prozent, und welchem Wert in Euro das entspricht. Dann folgt der Hinweis auf die Referenzquote, errechnet aus dem Durchschnitt aller Apotheken. Sie liegt bei 0,63 Prozent – und die betroffenen Apotheken somit darüber. Auch hier warnt die Kasse, dass man sich künftig die Prüfung vorbehalte und bei einem unbegründeten Einsatz der „pharmazeutischen Bedenken“ eine vollständige Absetzung vornehmen werde. 

AOK rudert ein bisschen zurück

Auf Nachfrage oder Beschwerde der betroffenen Apotheker rudert die AOK Bayern dann teilweise zurück. Das Schreiben zur Nichtverfügbarkeit stelle eine „reine Information dar“. Wenn die Apotheke beim Hersteller oder mindestens zwei Großhändlern die Verfügbarkeit abgefragt hätte, dürfte das Sonderkennzeichen „selbstverständlich“ verwendet werden. Das Schreiben sollte auch keine Ankündigung einer Retaxation sein, sondern lediglich für das Thema sensibilisieren.

Auch TK schreibt Briefe

Auch die Techniker Krankenkasse kontaktiert derzeit Apotheken wegen ihres Einsatzes von Sonderkennzeichen. Sie nennt allerdings im Anschreiben keine Zahlen, sondern erklärt nur, man wolle telefonisch über die Entwicklung der Anwendung in der jeweiligen Apotheke informieren.