Aktuelles
4 min merken gemerkt Artikel drucken

Kein Rx-Versandverbot?: ABDA wünscht Änderungen am Spahn-Plan

Bild: bro/DAZ.online

Die 34 Spitzen der Apothekerkammern und -verbände haben sich am heutigen Donnerstag bei einer Sitzung des Gesamtvorstandes getroffen. Die Obersten der Standesvertretung haben sich unter anderem mit den erneuerten Reform-Eckpunkten von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) beschäftigt. Laut einer ABDA-Mitteilung begrüßt man das Versorgungskonzept offiziell. „Zugleich äußern die Pharmazeuten Kritik und fordern Änderungen“, heißt es in der Mitteilung aber.

In den vergangenen Tagen hatten sich immer mehr Apothekerkammern und -verbände zu Wort gemeldet, um gegen die neuen Pläne des Ministers zu protestieren. Darum geht es: Spahn hatte kürzlich ein neues Papier vorgelegt, in dem nun statt eines Boni-Deckels ein komplettes Rx-Boni-Verbot vorgesehen ist – der einheitliche Apothekenabgabepreis soll ausdrücklich erhalten bleiben. Die Einhaltung der Arzneimittelpreisverordnung soll Gegenstand des Rahmenvertrags werden. Zusätzlich soll es den Kassen verboten werden, Verträge mit EU-Versendern abzuschließen und Patienten zu den Versendern zu „lotsen“. Außerdem sind einige Honorar-Verbesserungen für die Apotheker vorgesehen und eine ganz neue Honorar-Komponente für die Erbringung pharmazeutischer Dienstleistungen.

ABDA: Boni-Verbot muss für PKV gelten

Die Kritik der Apotheker bezog sich auf die vorgesehenen Regelungen zur Gleichpreisigkeit. Denn die Festschreibung des Boni-Verbots im SGB V klammert Privatversicherte komplett aus. Und auch mit der Streichung der Rx-Preisbindung für EU-Versender aus dem Arzneimittelgesetz wollen sich die Kammern und Verbände nicht zufrieden geben. Im Januar hatte die ABDA-Mitgliederversammlung beschlossen, dass man zurückkehre zur Forderung nach dem Rx-Versandverbot, sollte die Politik keine Maßnahmen einleiten, die aus Sicht der Pharmazeuten zur Gleichpreisigkeit führen.

Doch auf diesen Schachzug verzichtet die ABDA nun ganz offensichtlich. „Wir sind froh über das klare Bekenntnis der Bundesregierung zur flächendeckenden Arzneimittelversorgung. Auch die Stärkung der Patientenrechte durch die Beibehaltung der freien Apothekenwahl bei der Einführung des elektronischen Rezepts ist begrüßenswert. „Es gibt aber auch Punkte, die noch nachgebessert werden müssen. Die Gleichpreisigkeit muss auch für Privatpatienten gelten, die ihre rezeptpflichtigen Medikamente bei ausländischen Versandhändlern bestellen“, sagte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt in einer ABDA-Mitteilung nach der Sitzung.

ABDA will Spahn mit neuen Forderungen konfrontieren

Konkret bedeutet das: Die ABDA will das BMG nun wohl mit neuen Forderungen und Verbesserungsvorschlägen konfrontieren – aber eben nicht auf Konfrontationskurs gehen, indem man das Rx-Versandverbot fordert. Nach Informationen von DAZ.online liegt das Hauptaugenmerk bei diesen Kritikpunkten auf den Formulierungen des Rx-Boni-Verbots. Aber auch die Pläne des BMG in Sachen Botendienst will die ABDA nochmals aufgreifen und kritisieren. Zur Erinnerung: Das BMG plant, die Anforderungen an den Botendienst zu überarbeiten und an die des Versandhandels anzugleichen. Außerdem soll die pharmazeutische Beratung beim Botendienst verpflichtend angeboten werden, sie soll auch via Telepharmazie möglich sein. Dem Vernehmen nach will sich die ABDA damit nicht zufriedengeben.

Ein weiterer Kritikpunkt der ABDA: die Honorar-Umstellungen. Spahn hatte in einem ersten Aufschlag geplant, mehrere Anpassungen am Apothekenhonorar vorzunehmen, die zu einer Verbesserung von insgesamt 375 Millionen Euro geführt hätten. Im zweiten, erneuerten Paket waren zwar noch alle Umstellungen, darunter auch die Einführung vergüteter pharmazeutischer Dienstleistungen, erhalten. Allerdings sollen die Apotheker jetzt nur noch insgesamt etwa 150 Millionen Euro mehr bekommen. Insbesondere bei den Dienstleistungen will das BMG nun sparen: Ursprünglich war geplant, dass die Apotheker über einen Fonds jährlich 240 Millionen Euro bekommen, derzeit sind es laut Plan nur noch 105 Millionen Euro.

Friedemann Schmidt dazu: „Zudem muss das Ministerium zu den bereits im Dezember zugesagten Mitteln für zusätzliche pharmazeutische Dienstleistungen zurückkehren. Schließlich sollen nicht nur ein paar ‚Glückspilze‘, sondern Millionen ältere oder chronisch kranke Patienten von echten Mehrleistungen wie einer Medikationsanalyse profitieren. Wer täglich mehr als fünf Medikamente einnimmt, braucht eine systematische Betreuung in der Stammapotheke, um gefährliche Nebenwirkungen oder gar lebensbedrohliche Krankenhauseinweisungen zu vermeiden. Das ist nicht mit ein paar Euro pro Jahr und Patient zu machen.“