Leseprobe PTAheute 4/2019: Gemischte Gefühle
Eingeleitet wird die Pubertät durch die rhythmische Ausschüttung des Gonadotropin Releasing Hormons (GnRH). Der zeitliche Beginn ist individuell unterschiedlich; die Pubertätsentwicklung folgt dann aber einem zeitlich gut bekannten Muster. Die Pubarche, das heißt der Beginn der Schambehaarung, und die Thelarche, der Beginn der Brustentwicklung, gehen der ersten Regelblutung um ungefähr zwei Jahre voraus. Ungefähr ein Jahr vor der ersten Regelblutung kommt es zu einem Wachstumsschub und ein Ausfluss aus der Scheide, der sogenannte Weißfluss, setzt ein. Das durchschnittliche Alter bei der ersten Regelblutung (Menarche) liegt in Deutschland bei 12,8 Jahren.
Vorbereitet sein
Unter Mädchen im entsprechenden Alter kursieren manchmal wilde Geschichten über das Einsetzen der ersten Periode: So manche fürchtet sich vor einer plötzlichen starken Blutung, die möglicherweise mitten im Schulunterricht einsetzt und dann – Worst Case – auch noch von den Klassenkameraden bemerkt wird. Vorbereitung und beruhigende Worte können hier die Ängste deutlich mindern. Beispielsweise können Mädchen, bei denen der Weißfluss bereits eingesetzt hat, eine einzelverpackte Monatsbinde im Schulranzen deponieren, um für den Fall des Falles etwas dabeizuhaben. Zur Not helfen auch einige Lagen Klopapier oder ein Papiertaschentuch, denn normalerweise beginnt die Periode nicht mit einer Sturzblutung. Für den ersten Versuch mit einem Tampon eignet sich daher auch nicht unbedingt der erste Blutungstag. Der zweite Blutungstag ist oft der stärkste, dann ist es am einfachsten, mit einem Tampon zu üben.
Tampons oder Binden?
Aus rein medizinischer Sicht dürfen Mädchen ab der ersten Monatsblutung Tampons verwenden. Viele wollen das aber nicht gleich, weil ihnen der Umgang mit dem eigenen Körper und dem Blut noch fremd ist. Binden oder Slipeinlagen fangen das Menstruationsblut genauso zuverlässig auf wie ein Tampon. Sie sollten häufig gewechselt werden und es empfiehlt sich, die Schamlippen dabei mit klarem Wasser abzuwaschen, damit kein unangenehmer Geruch auftritt. Tampons bieten den Vorteil, dass es mit ihnen auch während der Periode möglich ist zu schwimmen. Zudem fühlen sich viele Frauen auch beim Sport und im Alltag mit Tampons unbeschwerter als mit einer Binde. Tampons dürfen vier bis acht Stunden in der Scheide verbleiben, bei längerer Verweildauer entsteht das Risiko, dass sich auf dem Tampon Bakterien vermehren. Ist die Blutung zu schwach, kann das Einführen erschwert und unangenehm sein. Vor allem zu Beginn und am Ende der Periode ist daher eine Slipeinlage oft besser geeignet. Grundsätzlich ist es am besten, immer mit dem kleinsten Tampon zu beginnen und die Größe je nach aktueller Blutungsstärke individuell auszuwählen.
Die Ausnahme bestätigt die Regel
Die erste Menstruation läutet noch nicht unbedingt eine regelmäßige monatliche Blutung ein, denn es ist ein mehrjähriger Reifungsprozess in der Kommunikation zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Eierstock notwendig, bis sich regelmäßige Zyklen etablieren. Die Blutung dauert zwei bis sieben Tage und kann schon nach 20 Tagen wiederkommen – aber auch erst nach 60 Tagen oder mehr. Im Laufe von drei Jahren wird der Menstruationszyklus dann regelmäßiger; bei 75 % der jugendlichen Frauen liegt die Zyklusdauer dann bei den für erwachsene Frauen typischen 21 bis 34 Tagen. Eine unregelmäßige Blutung nach der Menarche ist daher nicht therapiebedürftig. Ist eine Regelmäßigkeit aber erwünscht, eignen sich die Früchte des Mönchspfeffers zur Zyklusregulierung. Da sie gleichzeitig auch Beschwerden wie zyklusbedingte Brustschmerzen, Kreuz- und Unterleibsschmerzen sowie prämenstruelle Beschwerden lindern, werden Mönchspfeffer-Präparate auch bei diesen Indikationen eingesetzt und schlagen dann eventuell zwei Fliegen mit einer Klappe. Die Einnahme sollte sich über mindestens drei Zyklen erstrecken.
Das Wichtigste in Kürze
- Die erste Regelblutung setzt hierzulande mit durchschnittlich 12,8 Jahren ein.
- Der Zyklus ist in den ersten Jahren unregelmäßig und pendelt sich erst nach circa drei Jahren ein.
- Menstruationsbeschwerden treten in dieser Zeit häufiger auf. In der Apotheke können wir beurteilen, welche Fälle für die Selbstmedikation geeignet sind und wann der Frauenarzt gefragt ist.
Menstruationsschmerzen
Unter Menstruationsbeschwerden leiden Mädchen häufiger als erwachsene Frauen – der Grund liegt ebenfalls darin, dass sich das monatliche Auf und Ab der Hormone noch nicht eingespielt hat. Leichte Unterleibsschmerzen lassen sich gut mit Wärme behandeln. Diese verbessert die Durchblutung des Beckens und wirkt krampflösend. Neben Wärmflaschen oder Kirschkernkissen sind Auflagen, die nach Aktivierung bis zu acht Stunden lang Wärme spenden können, besonders praktisch – sie können in den Slip geklebt werden (z. B. Thermacare® bei Regelschmerzen) und eignen sich damit auch für unterwegs. Auch Sport fördert die Durchblutung und lindert die Schmerzen gut. Deshalb ist es für junge Mädchen meist nicht hilfreich, sich wegen Regelbeschwerden vom Sportunterricht befreien zu lassen.
Bei den Analgetika gelten Ibuprofen und Naproxen als Mittel der Wahl. Naproxen überzeugt durch seine bis zu zwölfstündige und damit langanhaltende Wirksamkeit. Zusätzlich besitzt es spasmolytisches Potenzial und mildert so Krämpfe. Wichtig: Naproxen ist erst ab einem Alter von zwölf Jahren zugelassen. Auch Ibuprofen zeigt eine gute schmerzhemmende Wirkung. Die Dosierungsempfehlung für Erwachsene und Heranwachsende ab zwölf Jahren lautet bis zu dreimal täglich 400 mg. Für junge Mädchen zwischen zehn und zwölf Jahren stehen Präparate mit 200 mg Ibuprofen zur Verfügung. Acetylsalicylsäure lindert Regelschmerzen ebenfalls gut, dennoch eignet sie sich aufgrund gerinnungshemmender und damit blutungsverlängernder Eigenschaften nicht zur Behandlung von Regelschmerzen. Paracetamol besitzt eine deutlich schwächere analgetische Wirksamkeit bei Menstruationskrämpfen. Gemeinsam mit dem Spasmolytikum Butylscopolamin (z. B. in Buscopan® plus) ist es allerdings gut wirksam; Butylscopolamin kann auch als Monopräparat empfohlen werden.
Wie erkläre ich es meinem Kunden?
- „Dieses Präparat mit Mönchspfeffer kann den Zyklus regulieren. Für eine gute Wirksamkeit soll es über mindestens drei Zyklen angewendet werden, jeden Tag eine Tablette.“
- „Diese Schmerztabletten haben eine lange Wirkdauer von bis zu zwölf Stunden und eignen sich daher besonders gut bei Regelschmerzen. Zusätzlich können Sie Wärme anwenden, um die Krämpfe zu lindern. Ich empfehle Ihnen diese Auflagen, die Sie in den Slip einkleben können.“
Dysmenorrhö
Mehr als „nur“ Regelschmerzen haben Mädchen und Frauen, die unter einer Dysmenorrhö leiden. Neben schmerzhaften Unterleibskrämpfen treten als typische Begleitsymptome Übelkeit, Schwindel, Kopf- und Rückenschmerzen auf. Bei einer primären Dysmenorrhö setzen die Beschwerden typischerweise im ersten Jahr nach der Menarche ein und begleiten die Patientinnen Monat für Monat bis hin zur Menopause. Die Schmerzintensität und -dauer ist dabei bei jeder Regel annähernd gleich. Gelegentlich schwächen sich die Symptome im Verlauf der Jahre ab, vereinzelt bessern sie sich im Anschluss an eine Geburt. Primäre Dysmenorrhöen stellen keineswegs Bagatellerkrankungen dar. Vielmehr werden sie heute den chronischen Schmerzzuständen zugeordnet. Um einem Schmerzgedächtnis vorzubeugen, ist eine rechtzeitige und ausreichend wirksame Therapie essenziell. Sekundäre Formen sind auf eine Grunderkrankung zurückzuführen und entwickeln sich selten vor dem 25. Lebensjahr. Vielfach sind hier eine Endometriose, Myome, Polypen oder entzündliche Erkrankungen des Beckens krankheitsauslösend.
Der HPV-Infektion zuvorkommen
Der HPV-Impfstoff ist gegen neun Subtypen von HPV, die als Hochrisikofaktoren eingestuft werden, wirksam. Empfohlen wird die Mehrfachimpfung für alle Mädchen zwischen dem 8. und 14. Lebensjahr. Bis zum 17. Lebensjahr ist eine Komplettierung möglich und wird von der ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts empfohlen. Die Impfung senkt nicht nur das Risiko für eine spätere Gebärmutterhalskrebs-Erkrankung, sondern verringert auch die Wahrscheinlichkeit, an Genital- oder Feigwarzen zu erkranken. Empfehlenswert ist die HPV-Impfung auch für Jungen, da diese das Virus übertragen und selbst ebenso an Feig- und Genitalwarzen erkranken können. Die STIKO hat im August 2018 daher auch für Jungen zwischen 9 und 14 Jahren eine Impfempfehlung ausgesprochen.
Hormonell regulieren
Die oben besprochenen Analgetika kommen auch bei einer primären Dysmenorrhö zum Einsatz. Reicht dies nicht aus, rücken hormonelle Kontrazeptiva in den Therapiefokus, insbesondere wenn ohnehin der Wunsch nach Verhütung besteht. Sowohl Estrogen/Gestagen-Kombinations- als auch reine Gestagenpräparate bewirken eine Schmerzlinderung, zudem profitieren die Patientinnen von schwächeren und kürzeren Monatsblutungen. Die besten Ergebnisse erzielen Anwendungen im Langzyklus. Hierbei werden hormonelle Kontrazeptiva durchgehend ohne einwöchige Pause eingenommen: Eine Abbruchblutung und damit verbundene Schmerzen unterbleiben komplett.
Gang zum Frauenarzt
Ein weiteres Thema, das jungen Mädchen oft sehr unangenehm ist, ist der Gang zum Frauenarzt. Wenn die erste Periode eingetreten ist und keine Probleme bestehen, kann damit noch gewartet werden. Ein Gang zum Frauenarzt ist aber anzuraten bei
- starken Menstruationsschmerzen
- sehr starken oder verlängerten Menstruationsblutungen
- sehr unregelmäßigen Perioden (wenn die Periode z. B. 60 bis 90 Tage ausbleibt)
- Entzündungen in der Scheide und an den äußeren Geschlechtsorganen
- Schmierblutungen außerhalb der Regel
- unklaren Unterbauchschmerzen
- wenn die Regelblutung mit 16 Jahren noch nicht eingetreten ist
Auch wenn Verhütung ein Thema wird, ist das ein guter Zeitpunkt für einen ersten Termin. Das nach wie vor in Deutschland am häufigsten angewandte Verhütungsmittel ist die Estrogen-Gestagen-Kombinationspille. Diese Methode schützt allerdings nicht vor sexuell übertragbaren Erkrankungen. Der zusätzliche Einsatz von Kondomen (insbesondere bei wechselnden Partnern) sollte daher gerade bei Teenagern unbedingt unterstützt werden. Vor den ersten sexuellen Kontakten sollte die Prävention von humanen Papillomaviren abgeschlossen sein. Die erste Periode ist oft ein guter Zeitpunkt, das Thema aufzugreifen, falls bis dahin noch keine Impfung erfolgt ist.