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Was ist eigentlich Anosmie?

Frau riecht an halbierter Orange
Neben Erkrankungen der Nase können auch chronische Infekte oder Allergien zu einem Riechverlust führen. | Bild: DimaBerlin / AdobeStock

Stellen Sie in Ihrem Umfeld mal die Frage: „Auf welchen deiner fünf Sinne könntest du am ehesten verzichten?“ Bestimmt hören Sie als häufigste Antwort: „Auf den Geruchssinn“. Doch dieser Sinn beeinflusst unser Leben mehr, als wir spontan bedenken. 

Den Duft von frischem Kaffee, leckerem Essen oder Blumen nicht wahrnehmen zu können, ist eine große Einbuße an Lebensfreude. Noch dazu ist gleichzeitig das Geschmackserleben stark eingeschränkt. Aber das Riechen ist nicht nur ein Genuss-Sinn, sondern auch ein Warn-Sinn. So kann es äußerst gefährlich werden, wenn man Brandgeruch nicht wahrnimmt oder verdorbenes Essen nicht schon mit der Nase erkennt. 

Darüber hinaus ist der Riechsinn für die soziale Kommunikation wichtig, wenn auch meist unbewusst. Gerüche beeinflussen zum Beispiel die Partnerwahl und stabilisieren die Mutter-Kind-Bindung.

Frauen sind häufiger von Anosmie betroffen

Können Menschen nicht riechen, wird das fachsprachlich als Anosmie bezeichnet. Der Begriff ist aus dem altgriechischen Wort für Geruch (osmē) und der Verneinungssilbe „an-“gebildet. Im Deutschen spricht man auch von „Geruchsblindheit“. 

Die Zahl der Betroffenen ist erstaunlich hoch: Ungefähr fünf Prozent der Bevölkerung leiden an Anosmie, Frauen etwas häufiger als Männer. Hinzu kommen 15 Prozent, bei denen ein leichtes oder mittelgradiges Riechdefizit vorliegt – eine sogenannte Hyposmie.

Welche Ursachen führen zu Anosmie?

Eine Riechstörung ist nur in seltenen Fällen angeboren. Viel häufiger liegt eine Erkrankung der Nase oder der Nasennebenhöhle zugrunde (sinunasale Ursache). Das können anatomische Fehlbildungen wie zum Beispiel eine krumme Nasenscheidewand oder Polypen sein. Sie behindern dann die eingeatmete Luft so stark, dass Duftmoleküle nicht bis zum Riechepithel im Dach der Nasenhöhle gelangen. 

Ebenso können chronische Infekte oder Allergien die Nasenschleimhaut stark anschwellen lassen. Werden diese Störungen behoben, etwa durch eine Operation bzw. durch antientzündliche oder antibiotische Medikation, stellt sich in der Regel auch das Geruchsvermögen wieder ein. 

Einen vorübergehenden Riechverlust können hormonelle Umstellungen verursachen, zum Beispiel im Rahmen einer Schwangerschaft.

Schädliche Einflüsse für das Riechverhalten

Manchmal liegt die Ursache für einen Riechverlust am Riechapparat selbst – also dem Riechepithel mit seinen rund 30 Millionen Sinneszellen, dem Riechnerv oder dem Riechkolben als geruchsverarbeitendem Hirnareal. Diese Strukturen können durch Schadstoffe wie Tabakrauch, Kohlenmonoxid oder Formaldehyd geschädigt werden. 

Außerdem können bei Schädelverletzungen Sinnes- oder Nervenzellen zerstört werden. Auch einige Viren schädigen den Riechapparat. Eine vorübergehende Riechstörung verursachen einige Medikamente, beispielsweise Methotrexat, Morphin und Nifedipin.

Was tun bei verlorenem Geruchssinn?

Häufig kehrt ein verlorener Geruchssinn von selbst wieder zurück. Riechzellen können sich erneuern. Wer aber lang anhaltende Beschwerden hat oder unter einem plötzlichen Geruchsverlust leidet, sollte einen HNO-Arzt konsultieren. Mittels Riechtests, Nasenendoskopie oder weiterführender Bildgebung lassen sich eine Riechstörung und etwaige Ursachen erkennen.

Riechstörung als Vorbote für Parkinson und Alzheimer?

Wenn mit dem Älterwerden das Riechvermögen allmählich etwas nachlässt, ist dies normal. Allerdings kann eine gestörte Geruchswahrnehmung gerade im Alter ein wichtiges Frühsymptom für neurodegenerative Erkrankungen wie Parkinson und Alzheimer sein. Oft tritt dieses Symptom schon Jahre vor der eigentlichen Erkrankung in Erscheinung.

Anosmie in Kürze

  • Riechstörung mit Verlust der Geruchswahrnehmung („Geruchsblindheit“).
  • Verursacht durch sinunasale Ursachen (Polypen, krumme Nasenscheidewand, Nasenschleimhautschwellungen etc.) oder Schädigungen des Riechapparats infolge von Virusinfekten, Schadstoffen, Traumen etc. oder als Nebenwirkung von Medikamenten; in seltenen Fällen angeboren.
  • Symptomatik: plötzlicher oder allmählicher Verlust des Geruchsvermögens.
  • Häufige Störung; circa 5 Prozent der Bevölkerung betroffen.
  • Diagnose: Riechtest, Nasenendoskopie, CT, MRT etc.
  • Häufige Selbstheilung; Therapie durch Behandlung der Grunderkrankung (OP, Kortikoide, Antibiotika u. a.) und Riechtraining.