PTA-Fortbildung 2.0 – pharmazeutische Kompetenz aus dem Netz?
E-Learning – was ist das eigentlich
E-Learning hat viele Gesichter. Ganz grundsätzlich versteht man darunter „elektronisch unterstütztes Lernen“, wörtlich übersetzt „elektronisches Lernen“. Heute geht man im Sprachgebrauch meist davon aus, dass E-Learning online stattfindet. Vor einigen Jahren zählten jedoch auch noch sogenannte CBT (Computer Based Training) zu den E-Learnings. Hier wurden die multimedialen Lerninhalte meist auf CD-ROM oder DVD vertrieben und der Teilnehmer eignete sich das enthaltene Wissen im Selbststudium an. Ebenfalls zu den E-Learnings gehört beispielsweise die theoretische Führerscheinprüfung, die nicht mehr anhand von Bögen absolviert wird, sondern durch das Beantworten der Prüfungsfragen an einem Computer. Nach Abschluss wird sofort das Ergebnis angezeigt und man erhält einen Ausdruck, den man mit nach Hause nehmen kann. An Schulen und Universitäten hat sich die Lernplattform Moodle durchgesetzt. Die Software bietet die Möglichkeit, virtuelle Kursräume zu nutzen in denen Arbeitsmaterialien und Lernaktivitäten bereitgestellt werden können. Dabei können Studierende unter anderem die Vorlesung von zu Hause oder unterwegs aus verfolgen. Der große Vorteil für die Hochschulen liegt darin, dass die Lehrveranstaltungen zunehmend entlastet werden und Studenten können verpasste Vorlesungen nachholen.
Welche Vorteile bietet digitales Lernen PTA?
Wer seine Beratungsqualität als PTA verbessern möchte, muss sich fortbilden. Doch schulungsbedingte Abwesenheiten verursachen Ausfallzeiten am Arbeitsplatz und Reisekosten, sodass meist nicht alle Mitarbeiter gleichzeitig an einer Fortbildungsveranstaltung teilnehmen dürfen. Live-Webinare während der Arbeitszeit oder E-Learnings und E-Lectures, die zeitflexibel absolviert werden können, schaffen hier Abhilfe. Bei Bedarf können sich alle Kolleginnen und Kollegen auf denselben Stand bringen. Sei es nach und nach bei Nicht-Live-Veranstaltungen oder alle zusammen während der Apothekenschließzeit. Die stetige Fortbildung aller Apothekenmitarbeiter steigert die Beratungskompetenz und senkt Fehlerquoten. Durch einen einheitlichen Wissensstand aller Mitarbeiter wird die Qualität gesteigert. Mehr Wissen bedeutet im Umkehrschluss auch mehr Motivation. Und welcher Chef wünscht sich keine motivierten PTA im HV? Ein gutes Argument also, Ihren Chef auch von kostenpflichtigen Angeboten zu überzeugen.
Kurz zusammengefasst:
E-Learning für PTA kann also
- Ausfallzeiten vom Tagesgeschäft / Arbeitsplatz durch schulungsbedingte Abwesenheit vermindern
- eine kosteneffiziente und zeitnahe Fortbildung für den Apothekenleiter sicherstellen
- Reisekosten vermeiden
- die Kundenzufriedenheit und Beratungsqualität der Apotheke erhöhen
- die eigene Motivation und den Spaß an der Arbeit steigern
- die Fehlerquote bei bestimmten Tätigkeiten senken.
Kommentar: Alles nur noch digital?
Neulich wollte ich nach dem Geburtstag meiner Tochter Geld auf ihr Sparbuch einzahlen. Bis vor kurzem bin ich hierfür noch mit dem Bargeld an den Schalter gegangen, eine nette Dame oder ein netter Herr haben das Geld gezählt und dem Sparbuch gutgeschrieben. Nach fünf Minuten war das Ganze erledigt. Heute, wo alles so schön digital ist, geht das nicht mehr. Man muss nun das Geld am Einzahlungsautomaten auf den Chip seiner EC-Karte buchen. Dabei werden nicht eindeutig als echt erkannte Scheine „nur unter Vorbehalt“ gebucht. Hat man das geschafft, darf man an den Schalter zu einem Menschen, der dann den Betrag von der Chipkarte aufs Sparbuch schafft. Aber nur das Geld, welches der Automat als eindeutig echt erkannt hat. Der Rest wandert auf mein Girokonto und ich darf es - nachdem es dann geprüft wurde - auf das Sparbuch meiner Tochter überweisen. Natürlich via Online-Banking! In diesem Fall ist der Switch von Mensch zu digital noch ausbaufähig. Anders beim Thema berufliche Fortbildung. Hier lässt sich durch digitales Lernen in der Tat Zeit und Geld sparen, ja sogar Fortbildung und Familie lassen sich, beispielsweise durch die Teilnahme an Live-Webinaren von zu Hause aus, unter einen Hut bringen. Auf den kollegialen Austausch bei Fortbildungsveranstaltungen würde ich persönlich nicht verzichten wollen, habe aber angefangen, zu priorisieren und ziehe heute große Fortbildungskongresse den kleinen Veranstaltungen vor, die ich durch Online-Schulungen ersetze. Auf den großen Kongressen wie beispielsweise der INTERPHARM oder dem DAV-Rezepturgipfel nehme ich viele unterschiedliche Themen mit und kann viele Kolleginnen und Kollegen treffen. Für mich eine gelungene Mischung von digital und Präsenz.
So lernen PTA und Apotheker
Digitale pharmazeutische Fortbildung findet meist auf Learning-Management-Systemen statt, auf denen Kursinhalte in Text-, Bild- und Videoform mit anschließender Prüfung untergebracht sind. Umgangssprachlich sprechen Viele hier von E-Learning. Außerdem beliebt sind Webinare, E-Lectures oder auch die Kombination mit Präsenzseminaren, sogenanntes Blended Learning. Die Apothekerkammern bieten überwiegend E-Lectures und Live-Webinare an. Einige wie beispielsweise die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg bieten spezielle Veranstaltungen an, nach deren Besuch durch eine erfolgreiche Teilnahme an einer Online-Lernerfolgskontrolle ein zusätzlicher Fortbildungspunkt erworben werden kann. Auch nach der INTERPHARM können Sie durch das Absolvieren einer Lernerfolgskontrolle zu den jeweils besuchten Veranstaltungen zusätzliche Punkte sammeln.
Lektionen mit Lernerfolgskontrolle
Lerninhalte in Form von Text-, Bild- oder Videoinhalten mit anschließender Wissensprüfung, umgangssprachlich E-Learnings genannt, sind ebenfalls weit verbreitet, allerdings eher bei privaten Anbietern wie beispielsweise PTAheute.de. Hierbei handelt sich um eine Form des Selbststudiums. Der Apotheker oder die PTA melden sich zunächst mit den persönlichen Daten auf der jeweiligen Plattform an und arbeitet geführt aber selbstständig Lernunterlagen durch. Oft werden ergänzende Videos oder Infografiken angeboten. Am Ende jeder Einheit beantworten die Teilnehmer einen Fragebogen zur Lernerfolgskontrolle. Wie durch Präsenzveranstaltungen können auch mit digitalen Fortbildungen Punkte für das freiwillige Fortbildungszertifikat erworben werden. Fortbildungen, die auf der Bearbeitung von Lerneinheiten und Lektionen beruhen, können – anders als Präsenzveranstaltungen - nur in Verbindung mit einer erfolgreich abgeschlossenen Prüfung anerkannt werden. Ohne Lernerfolgskontrolle zählen diese als sogenannte Maßnahmen zum Selbststudium. Lernerfolgskontrollen auf Multiple-Choice-Basis weisen in der Regel einen auf die Lerneinheit abgestimmten Fragebogen mit einem Umfang von mindestens zehn Fragen auf. Als erfolgreich abgeschlossen gilt die Fortbildung, wenn mindestens 70 % der Fragen richtig beantwortet worden sind. Um den Teilnehmern an Lernerfolgskontrollen gleiche Voraussetzungen und Bedingungen zu gewähren, darf eine Veröffentlichung der richtigen Ergebnisse erst nach Einsendeschluss erfolgen oder es werden aus einem Pool an Fragen ständig wechselnde Fragenkataloge zusammengestellt.
Rechtliche Anmerkungen zu E-Learning mit dem Tablet
Die Idee, sich zu Hause auf dem Sofa fortzubilden und dafür unter Umständen sogar noch ein iPad oder anderes Tablet „umsonst“ zu bekommen, hört sich auf den ersten Blick gar nicht so schlecht an. Ungemütlich wird es, wenn die Apothekenleitung verlangt, dass man diese Fortbildung dann tatsächlich auch als Freizeit (also unbezahlt) betrachten sollte.
Dies entspricht – verbunden mit der Anordnung, regelmäßig an den Fortbildungen teilzunehmen – so nicht den arbeits- und tarifrechtlichen Vorgaben, sagt Minou Hansen, Rechtsanwältin bei ADEXA. Im Bundesrahmentarifvertrag und Rahmentarifvertrag Nordrhein sei jeweils in § 17 Nr. 5 BRTV/RTV festgehalten, dass Fortbildungsveranstaltungen, die der Arbeitgeber anordnet, einschließlich An- und Abreise als Arbeitszeit zu vergüten sind. An- und Abreise entfielen bei der Fortbildung im heimischen Wohnzimmer natürlich, aber die für die Fortbildung selber aufgewendete Zeit sei in jedem Fall Arbeitszeit.
Hier, so Hansen, lauerten natürlich die nächsten Probleme, da ja immer angezweifelt werden könne, welche Zeit tatsächlich nötig war. Wem aber gleich gesagt wird, das sei als Freizeit zu betrachten, brauche auch nicht an etwaigen E-Learning-Programmen teilzunehmen. Wer Bedenken wegen des Datenschutzes habe, soweit es zum Beispiel um Gesichtserkennung geht, sollte dies deutlich dokumentieren. Hier müsse dann eine andere Zugangsmöglichkeit geschaffen werden. Schließlich, so Hansen gebe es auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sicher wissen, dass sie außerhalb der Apotheke nicht werden lernen können: zum Beispiel, weil sie kleine Kinder zu versorgen haben, die ein konzentriertes Arbeiten nicht zulassen. Dann müsse, wenn die Apothekenleitung auf dieser Art der Fortbildung besteht, ein Platz in der Apotheke zum E-Learning geschaffen werden.
(Live-)Webinare
Webinare sind von allen Fortbildungsformaten diejenigen, die mit Präsenzveranstaltungen am ehesten zu vergleichen sind. Das Wort Webinar setzt sich aus den beiden Wörtern „Web“ und „Seminar“ zusammen und bedeutet nichts anderes, als dass die Teilnehmer von zu Hause aus an einer Veranstaltung teilnehmen können. Sie befinden sich in einem virtuellen Schulungsraum, sehen die Präsentation auf Ihrem Bildschirm und hören den Moderator sprechen. Alles, was man benötigt, ist ein PC oder ein Laptop und eine Internetverbindung. Nach der Anmeldung erhalten die Teilnehmer vom Anbieter einen Link per E-Mail, mit dem sie zur Startzeit am Webinar teilnehmen können. Viele Webinare finden „live“ zu einer vorgegebenen Uhrzeit statt. Hier können die Teilnehmer während der Veranstaltung im virtuellen Raum Fragen zum Vortrag über ein Chat-Fenster stellen. Anders als bei „E-Learnings“ müssen die Teilnehmer bei akkreditierten Webinaren keine Lernerfolgskontrolle absolvieren, um den Fortbildungspunkt zu bekommen. Es genügt die Teilnahme am Webinar.
E-Lectures
E-Lectures sind die Zweitverwertung von Live-Webinaren. Meist werden diese einfach als Webinar oder Online-Vortrag bezeichnet. Anders, als beim Live-Webinar befindet sich der Teilnehmer nicht in einem virtuellen Raum und kann auch nicht interagieren. Der Vortrag wird als Videoaufzeichnung angeboten, welches der Teilnehmer zu jeder Zeit anschauen kann. Um bei einer akkreditierten Veranstaltung einen Fortbildungspunkt zu bekommen, müssen nach Ansicht der Aufzeichnung Fragen zur Lernerfolgskontrolle beantwortet werden.
Was wird die Zukunft bringen?
Vor einigen Jahren dachte man, dass E-Learning „die Bildungsform des 21. Jahrhunderts“ sei. Inzwischen geht man eher davon aus, dass E-Learning die traditionellen Bildungsformen wie Präsenzunterricht oder -fortbildung nicht ersetzen kann, sondern als eine sinnvolle Unterstützung fungiert. Durch die Kombination verschiedener Lernformen kann das Lernen optimiert werden. Menschen mit großer Affinität zu Online können durch E-Learning vielleicht die Lerninhalte besser aufnehmen, als Menschen, die lieber Bücher lesen oder Veranstaltungen besuchen. Die Vermittlung von Lernstoffen kann heute unabhängig von der persönlichen Anwesenheit geschehen - muss aber nicht. Gerade die ökonomischen Vorteile von digitalem Lernen sind aber nicht zu unterschätzen. Denn „life-long learning“ bedeutet meistens berufsbegleitendes Lernen, und da ist die Flexibilität hinsichtlich Ort und Zeit besonders wichtig.
Nachteile von E-Learning werden unter anderem darin gesehen, dass viele Teilnehmer erst lernen müssen, mit den verschiedenen Publikationsformen (Webinar-Software etc.) umzugehen, das Lernen am Bildschirm für fast alle Menschen ermüdender als Lernen vom Papier ist und sehr viel Selbstdisziplin und Selbstlernkompetenz nötig sind. Außerdem fehlen beim digitalen Lernen der soziale Kontakt zu Lehrenden und der kollegiale Austausch mit anderen Teilnehmern.
Abschließend kann man sagen, dass das Eine das Andere vermutlich so schnell nicht ersetzen wird. Blended Learning - die Kombination der Vorteile des Präsenzunterrichts mit denen des mediengestützten Lernens und das Vermeiden der Nachteile beider Methoden wird Apotheken zukunftssicher machen.