Mythen und Fakten über Zecken
Zecken sind Parasiten, die sich mit dem Blut von Menschen und Tieren vollsaugen. Das klingt wenig sympathisch, zumal durch den Stich auch Krankheitserreger übertragen werden können. Das kommt in Deutschland aber seltener vor als vielleicht von einigen angenommen.
Was Sie über Zecken wissen sollten, klären wir anhand der wichtigsten Fragen:
Stechen Zecken oder beißen sie?
Zecken stechen, denn sie verfügen über einen Stech- und Saugapparat. Der besteht aus zwei scherenartigen Mundwerkzeugen (Cheliceren). Mit denen schneiden oder reißen die Zecken die Haut des Wirtes auf. Mit dem Hypostom stechen sie.
Sind Zeckenstiche sehr gefährlich?
Eher nicht.
Manchmal wird dramatisch über Zecken berichtet. Dabei halten sich Gesundheitsgefahren, die von den Spinnentieren ausgehen können, für Menschen in Grenzen, heißt es beim Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen.
Die Wahrscheinlichkeit, nach einem Zeckenstich schwere und langfristige Schäden davonzutragen, sei sehr gering. Komplett ausgeschlossen sind solche Folgen aber nicht. Deshalb sollten sich Menschen von Frühjahr bis Herbst in freier Natur vor Zecken schützen.
Gibt es Stellen, an denen Zecken besonders gerne zustechen?
Zecken suchen sich gerne geschützte Stellen. Hintergrund ist, dass sie mehrere Tage zum Saugen benötigen und Gefahr laufen, dabei „gestört“ zu werden. Bei Menschen bevorzugen sie daher den Haaransatz oder die Ohren sowie Hals, Achseln, Ellenbeuge, Bauchnabel, Genitalbereich oder Kniekehle. Aber auch unter enganliegender Kleidung fühlen sie sich offenbar sicher: So sind auch Stiche, wo die Hose aufliegt oder unter dem Uhrenarmband nicht selten.
Die Zecke sticht übrigens nicht sofort zu, wenn sie auf dem Wirt angelangt ist. Sie läuft bis zu einer Stunde oder länger umher, um eine passende Stelle zu finden. Das zeigt, wie essenziell die Wahl der richtigen Stelle für das Überleben der Zecke ist.
Kann man sich denn gar nicht vor Zecken schützen?
Doch, kann man.
Meist reichen schon ganz einfache Mittel wie langärmelige Hemden, lange Hosen, feste Schuhe und Socken, um sich in freier Natur vor Zecken zu schützen. Günstig ist es, sich in der „Wildnis“ die Socken über die Hosenbeine zu ziehen. Dann können die Parasiten deutlich schwerer Hautstellen finden, zustechen und Blut saugen. Es gibt zudem – ähnlich wie gegen Mücken – chemische Abwehrmittel, die zeitlich beschränkt wirken.
Fallen Zecken von Bäumen?
Nein, tun sie nicht.
Sie sitzen im Gras, auf Buschzweigen und im Unterholz – meist in einer Höhe von 30 bis 60 Zentimetern. Kommen Warmblüter wie Hunde oder Menschen vorbei, lässt sich die Zecke abstreifen. Das 2- bis 3-jährige Leben des Gemeinen Holzbocks, die am häufigsten in Deutschland vorkommende Zeckenart, besteht fast ausschließlich aus Warten und Lauern.
Gibt es eine Zeckensaison?
Zecken sind ab einer Temperatur von 8 Grad aktiv. Langanhaltende Trockenheit bremst zumindest den Gemeinen Holzbock, der Borrelien und FSME übertragen kann, in seiner Aktivität. Die Übertragungswahrscheinlichkeit dieser Krankheiten hängt mit der Aktivität der bakterien- beziehungsweise virustragenden Zecken zusammen. Bei warmer Witterung können Infektionen vereinzelt auch im Winter auftreten.
Übertragen alle Zeckenarten gefährliche Krankheitserreger?
Nein.
Im Blut von Mensch und Tier können Krankheitserreger vorkommen, die sich auf die saugende Zecke übertragen und später weitergegeben werden können. Aber wie häufig passiert das?
Bakterien: Dazu gehören zum Beispiel die Borrelien. Rund 30 Prozent des Gemeinen Holzbocks sind Borrelien-Träger, heißt es bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Borrelien kommen im Mitteldarm von Holzböcken vor. Darum dauert es mehrere Stunden, bis sie nach einem Stich in den menschlichen Organismus gelangen können. Wird eine Zecke recht schnell auf der Haut entdeckt und entfernt, droht also eher keine Gefahr.
Kommt es zu einer Infektion beim Menschen (Lyme-Borreliose), zeigt sich das häufig in einer juckenden Rötung rund um die Einstichstelle. Doch nicht jeder, der durch einen Zeckenstich mit Borrelien in Kontakt kommt, wird auch tatsächlich krank. Oft kann der Körper die Bakterien in Schach halten. Wirklich krank werden nach RKI-Berechnungen 0,3 bis 1,4 Prozent der Menschen, die von einer Zecke gestochen werden.
Viren: Die zweite häufig von Zecken übertragene Krankheit ist eine Form von Hirn- oder Rückenmarkentzündung, die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), die sich akut oft durch hohes Fieber zeigt. Gegen das Virus, das in den Speicheldrüsen der Parasiten sitzt und deshalb schnell übertragen wird, gibt es eine Impfung. Sie wird vor allem für Risikogebiete empfohlen. Dazu zählen in Deutschland vor allem Baden-Württemberg und Bayern, aber auch Teile von Hessen, Thüringen und Sachsen sowie einzelne Landkreise in anderen Bundesländern.
Neben dem Gemeinen Holzbock können auch Auwaldzecken Krankheiten übertragen, zum Beispiel Babesien, FSME-Viren und Rickettsien. Sie befallen aber selten Menschen. Für Reliktzecken ist für Deutschland laut RKI noch keine Übertragung von Krankheitserregern beschrieben. Die Zecke gilt aber als Überträger verschiedener Erreger. Auwald- oder Reliktzecken sind selten und machen nach Untersuchungen des Robert Koch-Instituts etwa 1 bis 2 Prozent der Zeckenstiche aus.
Bringt der Klimawandel immer mehr und gefährlichere Zeckenarten nach Deutschland?
Noch unklar.
Wärmere Winter machen nichtheimischen Zecken das Überleben in Deutschland leichter. In den vergangenen Jahren wurden nach Angaben des Robert Koch-Instituts neu vorkommende Arten wie Auwaldzecken, Reliktzecken, Braune Hundezecken und Zecken der Gattung Hyalomma beobachtet.
Wissenschaftler gehen davon aus, dass jedes Jahr Millionen von Hyalomma-Larven oder jugendliche Tiere (Nymphen) mit Zugvögeln nach Deutschland gelangen. Trotzdem würden vergleichsweise wenige ausgewachsene Hyalomma-Zecken gefunden.
Auch wenn bereits vereinzelt Nymphen gefunden wurden, die in Deutschland geschlüpft sein müssen, sei bislang unklar, ob langfristig eine Hyalomma-Population in Deutschland entstehen kann. Weiter steigende Temperaturen und eine zunehmend geringere Luftfeuchtigkeit könnten jedoch dazu beitragen.
Veränderungen, die das ökologische Gleichgewicht stören können, sind durch eine Ausbreitung der neuen Zeckenarten auch in Deutschland nicht ausgeschlossen. Auwald- oder Reliktzecken machen hierzulande nach Untersuchungen des Robert Koch-Instituts bisher nur etwa ein bis zwei Prozent der Zeckenstiche aus. Anders als Holzböcke krabbeln Auwald-, Relikt- und Hyalomma-Zecken aber aktiv auf Menschen und andere potenzielle Beute zu.
Warum ist es wichtig, nach dem Aufenthalt im Freien nach Zecken zu suchen?
Das ist aus mehreren Gründen der Fall:
Zum einen stechen Zecken nicht sofort zu, sondern suchen erst nach der besten Stelle. Das heißt, man kann sie eventuell noch entfernen, bevor sie stechen. Auch Abduschen kann unter Umständen helfen.
Zudem dauert es nach dem Stich ein bis zwei Tage, bevor Borrelien übertragen werden. Das rechtzeitige Entfernen vermindert also das Infektionsrisiko. Die Übertragung von FSME-Viren erfolgt dagegen schon innerhalb kurzer Zeit nach dem Stich.
Wie wird eine Zecke richtig entfernt?
Die Zecke sollte nach dem Stich so bald wie möglich herausgezogen werden. Das minimiert das Infektionsrisiko. Um eine Entzündung zu vermeiden, ist es wichtig, möglichst alle Teile der Zecke zu entfernen. Zudem gibt das RKI folgende Hinweise:
- Die Zecke an ihren Mundwerkzeugen nahe der Hautoberfläche greifen – niemals am Körper!
- Langsam und gerade aus der Haut ziehen. Möglichst wenig drehen.
Ist die Zecke entfernt, wird empfohlen, die Wunde zu desinfizieren.
Auf den Internetseiten des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit gibt es eine bebilderte Anleitung „Entfernung einer Zecke“.
Ist es empfehlenswert, Klebstoff oder Öl vor dem Entfernen auf die Zecke zu träufeln?
Laut RKI auf keinen Fall.
Dies würde das Tier unnötig reizen und könnte dazu führen, dass es seinen Speichel und somit mögliche Infektionserreger abgibt, so die Begründung.
Was ist nach dem Zeckenstich wichtig?
Hinterher sollte die Einstichstelle regelmäßig beobachtet werden, um die Ausbildung eines Erythema migrans zu erkennen. Es stellt einen frühen Hinweis auf eine beginnende Borreliose dar.
Warnzeichen sind eine deutliche ringförmige Hautrötung, typischerweise im Zentrum blasser als am Rand, die nach einigen Tagen auftritt und sich ausweitet. Dann sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden.
Bei manchen gibt es nur eine unspezifische Rötung, die wandert. Ein Foto von der Einstichstelle kann hilfreich sein. Eine Antibiotikatherapie ist erst bei einem begründeten Borrelioseverdacht (Wanderröte und/oder neurologische Symptome oder massive Gelenkschwellung) angezeigt. Auf Verdacht wird sie nicht empfohlen.
Grippeähnliche Symptome wie Fieber, Abgeschlagenheit, Unwohlsein, Kopfschmerzen oder Gliederschmerzen, die sieben bis 14 Tage nach einem Stich in einem FSME-Risikogebiet auftreten, sollten ebenfalls beim Arzt abgeklärt werden.
Ist es sinnvoll, die Zecke untersuchen zu lassen?
Nein.
Selbst wenn bei der Zecke Borrelien oder FSME-Viren nachgewiesen werden, heißt das nicht, dass die betroffene Person auch infiziert ist. Daher erachtet das RKI eine Untersuchung von Zecken auf Infektionserreger wie Borrelien oder FSME-Viren nicht als sinnvoll.
Zudem sind die verwendeten Untersuchungsmethoden unterschiedlich empfindlich, somit lässt sich auch bei einem negativen Befund keine 100-prozentige Entwarnung geben.
Da für FSME ohnehin keine spezifische Therapie existiert, würde ein positiver Befund bei einer Zecke ohnehin keine prophylaktischen Maßnahmen nach sich ziehen.
Wie hoch ist das Risiko, sich zu infizieren?
Auch in Risiko-Gebieten ist die Gefahr einer Infektion gering, denn auch dort sind nur wenige Zecken mit dem FSME-Virus infiziert. So tragen in Risikogebieten 0,1 bis 5 Prozent der Zecken FSME-Viren in sich. Ein Erkrankungsrisiko nach einem Stich lässt sich nicht ableiten. Oft verläuft die Infektion auch ohne sichtbare oder mit milden Symptomen.
In manchen Gegenden können bis zu 30 Prozent der Zecken Borrelien in sich tragen. Untersuchungen aus Deutschland und der Schweiz zufolge wurden nach einem Zeckenstich bei 2,6 bis 5,6 Prozent der Betroffenen Borrelien-Antikörper nachgewiesen. Allerdings ist nur ein kleiner Teil der Infizierten erkrankt. Insgesamt ist bei 0,3 bis 1,4 Prozent der Zeckenstiche mit Krankheitssymptomen zu rechnen.
Wenn eine Schwangere von einer Zecke gestochen wird, besteht ein Risiko für das Kind?
Eventuell.
Bei FSME scheint die Übertragung auf das Ungeborene möglich. Beschrieben wurden derartige Fälle laut RKI aber bislang nicht. Dasselbe gilt für einen von einer infizierten Mutter gestillten Säugling.
Frauen, die in einem FSME-Risikogebiet mit Zecken in Kontakt kommen könnten, sollten möglichst noch vor ihrer Schwangerschaft vollständig geimpft werden, empfiehlt das RKI. Das würde nämlich nicht nur vor einer potenziellen Übertragung von der Mutter schützen, sondern vermutlich auch für einen zumindest vorübergehenden Nestschutz nach der Geburt sorgen.