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So funktioniert securPharm: Aktiv gegen Fälschungen

Bild: Maica – iStockphoto.com; securPharm

Die Vertriebskette für Arzneimittel in Deutschland ist erfahrungsgemäß sehr sicher und doch sind in den letzten Jahren immer wieder Arzneimittelfälschungen bei Großhändlern, Apotheken oder Patienten aufgefallen. Es handelt sich zwar nur um sehr wenige Fälle im Vergleich zu den enorm vielen Arzneimittelfälschungen in den illegalen Vertriebswegen, aber die grundsätzliche Gefahr ist deutlich erkennbar. Um die legale Vertriebskette auch künftig sicher zu halten oder sogar noch sicherer zu machen, hat die Europäische Union schon vor Jahren neue Sicherheitsmaßnahmen geplant. Die Grundlage dafür bildet die Richtlinie 2011/62/ EU, die zwei Sicherheitsmerkmale für Arzneimittel fordert. Dies sind erstens ein Merkmal, mit dem jede einzelne Packung identifiziert und ihre Echtheit geprüft werden kann, und zweitens eine Vorrichtung, mit der Manipulationen an der äußeren Verpackung erkannt werden können. Wie die EU-Mitgliedsstaaten diese Vorschrift umsetzen, bleibt allerdings weitgehend den einzelnen Staaten überlassen. Weitere Detailregelungen wurden am 9. Februar 2016 verabschiedet. Daraufhin haben die Mitgliedsstaaten nun bis zum 9. Februar 2019 Zeit, ein System nach diesen Regeln in Betrieb zu nehmen. In Deutschland wird dazu ein System mit dem Namen securPharm eingeführt.

Welche Arzneimittel sind betroffen?

Fast alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel mit nur wenigen Ausnahmen werden von den neuen Sicherheitsmaßnahmen betroffen sein. Von den übrigen apothekenpflichtigen Arzneimitteln werden nur Produkte mit 20 oder 40 mg Omeprazol einbezogen, da die bisher einzigen Fälschungen nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel in der legalen Lieferkette in Europa diesen Wirkstoff betroffen haben.

Das Wichtigste in Kürze

  • Das neue Sicherheitssystem in Deutschland heißt securPharm.
  • Bis Ende des Jahres 2018 sollen alle Apotheken in Deutschland an den bereits laufenden Probebetrieb angeschlossen werden. Ab 9. Februar 2019 ist securPharm Pflicht in allen deutschen Apotheken.
  • Fast alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel bekommen ein Siegel, das beim Öffnen der Packung zerstört wird und vor Manipulationen schützt.
  • Jede Packung erhält eine Nummer und einen zweidimensionalen Data-Matrix-Code, der mit einem 2D-Scanner gelesen werden kann.

Siegel und Nummer für jede Packung

Im Rahmen von securPharm erhalten alle betroffenen Arzneimittel ein Siegel, das beim Öffnen der Packung verletzt wird. Außerdem erhält jede Packung eine eigene Nummer, mit der sie individuell identifizierbar ist. Diese wird als lesbare Ziffernfolge auf die Packung gedruckt und zusätzlich zusammen mit der Pharmazentralnummer, der Chargenbezeichnung und dem Verfalldatum in einem maschinenlesbaren zweidimensionalen Data-Matrix-Code abgebildet. Dieser Code ähnelt den von Smartphones bekannten QR-Codes. Apotheken benötigen einen 2D-Scanner, um den neuen Sicherheitscode auf den Arzneimittelverpackungen lesen zu können.

Vorteil: Kontrolle erfolgt über zwei Datenbanken

Der Arzneimittelhersteller speichert die Nummern aller Packungen in einer zentralen Datenbank der Hersteller. Wenn eine Packung in einer Apotheke gescannt wird, sendet die Apotheke die Packungsnummer über das Internet an eine Datenbank der Apotheken, die sie wiederum an die Datenbank der Hersteller weiterleitet. Dort wird geprüft, ob die Arzneimittelnummer bekannt ist. In diesem Fall erhält die Apotheke eine Bestätigung über die Echtheit der Packung. Wird diese Packung in der Apotheke abgegeben, wird sie parallel dazu aus der Datenbank ausgebucht. Falls dieselbe Nummer ein weiteres Mal gescannt wird, sendet die Datenbank eine Warnung. In einem solchen Fall ist die Arzneimittelpackung vermutlich eine Fälschung – oder die zuerst abgegebene Packung mit dieser Nummer war gefälscht. Im neuen Sicherheitssystem kommt jede Nummer nur ein Mal vor. Der umständlich erscheinende Weg über zwei Datenbanken bietet einen großen Vorteil: In der Datenbank der Hersteller ist nicht zu erkennen, welche Apotheke eine bestimmte Packung ausbucht. Die Hersteller werden also nicht die Umsätze einzelner Apotheken mit ihren Produkten kontrollieren können.

Abfragen oder Ausbuchen

Auch die Unterscheidung zwischen Abfragen und Ausbuchen ist wichtig. Dies sind zwei unterschiedliche Vorgänge. Eine Apotheke kann mehrmals die Echtheit einer Packung kontrollieren und selbstverständlich kann auch der Großhandel die Packungen prüfen. Das Ausbuchen dagegen darf nur einmal stattfinden und nur in Verbindung mit der Abgabe an den Patienten geschehen. Davon unabhängig kann es gute Gründe geben, eine Packung schon lange vor der Abgabe zu prüfen, beispielsweise bei einem Fälschungsverdacht oder als Routinevorgang im Wareneingang. Der neue zweidimensionale Matrix-Code wird den Wareneingang erleichtern, da das Verfalldatum automatisch in die Apotheken-EDV übernommen werden kann. In diesem Schritt kann gleichzeitig direkt die Nummer der Packung abgefragt werden, damit eine Fälschung nicht erst bei der Abgabe erkannt wird. Damit wird securPharm sowohl den Wareneingang als auch den Abgabevorgang verändern. Manche Experten meinen, dass Kunden in einigen Jahren eine Echtheitsabfrage in ihrer Gegenwart als selbstverständlich erwarten werden. Dies könnte zu einem neuen Vorteil für Vor-Ort-Apotheken gegenüber Versandapotheken werden.

Was passiert am Stichtag?

Ab dem Stichtag 9. Februar 2019 dürfen Arzneimittelhersteller die betroffenen Arzneimittel nur noch mit den neuen Sicherheitsmerkmalen freigeben. Apotheken müssen diese Packungen ab diesem Datum elektronisch prüfen und aus der Datenbank ausbuchen. Die am Stichtag bereits bei Herstellern, Großhändlern und Apotheken gelagerten Arzneimittel bleiben weiterhin im Handel. Nach dem 9. Februar 2019 werden also nur langsam immer mehr Packungen mit den neuen Merkmalen im Wareneingang und im Handverkauf vorkommen. Für die übrigen Packungen bleibt alles wie bisher. Bei den üblichen fünf Jahren Laufzeit dürften die letzten Packungen ohne Sicherheitsmerkmale erst im Februar 2024 abgegeben werden. Die wichtigste Frage für den Apothekenalltag ist derzeit, wie die Apotheken in das securPharm-System einsteigen. Schon seit November erproben 400 Apotheken, fünf Softwareanbieter und 160 Hersteller das System im Testbetrieb. Die übrigen Apotheken und Hersteller sollen im Laufe von 2018 in das System aufgenommen werden. Wenn Packungen mit den neuen Merkmalen an bereits angeschlossene Apotheken geliefert werden, sollen diese möglichst nach den neuen Regeln bearbeitet werden. Dies ist sinnvoll, damit alle Beteiligten das System testen können, es ist aber bis zum Stichtag nicht verpflichtend.

Wie erkläre ich es meinem Kunden?

  • „Immer wieder kommen trotz vieler Sicherheitsmaßnahmen Arzneimittelfälschungen in den Umlauf.“
  • „Um Arzneimittelfälschung auch in Zukunft zu verhindern, gibt es ein neues Sicherheitssystem namens securPharm. Es ist bereits im Probebetrieb und wird ab 9. Februar 2019 Pflicht in allen Apotheken.“
  • „Verschreibungspflichtige Arzneimittel bekommen ein Siegel, eine Nummer und einen zweidimensionalen Data-Matrix-Code, der mit einem 2DScanner in der Apotheke gelesen werden kann.“
  • „Jedes Arzneimittel kann mit dem neuen securPharm-Sicherheitssystem eindeutig identifiziert werden.“

Voraussetzungen für Apotheken

Damit Apotheken an securPharm teilnehmen können, benötigen sie 2D-Scanner zumindest im Handverkauf, aber möglichst auch im Wareneingang, die betreffende Software, einen Internetanschluss und einen apothekenindividuellen Zugang zum securPharm-System. Diesen Zugang bietet die Netzgesellschaft Deutscher Apotheker (NGDA), die für diesen Zweck das N-Ident-Verfahren entwickelt hat. Jede Apotheke muss sich dazu bei der NGDA anmelden. Damit wird sichergestellt, dass wirklich nur Apotheken Zugang zum System bekommen. Apothekenleiter sollten daher jetzt mit ihrem Softwareanbieter klären, wann die Apotheke alle Voraussetzungen erfüllt, und dann gemeinsam mit dem Softwareanbieter die Anmeldung bei der NGDA vornehmen. Die Betreiber von securPharm erwarten auf diese Weise einen gleitenden Übergang vom Testbetrieb zum Pflichtbetrieb.

Freiwillige Testphase vor dem Pflichtbetrieb

Die meisten Fragen zum Umgang mit dem securPharm-System sollen möglichst schon im Testbetrieb geklärt werden. Besonders wichtig für die Praxis erscheint der Umgang mit Irrtümern. Wenn eine Packung fälschlicherweise ausgebucht wird, kann sie innerhalb von zehn Tagen wieder eingebucht werden. Dies kann beispielsweise nötig werden, wenn ein Patient am Ende eines Beratungsgespräches eine Packung ablehnt, weil er nach einigem Überlegen meint, das falsche Arzneimittel erhalten zu haben. Außerdem muss das Vorgehen bei Störungen der Internetverbindung geübt werden. Die in dieser Zeit abgegebenen Arzneimittel müssen nachträglich ausgebucht werden, damit die Datenbank wieder auf dem richtigen Stand ist. Wie die Packungsnummern in der eigenen Apotheken-EDV zwischengespeichert werden oder ob handschriftliche Notizen als Notlösung bei Internetstörungen besser sind, wird jedes Team ausprobieren müssen. Das spricht dafür, rechtzeitig vor dem 9. Februar 2019 in das securPharm-Sicherheitssystem einzusteigen. Denn bis zum Stichtag sind Fehler bei der Umsetzung kein Problem, sondern Gelegenheiten zur Entwicklung des Systems.

Spezieller Netzzugang für Apotheken

Neben dem Sicherheitsgewinn verspricht das System einen weiteren Vorteil, der zunächst gar nicht geplant war. Um das System möglich zu machen, musste mit dem N-Ident-Verfahren ein spezielles Identifikationsverfahren für Apotheken im Internet geschaffen werden. Doch das Verfahren kann mehr. Da es nun existiert, bietet es sich künftig für weitere Nutzungen an. Dies wird voraussichtlich die Entwicklung von Internetanwendungen für Apotheken erleichtern, weil der sichere Zugang schon geklärt ist. Anstatt sich bei den unterschiedlichsten Anwendungen über unzählige Passwörter zu identifizieren, wäre über diesen Zugang sofort sichergestellt, dass die Anfrage von einer Apotheke kommt. Möglicherweise bringt dies auch die Kommunikation mit Ärzten und auch der Apotheken untereinander voran.