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Sind Valsartan-Amlodipin-Generika vom Markt?

Bild: Picture alliance

In den vergangenen Tagen war aus einigen Apotheken zu hören, dass eine bestimmte Generika-Wirkstoffkombination nicht mehr lieferbar ist. Immer wieder sollen Generika mit der Blutdruck-Kombination aus Amlodipin und Valsartan in der Apothekensoftware rot gekennzeichnet gewesen sein. Insbesondere die Teva-Töchter Ratiopharm und ABZ sollen den Vertrieb ihrer Generika eingestellt haben. Auf Nachfrage bei ihren Großhändlern bekamen einige Pharmazeuten eine erstaunliche Antwort: Die Generika-Konzerne hätten die Kombination schlichtweg vom Markt genommen – einen Grund dafür erfuhren die Apotheker aber nicht. Ratiopharm und ABZ vertreiben Valsartan/Amlodipin in mehreren Wirkstärken seit Februar 2017 als Generikum. Für viele Blutdruck-Patienten ist die Kombination ein wichtiges Arzneimittel: Der Schweizer Pharmakonzern Novartis hatte für sein Original Exforge® 2007 in Studien gezeigt, dass bei vielen Blutdruck-Patienten ein Wirkstoff zur adäquaten Kontrolle des Blutdrucks nicht ausreicht. Durch die Kombination Amlodipin/Valsartan wurden im Gesamtkollektiv der Studie die Blutdruckwerte – systolisch bzw. diastolisch – im Mittel um 35,8 mmHg bzw. 28,6 mmHg reduziert.

Amlodipin/Valsartan vorteilhaft für viele Blutdruck-Patienten

Fixkombinationen verschiedener Substanzklassen haben zudem den Vorteil, zwei verschiedene Wirkmechanismen zu nutzen, ohne dass eine zusätzliche Tabletteneinnahme nötig ist. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Patienten ihre Blutdruckpräparate regelmäßig einnehmen und die Therapie länger durchhalten. Kurzum: Die Kombination Amlodipin/Valsartan ist kein selten vorkommendes Mittel, es wird relativ häufig verordnet.

Aber worum dreht sich der Streit zwischen Novartis und den Generika-Herstellern eigentlich? Auf Nachfrage von DAZ.online beim Ulmer Generika-Konzern Ratiopharm teilte eine Sprecherin mit, dass die beiden Teva-Töchter ihre Generika vom Markt nehmen mussten, weil es eine „patenrechtliche Streitigkeit“ mit der Novartis AG gebe. Eine Nachfrage beim Schweizer Pharmakonzern Novartis bringt etwas mehr Licht ins Dunkel. Das Unternehmen teilt mit: „Die Novartis Pharma AG hat vor dem Europäischen Patentamt erfolgreich ihr Exforge®-Patent verteidigt. Dieses schützt Fixkombinationspräparate mit den Wirkstoffen Valsartan und Amlodipin zur Behandlung von Hypertonie. Seit dem 1. Februar 2017 bieten in Deutschland zwei Generikahersteller (Ratiopharm und AbZ Pharma) Produkte mit der geschützten Fixkombination zur Behandlung von Bluthochdruck an. Aus Sicht von Novartis wird dadurch das bestehende Patent, welches noch bis zum Juli 2019 Gültigkeit hat, verletzt.“

Rabattverträge aller Kassen nicht mehr belieferbar

In erster Instanz hat das Europäische Patentamt den Schweizern nun recht gegeben. Vom Oberlandesgericht Düsseldorf wurde nun die einstweilige Verfügung ausgesprochen. Das hat zur Folge, dass alle Generika-Anbieter ihre Produkte sofort vom Markt nehmen müssen. Neben Ratiopharm und AbZ gibt es die Kombination als Generikum auch von 1a Pharma und Hexal. Für die Patienten in Deutschland hat aber insbesondere der Vertriebsstopp der Ratiopharm-Kombination weitreichende Folgen.

Denn nur wenige Monate nachdem Ratiopharm/AbZ die Generika im Februar 2017 auf den Markt brachten, schlossen fast alle Krankenkassen im Land flächendeckend Rabattverträge mit den beiden Unternehmen ab. Viele große Kassen, wie die TK, die DAK oder die KKH, haben die Wirkstoffkombination in Mehrfachverträgen ausgeschrieben. Der Kassendienstleister Spektrum K hat das Kombinationspräparat nach Informationen von DAZ.online allerdings exklusiv für mehrere Kassen abgeschlossen. Demnach gilt der Spektrum-K-Vertrag für ganze 60 Krankenkassen, darunter auch große Betriebskrankenkassen wie die BKK VBU oder auch Ersatzkassen wie die Hanseatische Krankenkasse (HEK).

Vorerst nur noch das Original abgeben

Auf die Frage, wie die Apotheker auf entsprechende Verordnungen reagieren sollen, teilte Novartis mit: „Das Europäische Patentamt hat in erster Instanz die Rechtsgültigkeit des Patents bestätigt. Die Marktrücknahme der Generika ist daher kurzfristig zu erwarten und wird bereits in der Aktualisierung der Lauertaxe zum 15. Januar abgebildet sein. Die Patientenversorgung ist durch diesen Prozess nicht gefährdet, das Original ist uneingeschränkt verfügbar.“

Die Teva-Töchter Ratiopharm und AbZ wollen ihre Generika aber nicht aufgeben. Eine Sprecherin teilte mit: „Ratiopharm und AbZ sind der Ansicht, dass sich das geltend gemachte Patent, welches kürzlich von der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes aufrechterhalten wurde, in einem künftigen Beschwerdeverfahren vor der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes als nicht rechtsbeständig erweisen wird. Daher wird Teva (bzw. angehörige Unternehmen) Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung einlegen.“