Aktuelles
8 min merken gemerkt Artikel drucken

Durchfall und Erbrechen Teil 1: Orale Rehydratation bei Kleinkindern 

Foto: KatarzynaBialasiewicz - iStockphoto.com

Informationen zu Rotaviren

Rotaviren verursachen die umgangssprachlich als Magen-Darm-Grippen bezeichneten Brechdurchfälle. Die Patienten leiden unter wässrigen, nicht-blutigen Durchfällen, die mit Erbrechen und Fieber einhergehen. Rotaviren sind für die meisten viralen Durchfallerkrankungen bei Säuglingen und Kleinkindern verantwortlich. 40 Prozent der akuten Durchfallerkrankungen in den ersten fünf Lebensjahren gehen auf  das Konto von Rotaviren, für weitere 30 Prozent sind vorwiegend Noro- und Adenoviren verantwortlich. Vor allem Kinder im Alter von sechs Monaten bis zwei Jahren erkranken an Rotaviren: Warum ist das so? Das Immunsystem von Säuglingen und Kleinkindern ist weniger gut gewappnet und Kinder in diesem Alter sind für die Viren folglich besonders anfällig. Allerdings lernt das Immunsystem recht schnell – durch wiederholte Infektionen mit Rotaviren entwickeln die kleinen Patienten relativ rasch eine spezifische Abwehr. Das schützt zumindest ältere Kinder und Erwachsene verstärkt vor Rotaviren. Erkranken Erwachsene an Rotaviren, haben sie sich meist bei ihren Kindern angesteckt. In der Regel verlaufen Durchfall und Erbrechen deutlich milder als im Kindesalter. 

Inkubationszeit und Dauer der Rotaviren-Diarrhö 

Wie lange dauert es von der Infektion bis zum Auftreten der ersten Symptome? Die Inkubationszeit für Rotaviren liegt bei einem bis drei Tage, meist dauert die Erkrankung dann weitere vier bis sieben Tage. Ansteckend sind die Rotavirus-Infizierten während der Dauer der akuten Erkrankung und so lange sie das Virus aktiv ausscheiden. In der Regel sind das acht Tage. 

Impfung gegen Rotaviren 

Bereits seit Juli 2013 empfiehlt die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO) die routinemäßige Impfung gegen Rotaviren, und zwar bereits für Säuglinge unter sechs Wochen. Es ist die erste Impfung, die die Babys erhalten sollten. Mit Rotarix und RotaTeq stehen in Deutschland zwei orale Schluckimpfungen mit einem Lebendimpfstoff zur Verfügung. Die Impfkaskade beginnt optimalerweise ab einem Alter von sechs Wochen. Die Rotavirus-Impfung sollte spätestens jedoch mit zwölf Wochen beginnen und bei Rotarix mit Woche 16 (zwei Impfungen im Abstand von mindestens vier Wochen) und bei RotaTeq bis Woche 20 bis 22 (drei Impfungen im Abstand von mindestens je vier Wochen) abgeschlossen sein.

Wichtigste Maßnahme bei Durchfall und Erbrechen: Orale Rehydratation

Die Flüssigkeitsmenge und Salze, die der Körper bei Erbrechen und gleichzeitigem Durchfall verliert, können enorm sein. Sie können das Dreifache des zirkulierenden Blutvolumens ausmachen –  80 bis 250 ml pro Kilogramm Körpergewicht und Tag (zirkulierendes Blutvolumen Neugeborenes: 80 ml pro Kilogramm Körpergewicht). Je jünger das Kind ist, umso größer ist das Risiko, dass sich durch Wasser- und Elektrolytverluste eine Dehydration entwickelt. Eine gewisse Zeit kann der Körper diesen Verlust ausgleichen, indem er dem Zellinneren Flüssigkeit entzieht, um so das zirkulierende Blutvolumen konstant zu halten. Langfristig droht der Patient jedoch auszutrocknen. Dem Ausgleich dieses Salz- und Flüssigkeitsverlustes kommt bei Brechdurchfällen somit die größte Bedeutung zu. Meist sind bei Diarrhöen zwar die Ausscheidungsprozesse im Darm gestört, die Resorption funktioniert jedoch, sodass durch Gabe von Elektrolyten und Flüssigkeit das Defizit ersetzt werden kann.

Oralpädon und Infectodiarrstopp LGG – was sind die Unterschiede?

Orale Rehydratationslösungen gibt es als fertige Arzneimittel in der Apotheke. Ihre wichtigsten Bestandteile sind Natrium, Kalium, Glukose und Citrat. Da die Natriumaufnahme von der Glukose abhängig ist, funktioniert nur die gleichzeitige Einnahme von Natrium gemeinsam mit Glukose. Das Wasser wird in der Folge automatisch – aus osmotischen Gründen – nachgezogen. Die Bestandteile Kalium und Citrat sollen hohen Kaliumverlusten und der durchfallbedingten Gefahr einer metabolischen Acidose vorbeugen. Präparate zur oralen Rehydratation bietet die Apotheke speziell für Säuglinge und Kleinkinder, die bekanntesten, die wohl in fast keiner Apotheke fehlen, sind Infectodiarrstopp LGG und Oralpädon. Worin unterscheiden sich die beiden Arzneimittel? 

Stada bietet Oralpädon als neutrale Zucker-Elektrolytmischung oder in den Geschmacksrichtungen Erdbeere und Apfel-Banane an. Innerhalb 24 Stunden sollten Säuglinge und Kleinkinder mit drei bis fünf Beuteln Oralpädon auf das ein- bis anderthalbfache ihrer normalen Trinkmenge kommen. Die Eltern der erkrankten Kinder lösen einen Beutel in 200 ml Trinkwasser oder frisch abgekochtem, aber abgekühltem Wasser auf. Wichtig ist: Die Lösung soll unmittelbar vor Gebrauch hergestellt werden. Nicht verbrauchte Lösung können die Eltern allerdings bei Aufbewahrung im Kühlschrank noch maximal 24 Stunden verabreichen. Anschließend muss sie verworfen werden. Oralpädon scheint mit 470 mg Natriumchlorid und 3200 mg Glucose im Vergleich zu Infectodiarrstopp LGG mit 200 mg Natriumchlorid und 3072 mg Glucose etwas höher konzentriert. Kann das sein? Beim Kalium und Citrat enthalten beiden Präparate die gleiche Menge. Doch der schnell Blick trügt: Oralpädon und Infectodiarrstopp LGG sind hinsichtlich Glucose und Elektrolyte durchaus vergleichbar; so enthält Infectodiarrstopp zusätzliches Natrium beispielsweise in Form von Natrium-Aspartam, so dass letztlich gleiche Elektrolytwerte für beide Präparate resultieren. Einen großen Unterschied gibt es dennoch.

Infectodiarrstopp LGG: Benefit durch lebende Bakterien

Infectopharm hat Infectodiarrstopp LGG geschmacksneutral oder mit Kirsch- beziehungsweise Bananenaroma im Portfolio. Infectodiarrstopp LGG ist ein Kombinationspräparat aus Elektrolyten und Bakterien und als Doppelkammerbeutel gestaltet. Ein Beutel enthält die Elektrolyte Natrium und Kalium, zusätzlich Glukose und Citrat – vergleichbar Oralpädon. Der zweite Beutel macht den Unterschied: In ihm sind gefriergetrocknete, lebensfähige Lactobacillen (Lactobacillus rhamnosus GG). Als natürliche Bewohner der menschlichen Darmflora sollen sie die Anheftung krankmachender Keime an die Darmschleimhaut verhindern. Wegen der enthaltenen Bakterien muss Infectodiarrstopp LGG im Kühlschrank gelagert werden. 

Auch hier suspendieren die Eltern die Inhalte beider Kammern gemeinsam in etwa 200 ml Wasser. Fruchtsäfte, Tee oder heiße Getränke sind tabu, da diese die Lebensfähigkeit der Bakterien einschränken können. Im Beratungsgespräch können Sie die Eltern darauf hinweisen, dass Schwebstoffe nach der Zubereitung im Glas normal sind und die zubereitete Suspension natürlicherweise trüb ist. Wie bei Oralpädon sollte die Suspension möglichst unmittelbar vor Gebrauch zubereitet werden und die nicht sofort getrunkene Suspension im Kühlschrank für höchstens 24 Stunden aufbewahrt werden. Innerhalb dieser Zeitspanne können Eltern diese ihrem Kind bedenkenlos verabreichen. Ein bisschen aufpassen müssen Apotheker und PTA bei Infectodiarrstopp LGG. Denn Infectopharm hat noch ein weiteres Infectodiarrstopp im Sortiment: Infectodiarrstopp LGG mono dient nicht der oralen Rehydratation. Das Arzneimittel enthält ausschließlich Lactobacillen und eignet sich somit nicht als alleinige Maßnahme zum Ausgleich von Elektrolyten- und Flüssigkeitsverlusten.

Machen die Probiotika in Infectodiarrstopp LGG Sinn?

Die Datenlage zu Probiotika bei akuten, infektiösen Durchfallerkrankung ist dünn, und meist sind die Studien von minderer Qualität. Eine generelle und uneingeschränkte Empfehlung für probiotisch wirksame Bakterien oder Hefen wie Saccharomyces bourlardii kann nicht gegeben werden. Nun kommt allerdings das große „Aber“ – es gibt Ausnahmen: Denn in der Tat ist es so, dass einige Lebendbakterien die Durchfalldauer bei Rotavirus-Infektionen verkürzen – und dazu zählt unter anderem Lactobacillus rhamnosus GG, das Bakterium in Infectodiarrstopp LGG. Gleiches gilt beispielsweise für E. coli Nissle, den Bakterienkulturen in Mutaflor Suspension. Hingegen können abgetötete Bakterien laut einem Bericht des Ärzteblattes nicht zur Durchfalltherapie empfohlen werden. In der Apotheke haben Sie auch die Möglichkeit, Kombinationen zu empfehlen, beispielsweise Oralpädon gemeinsam mit Mutaflor Suspension, um die Durchfalldauer bei Kindern zu verkürzen.

Tricks zur Verabreichung von Oralpädon & Co.

Erdbeere, Apfel-Banane oder Kirsch? Oder vielleicht doch am besten geschmacksneutral? Eltern fällt diese Entscheidung in der Apotheke häufig schwer. Was akzeptiert das Kind bei Übelkeit und – wahrscheinlich Appetitlosigkeit – noch am ehesten? Die Erfahrung zeigt, dass ein bisschen Geschmack tatsächlich hilft und Kinder damit besser zurechtkommen. Im Zweifel sollten Sie ratlosen Eltern also tendenziell die aromatisierten Oralpädon- oder Infectodiarrstopp  LGG-Varianten empfehlen. Außerdem steigt die Akzeptanz, wenn die Lösungen nur leicht gekühlt sind oder Raumtemperatur haben. 

Dass das mit Erbrechen kämpfende Kind die Lösung wirklich bei sich behält, dafür gibt es natürlich keine Garantie. Das hängt zu großen Teilen von der Schwere der Übelkeit ab. Jedoch können Eltern durch kleine Tricks zumindest die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass ihr Kind die Lösung nicht sofort wieder erbricht. Zur „Dosierung“ eignet sich am besten ein Teelöffel. Eltern starten mit kleinen Schritten – und zwar alle ein bis zwei Minuten ein Teelöffel. Erst wenn Kinder dies problemlos vertragen, können langsam die Mengen gesteigert werden. Sie können den Eltern auch eine 5-ml-Spritze mitgeben, was vor allem bei Säuglingen die Gabe erleichtern kann.