Eine rechtliche Abgrenzung: Lebensmittel, Arzneimittel oder Medizinprodukt?
In der Apothekenpraxis stellt sich das pharmazeutische Personal gelegentlich die Frage, ob ein als Lebensmittel vermarktetes Produkt auch wirklich in diese Produktkategorie fällt. Denn nicht selten sind Produkte als Nahrungsergänzungsmittel (NEM) oder diätetische Lebensmittel (DLM) im Verkehr, die tatsächlich keine Lebensmittel sind, sondern als (nicht zugelassene) Arzneimittel eingestuft werden müssen. So kann es z. B. sein, dass ein Stoff, der ohne Ausnahme als verschreibungspflichtiger Stoff in der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) gelistet wird, in niedriger Konzentration als NEM auf den Markt kommt.
Das Problem: Die Einstufung als NEM oder DLM macht der Inverkehrbringer zunächst selber. Erst wenn Behörden, Verbraucherzentralen oder Konkurrenten die Einstufung des Produktes in Frage stellen, kommt es in nicht wenigen Fällen zu Verhandlungen vor Gerichten.
Arzneimitteldefinition unterschiedlich ausgelegt
Für die Abgrenzung eines Arzneimittels von einem Lebensmittel ist die Zweckbestimmung von entscheidender Bedeutung. Alle Mittel, „die der Heilung oder Verhütung von Krankheiten dienen, oder die durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung die menschlichen physiologischen Funktionen beeinflussen“, sind Arzneimittel und können nicht gleichzeitig Lebensmittel sein. Was unter diesen Begriffen zu verstehen ist, wird schon seit längerem kontrovers diskutiert und führt daher immer wieder zu Gerichtsverfahren.
Ständige Streitigkeiten und Urteile
Bei der Abgrenzung der Lebensmittel von Arzneimitteln spielt die Verkehrsauffassung von der Zweckbestimmung die entscheidende Rolle. Entsteht beim Verbraucher, im Streitfall beim Richter, der Eindruck, dass es sich um ein Mittel zur Heilung oder Verhütung von Krankheiten handelt, folgt normalerweise die Einstufung als Arzneimittel. Dabei werden nicht nur Zusammensetzung und Verpackung des Produktes beurteilt, auch Werbematerialien, sonstige Informationen und Darstellungen finden Berücksichtigung, ebenso wie die Erkenntnisse der Wissenschaft.
Doch beurteilen Gerichte gleiche Sachverhalte recht unterschiedlich, wie diverse juristische Entscheidungen in den letzten Jahren gezeigt haben. Vor einigen Jahren wurde eine Entscheidung über die Einstufung von Zimtkapseln sogar vor dem Bundesgerichtshof, dem höchsten deutschen Gericht, verhandelt.
Letztlich bleibt nur die allgemeine und in den meisten Einzelfällen wenig greifbare Feststellung, dass die pharmakologische Wirkung eines Arzneimittels sich von der ernährungsphysiologischen Wirkung eines Lebensmittels dadurch unterscheidet, dass sie über das hinausgeht, was auch mit Ernährung erreicht werden kann.
Apotheken: Prüfung auf Verkehrsfähigkeit
Nahrungsergänzungsmittel und diätetische Lebensmittel werden zu einem immer bedeutsameren Bestandteil des Apothekenangebotes und stellen damit einen nicht ganz unerheblichen Umsatzfaktor in der Apotheke dar. Für beide Produktkategorien gibt es klar umrissene rechtliche Rahmenbedingungen, an denen sich das pharmazeutische Personal orientieren kann. Letztendlich ist es aber die Aufgaben von Zulassungsbehörden und Gerichten über den rechtlichen Status zu entscheiden.
Trotzdem tauchen am Markt immer wieder einzelne Präparate auf, die nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechen und hier hat die Apotheke, wie auch bei der Fertigarzneimittelprüfung, die Aufgabe diese zum Lebensmittelrecht gehörende Produktgruppe auf die Verkehrsfähigkeit zu prüfen.
NEM und DLM auch im Drogeriemarkt?
Die Frage die sich für Apotheken, den Verbraucher, aber auch gelegentlich für die Überwachungsbehörden stellt ist, wo die Produkte aufgrund der rechtlichen Einordung als Arzneimittel, Medizinprodukt, NEM oder DLM zu bekommen sind. Also nur in der Apotheke oder auch außerhalb der Apotheke in Drogerien und Supermärkten?
NEM oder DLM sind nicht vom Verkehr außerhalb von Apotheken ausgeschlossen. Wenn sich also der Inverkehrbringer dazu entschließt, sein Produkt auch oder ausschließlich außerhalb von Apotheken zu vertreiben, dann steht dem im rechtlichen Sinne zunächst nichts im Wege. Auch als Arzneimittel „getarnte“ NEM können im Drogerie- und Supermarkt vertrieben werden, sofern sie den Status „freiverkäuflich“ haben.
Alles apothekenpflichtige darf, wie der Name schon suggeriert, nur über den Vertriebsweg „Apotheke“ laufen. Wenn also ein apothekenpflichtiges Produkt zum Verkauf außerhalb der Apotheke auftaucht, sind die entsprechenden Überwachungsbehörden einzuschalten. Einzelheiten regelt in diesem Zusammenhang die Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel.