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Schwere Interaktion: Simva­statin und Clarithromycin

Apothekenmitarbeiterin prüft Interaktion am PC
Bei schwerwiegenden Interaktionen muss mit dem verordnenden Arzt Rücksprache gehalten werden. So auch bei der Kombination von Simvastatin und Clarithromycin. | Bild: Schelbert / PTAheute

Frau Schulz hat eine eitrige Mandelentzündung. Sie kommt gerade vom Arzt mit einer Verordnung über Clarithromycin 500 mg 14 Stück. Außerdem hat sie ein Rezept vom Kardiologen über Simvastatin 20 mg 100 Stück dabei. Dieses Medikament nimmt sie bereits seit mehreren Jahren.

Worauf müssen die Apothekenmitarbeitenden bei der Abgabe der beiden Arzneimittel achten?

Gut zu wissen: Wie wirken Simvastatin und Clarithromycin?

Simvastatin gehört zur Gruppe der CSE-Hemmer. Diese Wirkstoffgruppe wird auch als HMG-CoA-Reduktase-Inhibitoren oder einfacher als Statine bezeichnet. CSE steht für Cholesterol-Synthese-Enzym. Die Hemmung dieses Enzyms hat zur Folge, dass der Cholesterinspiegel im Blut sinkt. Simvastatin wird deshalb bei krankhaft erhöhten Cholesterinspiegeln zur Herzinfarkt- und Schlaganfallprophylaxe eingesetzt.

Die Cholesterolbiosynthese unterliegt einem circadianen Rhythmus und erreicht ihr Maximum gegen Mitternacht. Da Simvastatin, Pravastatin und nicht retardiertes Fluvastatin eine Halbwertszeit von nur wenigen Stunden haben, ist es wichtig, diese Wirkstoffe abends einzunehmen, um zur entsprechenden Zeit ausreichend hohe Wirkstoffspiegel zu haben. Andere Statine wie z. B. Atorvastatin können aufgrund ihrer längeren Halbwertszeit auch zu anderen Tageszeitpunkten eingenommen werden.

Clarithromycin  ist ein Makrolid-Antibiotikum. Makrolide binden an die große Untereinheit der Ribosomen, hemmen so die Proteinsynthese und damit das Bakterienwachstum. Makrolide werden z. B. bei bakteriellen Infektionen der Atemwege eingesetzt.

Erhöhter Blutplasmaspiegel von Simvastatin

Simvastatin wird in der Leber über das Enzym CYP3A4 abgebaut. Das Makrolid-Antibiotikum Clarithromycin hemmt jedoch dieses Enzym, sodass der Wirkstoffspiegel von Simvastatin im Blut ansteigt. Dadurch erhöht sich das Risiko für das Auftreten von Nebenwirkungen, insbesondere im Bereich der Muskeln. Es kann zu Muskelschmerzen und schlimmstenfalls zur Rhabdomyolyse kommen. 

Das Interaktionsmodul der ABDA-Datenbank meldet daher: „Schwerwiegende Folgen wahrscheinlich – kontraindiziert“.

Zur Erinnerung: Was versteht man unter Rhabdomyolyse?

Rhabdomyolyse bezeichnet eine schwere Schädigung der quergestreiften Muskulatur. Aus den geschädigten Muskeln wird der Muskelfarbstoff Myoglobin freigesetzt. Dieser färbt den Urin dunkel und kann durch Ablagerung in der Niere zu Nierenversagen führen. Starke Muskelschmerzen, verminderte Muskelkraft und eventuell Fieber kündigen diese schwere Nebenwirkung an.

Nicht alle CSE-Hemmer bzw. Makrolide gleichermaßen betroffen

Allerdings werden nicht alle CSE-Hemmer über den Enzym-Subtyp CYP3A4 abgebaut, weshalb diese Interaktion nicht für alle Vertreter der Wirkstoffgruppe gleichermaßen zutrifft. Rosuvastatin und Fluvastatin können problemlos mit dem Makrolid-Antibiotikum kombiniert werden. Bei Pravastatin kann die Einnahme von Clarithromycin unter Beobachtung erfolgen.

Auch die verschiedenen Makrolide hemmen das Leberenzym nicht in gleichem Ausmaß. Am stärksten enzymhemmend wirken Erythromycin, Clarithromycin und Telithromycin. Roxithromycin ist davon deutlich weniger betroffen und Azithromycin so gut wie gar nicht.

Was ist aufgrund der Interaktion zu beachten?

Simvastatin und Clarithromycin sollten keinesfalls gemeinsam eingenommen werden. Der verordnende Arzt muss in jedem Fall kontaktiert und über die Grundmedikation mit Simvastatin informiert werden. 

Prinzipiell hat der Arzt zwei Möglichkeiten, diese Interaktion zu umgehen: Entweder wird auf ein anderes Antibiotikum umgestellt oder angeordnet, für die Dauer der Antibiotika-Einnahme mit Simvastatin zu pausieren.

Frau Schulz soll keinesfalls beide Medikamente im gleichen Zeitraum einnehmen. Sofern der verordnende Arzt telefonisch keine Änderungsanweisungen geben möchte, muss sie nochmal zurück in die Praxis gehen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Simvastatin wird über das Leberenzym CYP3A4 abgebaut.
  • Clarithromycin hemmt dieses Leberenzym und sorgt so für steigende Wirkstoffspiegel von Simvastatin.
  • Erhöhte Wirkstoffspiegel bergen höhere Gefahren für das Auftreten von Nebenwirkungen, im Falle von Simvastatin sind das Myopathien bis hin zur Rhabdomyolyse.
  • Nicht alle CSE-Hemmer bzw. Makrolide sind von dieser Nebenwirkung gleichermaßen betroffen.
  • Wurden einem Patienten Simvastatin und Clarithromycin verordnet, muss auf jeden Fall Rücksprache mit dem Arzt gehalten werden, der das Antibiotikum verordnet hat.
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