Das sollten PTA beachten: Urlaubsanspruch bei Arbeitgeberwechsel
Jeder arbeitende Mensch soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers jährlich Anspruch auf eine bestimmte Anzahl von Urlaubstagen haben. Über die Höhe dieses Anspruches gehen die Vorstellungen jedoch etwas auseinander: Der Gesetzgeber sieht 24 Werktage, also vier Wochen pro Jahr, als ausreichend an. Die Tarifvertragsparteien im Apothekenbereich gehen von 33 Werktagen, also 5,5 Wochen, als Minimum aus, bei 5-jähriger Betriebszugehörigkeit sind es sogar 34 Werktage. Darüber hinaus kann im einzelnen Arbeitsvertrag auch ein höherer Anspruch vereinbart werden.
Urlaubsanspruch bei Arbeitgeberwechsel mitten im Jahr
Einfach ist die Berechnung, wenn ein ganzes Jahr, also von Januar bis Dezember gearbeitet wird. Nicht wenige Apothekenangestellte wechseln aber im Laufe eines Jahres den Arbeitgeber. Logisch wäre dann, pro Kalendermonat ein Zwölftel anzusetzen und den Urlaub auf die unterschiedlichen Arbeitgeber aufzuteilen. Wer anfängt zu rechnen und vielleicht auch ein wenig im Internet recherchiert, stößt allerdings schnell auf Sonderregelungen, wenn man in der zweiten Jahreshälfte ausscheidet. Was es damit auf sich hat, soll hier geklärt werden.
Gesetzlicher Urlaubsanspruch: 24 Werktage
Grundlage ist die gesetzliche Regelung in § 3 und § 5 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). In § 1 BUrlG ist zunächst geregelt, dass jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub hat. Die Höhe des Urlaubsanspruchs ist in § 3 BUrlG mit 24 Werktagen festgehalten. Das bedeutet nach der Rechtsprechung, dass ein Arbeitnehmer theoretisch seinen ganzen Jahresurlaub auch schon gleich zu Beginn des Kalenderjahres nehmen könnte, also zum Beispiel vom 1. Januar bis Anfang/Mitte Februar. Dann wäre zwar der Urlaub für dieses Jahr verbraucht, es ist aber nicht erforderlich, diesen gleichmäßig auf das Jahr zu verteilen.
Ein Zwölftel pro Monat während der Probezeit
Eine kleine Einschränkung gibt es aber: Der volle Urlaubsanspruch, also die 24 Werktage, wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben. In dem Zeitraum, der üblicherweise der Probezeit entspricht, gibt es ausnahmsweise sogenannten Teilurlaub. Ansprüche auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer für Zeiten, in denen er wegen nicht erfüllter Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt (§ 5 Abs. 1 a BUrlG). Das betrifft alle Arbeitsverhältnisse, die ab dem 1. Juli eines Kalenderjahres beginnen. Sie haben für dieses Einstiegsjahr dann nur Anspruch auf ein Zwölftel pro gearbeiteten Monat, bei Beginn am 1. Oktober also zum Beispiel auf drei Zwölftel des Jahresurlaubs.
§ 5 Abs. 1 b BUrlG betrifft die Fälle, in denen ein Mitarbeiter vor erfüllter Wartezeit, also innerhalb der ersten sechs Monate, wieder ausscheidet: Auch hier gibt es ein Zwölftel pro Monat.
Voller Urlaubsanspruch ab der zweiten Jahreshälfte
Die beiden obigen Fälle sind nachvollziehbar und entsprechen auch dem „normalen“ Rechtsempfinden. Unerwartet ist für viele Angestellte dagegen eine Regelung in § 5 Abs. 1 c BUrlG. Danach werden nur Teilurlaubsansprüche erworben, wenn man nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte des Kalenderjahres ausscheidet. Also wenn ein Arbeitsverhältnis, das zum Beispiel seit zwei Jahren besteht, zum 31. März eines Jahres gekündigt wird. Dann erwirbt man im Jahr des Ausscheidens nur drei Zwölftel des jährlichen Urlaubsanspruchs. Auch das ist noch nachvollziehbar.
Überraschend ist für viele, dass sich daraus im Umkehrschluss ergibt, dass Arbeitsverhältnisse, die nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Jahreshälfte beendet werden, den vollen Urlaubsanspruch auslösen. In obigem Beispiel würde also, wenn das Arbeitsverhältnis zum 31. Juli beendet wird, nicht nur Anspruch auf sieben Zwölftel bestehen, sondern auf den vollen gesetzlichen Urlaubsanspruch von 24 Werktagen.
Gesetzliche Vorgabe oder Tarifvertrag – was gilt?
Die allermeisten Apothekenangestellten haben allerdings mehr Urlaub in ihrem Arbeitsvertrag vereinbart. Hier muss man schauen, was genau festgelegt ist. Bei Tarifbindung oder Vereinbarung des BRTV/RTV Nordrhein gilt § 11 Abs. 5 BRTV / § 11 Abs. 3 RTV. Danach erwirbt der Mitarbeiter für jeden vollen Monat der Betriebszugehörigkeit Anspruch auf ein Zwölftel des tariflichen Jahresurlaubs. In obigem Beispiel, bei Beendigung zum 31. Juli, wären das sieben Zwölftel von 33 Werktagen, also 19,25 Werktage. Da gleichzeitig die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden müssen, hat der Mitarbeiter trotzdem Anspruch auf 24 Werktage. Die günstigere tarifliche Regelung kommt dann zum Tragen, wenn der tarifliche Anspruch höher ist als 24 Werktage, also bei Beendigung zum 30. September: Dann stehen dem tarifgebundenen Mitarbeiter 25 Werktage Urlaub zu.
Achtung bei nicht tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen
Noch anders kann es bei nicht tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen sein. Hier muss man ganz genau in den Arbeitsvertrag schauen, was dort für den Fall vereinbart ist, dass das Arbeitsverhältnis nicht im ganzen Jahr besteht. Wenn dort keinerlei Einschränkung für diesen Fall vereinbart ist, steht dem Mitarbeiter, der nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Jahreshälfte ausscheidet, der volle vertragliche Urlaubsanspruch zu. Der Urlaub soll zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses in Freizeit genommen werden. Falls das nicht mehr möglich ist, muss er abgegolten werden.
Bei Rente oder Arbeitslosigkeit: Urlaub besser ausbezahlen lassen
Wer sein Arbeitsverhältnis beendet, weil er zum Beispiel in Rente geht oder krankheitsbedingt nicht mehr arbeiten kann, der kann hier profitieren, wenn der Urlaubsanspruch abgegolten, also ausbezahlt wird. Auch wer nach einer Kündigung durch den Arbeitgeber in die Arbeitslosigkeit geht, profitiert von einer etwaigen Abgeltung. Zwar bekommt man für den Zeitraum, für den man noch Urlaub gehabt hätte, kein Arbeitslosengeld. Da der Abgeltungsanspruch pro Tag allerdings höher ist als das Arbeitslosengeld, hat man trotzdem einen finanziellen Vorteil.
Doppelter Urlaubsanspruch ausgeschlossen
Diejenigen, die den Arbeitgeber nahtlos wechseln, müssen überlegen, ob sie schon beim alten Arbeitgeber den vollen Urlaubsanspruch geltend machen. Gemäß § 6 BUrlG sind Doppelansprüche nämlich ausgeschlossen. Der Anspruch auf Urlaub besteht nicht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist. Hier ist ein Arbeitgeber verpflichtet, dem ausscheidenden Mitarbeiter zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses eine Bescheinigung über den gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen. Wer also zum Beispiel zum 31. Juli aus einem Arbeitsverhältnis ausscheidet und sich den Jahresurlaub auszahlen lässt, hat gegenüber dem neuen Arbeitgeber in diesem Kalenderjahr keinen Urlaubsanspruch mehr.