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Cochrane-Review zu SARS-COV-2-Antikörpertests: Antikörpertests: Keine Belege für ausreichende Genauigkeit

Weißbehandschuhte Hand hält Antikörpertest zwischen Daumen und Zeigefinger
SARS-CoV-2-Antikörpertests: Die Ergebnisse sind einem Cochrane-Review zufolge ungenau. Allerdings umfasst der Review nur Daten bis 27. April 2020. | Bild: IMAGO / Future Image

Ein Team von Cochrane-Autoren hat die aktuelle Studienlage (bis zum 27. April 2020) zur Genauigkeit von SARS-CoV-2-Antikörpertests aufbereitet. Einbezogen wurden Studien mit jeglichen Antikörpertests (enzymgebundene Immunosorbent-Assays, Chemilumineszenz-Immunoassays und laterale Durchflusstests) und jeglichen Referenzstandards sowie laborgebundene und Selbst-Schnelltests.

Die Studien betrachteten drei Arten von Antikörpern: IgA, IgG und IgM. Die meisten Tests maßen sowohl IgG als auch IgM, andere nur einen dieser drei Antikörper oder eine Kombination aller drei. Die SARS-CoV-2-Antikörperspiegel steigen und fallen bekanntermaßen zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Infektion. IgG steigt als letzter an, hält sich aber am längsten. Die Cochrane-Reviwer wollten mit ihrer Analyse herausfinden, ob Antikörpertests ausreichend genau sind, um eine Infektion bei Menschen mit oder ohne COVID‐19-Symptome zu diagnostizieren, und ob sie verwendet werden können, um festzustellen, ob jemand die Infektion bereits durchgemacht hat.

Daten von 16.000 Proben

Die Autoren fanden 54 relevante Studien, die über insgesamt 54 Kohorten mit 15.976 Proben berichteten, davon 8.526 aus Fällen von SARS-CoV-2-Infektionen. Die Studien wurden in Asien (n = 38), Europa (n = 15) und in den USA und China (n = 1) durchgeführt. Die Daten stammten von 25 kommerziellen und zahlreichen In-House-Tests. Die meisten Studien (n = 44) umfassten nur Personen, die aufgrund einer vermuteten oder bestätigten COVID-19-Infektion ins Krankenhaus eingeliefert worden waren. 29 verglichen Testergebnisse von Menschen mit COVID‐19 mit Ergebnissen von gesunden Menschen oder Personen mit anderen Erkrankungen. Studien mit ausschließlich asymptomatischen Teilnehmern waren nicht verfügbar. Zwei Drittel der Studien (n = 33) definierten COVID-19-Fälle allein auf der Grundlage von RT-PCR-Ergebnissen und ignorierten dabei das Potenzial für falsch-negative RT-PCR-Ergebnisse.

In der ersten Woche nach Symptombeginn nur eine geringe Empfindlichkeit

Die Cochrane-Reviewer stützten die wichtigsten Ergebnisse ihrer Überprüfung auf die 38 Studien, die die Ergebnisse nach Zeit seit dem Beginn der Symptome stratifiziert haben. Die gepoolten Ergebnisse für IgG, IgM, IgA, Gesamtantikörper und IgG/IgM zeigten in der ersten Woche nach Beginn der Symptome nur eine geringe Empfindlichkeit (alle weniger als 30,1 Prozent), die in der zweiten Woche anstieg und ihre höchsten Werte in der dritten Woche erreichte.

Die Kombination von IgG/IgM hatte im Zeitraum Tag 1 bis Tag 7 eine Sensitivität von 30,1 Prozent, in der zweiten Woche nach Symptombeginn (Tag 8 bis 14) von 72,2 und in der dritten Woche (Tag 15 bis 21) von 91,4 Prozent. Schätzungen der Genauigkeit über drei Wochen hinaus basieren auf kleineren Stichprobengrößen. 21 bis 35 Tage danach lagen die gepoolten Empfindlichkeiten für IgG/IgM bei 96,0 Prozent. Die Autoren fanden nicht genügend Studien, um die Empfindlichkeit von Tests über 35 Tage nach dem Auftreten von Symptomen hinaus zu schätzen.

Die zusammenfassenden Spezifitäten (in 35 Studien) überstiegen für alle Zielantikörper 98 Prozent mit Konfidenzintervallen von nicht mehr als 2 Prozentpunkten.

Wie viele falsch negativ oder falsch positiv?

Unter der Annahme einer Infektionsprävalenz (Krankheitshäufigkeit) von 50 Prozent, einem Wert, der bei Beschäftigten im Gesundheitswesen mit Atemwegssymptomen als möglich erachtet wird, gehen die Autoren davon aus, dass von 1000 Personen, die sich in der dritten Woche nach dem Symptom-Beginn IgG/IgM-Tests unterziehen, 43 (28 bis 65) falsch negativ und sieben (drei bis 14) falsch positiv wären.

Bei einer Prävalenz von 20 Prozent, ein wahrscheinlicher Wert in Hochrisikoumgebungen, wären von 1.000 getesteten Personen 17 (elf bis 26) falsch negativ und zehn (fünf bis 22) falsch positiv. Bei einer niedrigeren Prävalenz von 5 Prozent, ein wahrscheinlicher Wert in nationalen Erhebungen, wären pro 1.000 Getestete vier (drei bis sieben) falsch negativ und zwölf (sechs bis 27) falsch positiv.
Überzeugende Unterschiede bezüglich der Genauigkeit verschiedener Arten von Antikörpertests fanden die Cochrane-Autoren nicht.

Wie verlässlich waren die Ergebnisse der Studien dieses Reviews?

Die Forscher geben zu bedenken, dass die Studien im Allgemeinen klein waren und die Ergebnisse teilweise nur unvollständig berichteten. Außerdem waren die meisten Teilnehmer mit COVID‐19 im Krankenhaus und hatten daher wahrscheinlich einen schwereren Krankheitsverlauf. Ein Rückschluss auf die Genauigkeit der Antikörpertests bei Menschen mit einem leichteren Erkrankungsverlauf oder ohne Symptome sei deshalb nicht möglich. Weiterhin untersuchte mehr als die Hälfte der Studien selbst entwickelte Tests, die in der Regel nicht käuflich sind. Mehr als die Hälfte (n = 28) der publizierten Studienergebnisse wurden zudem online als „Preprints“ veröffentlicht und deshalb nicht den üblichen, strengen Überprüfungen von veröffentlichten Studien unterzogen.

Was sind die Schlussfolgerungen dieses Reviews?

Trotzdem glauben die Cochrane-Autoren aus ihrem Review eine Reihe von Schlussfolgerungen ziehen zu können. Ihrer Meinung nach können Antikörpertests eine nützliche Rolle in der Erkennung einer COVID‐19-Infektion spielen, jedoch kommt es ganz entscheidend auf den Zeitpunkt an, zu dem getestet wird. In der ersten Woche nach Beginn der Symptome ist die Empfindlichkeit offenbar zu niedrig, als dass sie eine primäre Rolle für die Diagnose von COVID-19 spielen könnten. Sie könnten aber ergänzend zu anderen Tests eingesetzt werden oder wenn RT-PCR-Tests negativ sind oder nicht durchgeführt werden.

Außerdem sprechen sie Antikörpertests eine nützliche Rolle für den Nachweis früherer SARS-CoV-2-Infektionen zu, wenn sie 15 oder mehr Tage nach auftretenden Symptomen verwendet werden. Wie gut sie allerdings ein paar Wochen nach Symptombeginn noch funktionieren, konnten die Autoren nicht ableiten, weil es dazu keine Untersuchungen gibt. Sie sind sich deshalb unsicher, ob Antikörpertests für Seroprävalenzerhebungen für Zwecke des öffentlichen Gesundheitsmanagements tatsächlich nützlich sind. Genährt wird dieser Zweifel auch dadurch, dass die Sensitivität hauptsächlich bei stationären Patienten evaluiert wurde. So bleibt unklar, ob die Tests auch niedrigere Antikörperspiegel erkennen können, wie sie wahrscheinlich bei milderer und asymptomatischer COVID-19-Krankheit beobachtet werden. Hierzu fordern sie dringend weitere Forschung. Der Cochrane-Review soll im Lichte neuer Erkenntnisse regelmäßig aktualisiert werden.

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