Neue Allgemeinverfügung erlaubt Herstellung in Apotheken: Tipps zur Herstellung von Flächendesinfektionsmitteln
Aufgrund einer weiteren Allgemeinverfügung der Bundesstelle für Chemikalien können Apotheken seit dem 2. April 2020 – zunächst befristet bis zum 30. September 2020 – drei Zubereitungen zur Flächendesinfektion herstellen. Es handelt sich dabei um Formulierungen mit Ethanol, Chloramin-T oder Natriumhypochlorit.
Herstellungsprotokoll stets empfohlen
Die genannten Desinfektionsmittel werden dabei als Biozide und nicht als Arzneimittel in den Verkehr gebracht. Trotzdem empfiehlt es sich, aus Gründen der Rückverfolgbarkeit, bei der Zubereitung in Anlehnung an die Apothekenbetriebsordnung ein Herstellungsprotokoll auszufüllen.
Lösungen zur Flächendesinfektion mit 2-Propanol sind im Übrigen weiterhin zulassungspflichtig und dürfen somit in Apotheken nicht zu diesem Zweck hergestellt werden. Auch die von der WHO vorgeschlagenen Formulierungen zur Händedesinfektion sind für diese Anwendung nicht zugelassen, aufgrund ihres Gehalts an Glycerol wären sie zur Desinfektion von Flächen auch nicht geeignet.
Ethanol 80 % (V/V) zur Flächendesinfektion
Wie zur Desinfektion der Hände kann zur Desinfektion von Flächen eine Ethanol-Wasser-Mischung eingesetzt werden. Die wässrige Lösung von Ethanol 80 % (V/V) ist zur Behandlung von Flächen bis 2 m2 geeignet und benötigt eine Einwirkzeit von 15 Minuten. Zur Desinfektion größerer Flächen sind Alkohole nicht geeignet, da die flüchtigen Alkohole über die Luft verdunsten und dann vom Anwender eingeatmet werden können.
In der Apotheke können Alkohol-Wasser-Mischungen einfach durch Abwiegen der beiden Flüssigkeiten hergestellt werden. Um beispielsweise 100 Gramm Ethanol 80 % (V/V) zu erhalten, müssen 78,3 Gramm Ethanol 96 % (V/V) und 21,7 Gramm Gereinigtes Wasser abgewogen werden. Der verwendete Alkohol darf sowohl vergällt als auch unvergällt sein und muss eine Mindestreinheit von 96 % (V/V) besitzen.
Bekanntermaßen müssen die Ausgangsstoffe zur Herstellung von Bioziden keine Arzneibuchqualität besitzen, trotzdem darf der eingesetzte Ethanol keine gefährlichen Verunreinigungen wie CMR-Stoffe oder hautsensibilisierende Stoffe oberhalb 0,1 % enthalten. Diese Reinheit muss vom Hersteller über ein entsprechendes Analysenzertifikat nachgewiesen werden.
Wässrige Natriumhypochlorit-Lösung 0,5 %
Natriumhypochlorit ist das Salz der Hypochlorigen Säure. Zur Herstellung von Zubereitungen sind vorgefertigte Natriumhypochlorit-Lösungen mit 1 Prozent oder 3 Prozent aktivem Chlor erhältlich. Diese können in einem Becherglas mit der benötigten Menge Gereinigtem Wasser verdünnt werden. Je nach Chlorgehalt der Ausgangssubstanz werden zur Herstellung von 100 Gramm Natriumhypochlorit-Lösung 0,5 % unterschiedliche Mengen benötigt:
Natriumhypochlorit-Lösung (1 % Chlor) 47,6 g | Ger. Wasser 52,4 g |
Natriumhypochlorit-Lösung (3 % Chlor) 15,9 g | Ger. Wasser 84,1 g |
Bei Anwendung dieses Flächendesinfektionsmittels ist zu beachten, dass eine Inaktivierung behüllter Viren (wie des Coronavirus SARS-CoV-2) nur auf sauberen, trockenen Oberflächen möglich ist. Verschmutzte Oberflächen sind daher vor dem Auftragen entsprechend zu reinigen. Die Mindestkontaktzeit beträgt bei dieser Lösung 30 Minuten. Materialien aus Glas werden durch die stark alkalisch reagierende Natriumhypochlorit-Lösung angegriffen, zum Verpacken können aber Flaschen aus Polyethylen verwendet werden. |
Wässrige Chloramin-T-Lösung 2,5 %
Der Feststoff Chloramin-T wird auch als Tosylchloramid-Natrium bezeichnet und ist als Rezepturgrundstoff erhältlich. Die Substanz ist in Wasser leicht löslich. Die Mindestreinheit für verwendetes Chloramin-T muss 98 % betragen. Zudem muss der Hersteller sicherstellen, dass keine gefährlichen Verunreinigungen enthalten sind. Die Einwirkzeit bei einer Flächendesinfektion mit einer Chloramin-T-Lösung ist von allen drei Formulierungen mit Abstand am längsten und beträgt 120 Minuten.
Qualität des eingesetzten Wassers
Häufig taucht in der Apotheke auch die Frage auf, welche Qualität das verwendete Wasser bei der Herstellung von Desinfektionsmitteln haben muss. Sowohl bei der Zubereitung von Hände- als auch von Flächendesinfektionsmitteln muss dabei Gereinigtes Wasser eingesetzt werden. Dieses darf wie üblich aus Trinkwasser durch Destillation, Umkehrosmose, durch Einsatz eines Ionenaustauschers oder anderen geeigneten Methoden gewonnen werden. Nach der Herstellung muss das Gereinigte Wasser die mikrobiologischen Anforderungen nach der Trinkwasserverordnung erfüllen, darf also keine Fäkalkeime, keine Konservierungsmittel oder andere Zusatzstoffe enthalten.
Nicht zur Verwendung im privaten Bereich
Die Flächendesinfektionsmittel dürfen ausschließlich zur Abgabe für berufsmäßige Verwender hergestellt werden. Das RKI empfiehlt derzeit keine routinemäßige Desinfektion von Flächen im häuslichen Bereich, hierfür ist eine angemessene Reinigung ausreichend.