Das Bundesinstitut für Risikobewertung gibt Antwort: Coronaviren auf Trinkgläsern – reicht Spülmittel?
Dass man sich mit SARS-CoV-2 über Tröpfchen oder Aerosole von infizierten Menschen anstecken kann, ist bekannt. Wie sieht es aber mit kontaminierten Oberflächen aus, wie z. B. Gläser und Geschirr aus Restaurant oder Kantine?
Die Sorge vor Ansteckung mittels Schmierinfektionen ist seit Beginn der Pandemie ein Thema. Bereits 2020 hielt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) die Möglichkeit, dass SARS-CoV-2 durch kontaminierte Oberflächen übertragen wird, nur in einem kurzen Zeitraum für wahrscheinlich. Es gab damals keine Fälle, bei denen nachgewiesen war, dass sich Menschen „über den Verzehr kontaminierter Lebensmittel oder durch Kontakt zu kontaminierten Gegenständen mit dem neuartigen Coronavirus infiziert haben“, erklärte das BfR seinerzeit, da Coronaviren nur wenig stabil in der Umwelt seien.
In mehr als zwei Jahren Pandemie haben wir viel über SARS-CoV-2 gelernt. Und auch das BfR kann nun mit neuen Daten zur Ansteckung mit SARS-CoV-2 über Oberflächen aufwarten. Bei Trinkgläsern gilt es wohl aufzupassen.
Coronavirus lange stabil auf Glas
Trinkgläser nehmen laut BfR eine „besondere Stellung“ ein: Sie kommen in direkten Kontakt mit dem Mund und der Mundhöhle, erklärt das BfR. Um herauszufinden, wie lange Coronaviren auf Trinkgläsern infektiös bleiben, hatte das BfR Versuche mit dem humanen Coronavirus 229E durchgeführt, das mit SARS-CoV-2 verwandt ist. Es dient dem BfR zufolge häufig als Modellvirus für menschliche Coronaviren und verursacht nur leichte Atemwegssymptome. Die Ergebnisse der Studie veröffentlichten die Wissenschaftler Anfang April 2022 im Fachjournal „Food Microbiology“(„Coronaviruses are stable on glass, but are eliminated by manual dishwashing procedures“) .
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass Coronaviren nach dem Trocknen auf Glas für „Tage bis Wochen“ infektiös bleiben können, wobei Temperatur und Licht die Stabilität der Viren beeinflussen: Im Dunkeln konnten sie Coronaviren über 21 Tage nachweisen, unter Tageslicht blieben sie bis zu sieben Tage stabil.
Die Temperatur (und Einwirkzeit) beim Spülen spielt den Studienergebnissen vor allem dann eine Rolle, wenn das Spülmittel nur einen geringen Tensidgehalt aufweist: Die meisten handelsüblichen Spülmittel inaktivierten Coronaviren innerhalb von 15 Sekunden bei einer Spülwassertemperatur von 23 °C. Bei geringem Tensidgehalt waren hingegen 60 Sekunden Spülzeit und 43 °C Wassertemperatur erforderlich. Ein manuelles Gläserspülgerät (DIN 6653-3) entfernte laut BfR Coronaviren sogar mit kaltem Wasser.
Gut zu wissen: Woher die Tensid-Empfindlichkeit kommt
Coronaviren sind behüllte Viren, d. h. ihr Erbgut ist von einer Fettschicht umschlossen. Diese kann durch Tenside in Spülmitteln zerstört werden, weshalb sie gegenüber fettlösenden Reinigungsmitteln empfindlich sind.
Handelsübliche Spülmittel beseitigen Coronaviren
Das BfR entwarnt somit: „Die Ergebnisse der BfR-Studie zeigen, dass sich sowohl beim Handspülen als auch bei der Nutzung manueller Gläserspülgeräte Coronaviren ausreichend von Trinkgläsern entfernen lassen“. Allerdings sei „Voraussetzung“, dass „ordnungsgemäß“ gespült werde.
Nach Ansicht des BfR sollte das Spülwasser „ausreichend häufig“ gewechselt, auf die vom Spülmittelhersteller empfohlene Spülmittelkonzentration im Spülwasser geachtet und der Schmutz (inklusive Viren) auch „ausreichend manuell“ von den Trinkgläsern beseitigt werden.