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HPV: Indizien für männliche Unfruchtbarkeit

Mann in Jeans und Hemd hält sich beide Hände vor den Schritt
Bestimmte HP-Viren können männliche Unfruchtbarkeit herbeiführen. | Bild: Siam / AdobeStock

Dass Humane Papillomviren (HPV) weitaus mehr verursachen als „nur“ die vermeintlich harmlosen namensgebenden Warzen (beziehungsweise „gutartigen kleinen Wucherungen“, also „Papillome“), ist bereits seit einer Weile bekannt. 

Zu den bekannten krankhaften Veränderungen, die die Viren verursachen, gehören:

  • als Warzen-Formen:
    • Verruca vulgaris (gewöhnliche Hautwarze)
    • Verruca plantaris (Plantarwarze)
    • Verruca plana juvenilis (juvenile flache Warzen)
    • Fleischerwarzen
    • Morbus Heck (Viruswarzen der Mundschleimhaut)
    • Anale intraepitheliale Neoplasie (AIN, Viruswarzen des Anus)
    • Vaginale intraepitheliale Neoplasie (VAIN, Viruswarzen der Scheidenschleimhaut)
    • Vulväre intraepitheliale Neoplasie (VIN, Viruswarzen der Vulva)
    • Penile intraepitheliale Neoplasie (PIN, Viruswarzen des Penis)
    • Bowenoide Papulose
    • Cervikale intraepitheliale Neoplasie (CIN)
    • Condylomata acuminata („Feigwarzen“, Viruswarzen der Schleimhaut)
    • Condylomata plana (ja nach Ort CIN, VIN, VAIN, AIN oder PIN)
  • zum Teil sekundäre Krebsformen:
    • Erythroplasie
    • Peniskarzinom
    • Plattenepithelpapillome im Kehlkopf bis in die Luftröhre
    • Zervixkarzinom
    • Mundrachenkrebs

Insbesondere der Zusammenhang einer HPV-Infektion mit Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinomen) hat zu der Entwicklung eines Impfstoffes geführt, der mittlerweile in der STIKO-Empfehlung für beide Geschlechter zwischen dem neunten und 14. Lebensjahr und möglichst vor dem ersten Sexualkontakt empfohlen wird.

HPV-Infektion kann zu Unfruchtbarkeit führen

Über 220 verschiedene Typen von HP-Viren kennt man mittlerweile. Diese lassen sich in solche mit einem niedrigen Risiko für schwerwiegende Erkrankungen („low risk“, LR), mit mittlerem („intermediate risk“, IR) und hohem Risiko („high risk“, HR) einteilen. Während die LR-Viren hauptsächlich „nur“ für eher lästige Warzen verantwortlich sind, tragen besonders HR-Viren zur Entstehung von Karzinomen bei.

Das Verständnis der pathogenen Viren, die die Menschheit wohl bereits seit den Neandertalern begleiten, wächst unterdessen. So verdichten sich seit rund zehn Jahren die Hinweise darauf, dass HPV-Infektionen – besonders die genitalen Ausprägungen – auch mit Unfruchtbarkeit zusammenhängen können. Bei Frauen war dies länger bekannt, eine HPV-Infektion scheint aber auch bei Männern zu Infertilität führen zu können.

HP-Viren beeinträchtigen auch männliche Fruchtbarkeit

Eine neuere Metaanalyse aus Italien und dem Vereinigten Königreich, die im August 2024 im Fachmagazin „Health Science Reports“ veröffentlicht wurde, kommt zu dem Schluss, dass „die derzeitigen Erkenntnisse den Zusammenhang zwischen einer HPV-Infektion und den Spermienparametern unterstreichen, der männlichen Fruchtbarkeit und den Fortpflanzungsergebnissen, was zu einer verminderten Fruchtbarkeit des Paares, einem erhöhten Risiko von Schwangerschaftsverlusten, einer erneuten Infektion und erhöhten Behandlungskosten führen kann“.

Argentinische Forschende veröffentlichten indes im Fachmagazin „Frontiers“ eine Arbeit, in der sie die Auswirkungen der HPV-Infektion bei Männern differenzieren konnten. Denn tatsächlich seien auch genitale HPV-Infektionen bei Männern recht häufig, es sei aber von Bedeutung, welcher Typ (HR oder LR) für die Infektion verantwortlich sei.  

Das könne sehr unterschiedliche Auswirkungen auf die Qualität der Spermien haben, schreiben die Forschenden rund um Erstautorin Carolina Olivera und Seniorautorin Virginia Elena Rivero vom Center for Research in Clinic Biochemistry and Immunology an der National University of Cordoba, Argentinien.

Bestimmte HPV-Typen können für mehr tote Spermien verantwortlich sein

„Unser experimenteller Ansatz bietet ein umfassenderes Verständnis dafür, wie sich HR- und LR-HPV-Infektionen auf die männliche Reproduktionsgesundheit auswirken können. Unsere Ergebnisse werfen die Frage auf, wie wichtig die Identifizierung des HPV-Genotyps bei Männern ist und ob die Unterscheidung zwischen LR-HPV- und HR-HPV-Infektionen klinische Relevanz hat“, schreiben die Forschenden.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden in HR-HPV-Infizierten eine „verstärkte Spermiennekrose und ein lokales immunsuppressives Umfeld, das möglicherweise eine persistierende HPV-Infektion und eine Koinfektion mit anderen Uropathogenen begünstigt und damit die Übertragung auf Sexualpartner fördert“.  

Die Forschenden führten die verstärkte Nekrose auf vermehrten oxidativen Stress im Urogenitaltrakt der Betroffenen zurück. Es sei möglich, dass „eine HR-HPV-Infektion aufgrund von erhöhtem oxidativem Stress zu einer höheren Rate an Spermienabsterben führt, was teilweise den höheren Prozentsatz an Spermiennekrosen bei HR-HPV-infizierten Patienten erklärt“.

Umfassende HPV-Screenings wichtig

Dagegen konnten die Forschenden nach den WHO-Kriterien weder HR-HPV noch LR-HPV „mit signifikanten Veränderungen der routinemäßigen Spermienqualitätsparameter“ in Verbindung bringen.  

„Diese Beobachtungen unterstreichen die Bedeutung eines umfassenden HPV-Screenings, einschließlich Genotypisierung, in Urologie- und Fertilitätskliniken, um den Verlauf der Infektion, mögliche negative Auswirkungen auf die reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen onkogenen Risiken zu verstehen“, schreiben die Forschenden.

Somit verdichten sich die Indizien, dass zumindest einige der bekannten HPV-Typen auch verantwortlich sein könnten für ungewollte Kinderlosigkeit von Paaren.  

Da es aktuell aber keine kurative Therapie von HPV-Infektionen gibt, unterstreicht das die Bedeutung der präventiven Impfung im KindesalterQuellen:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3739240/
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/hsr2.70048
https://www.frontiersin.org/journals/cellular-and-infection-microbiology/articles/10.3389/fcimb.2024.1420307/full#h5