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Kopfschmerz: Wie Schlaf und Migräne zusammenhängen

Frau liegt mit Kopfschmerzen im Bett
Eine schlechte Schlafqualität kann das Entstehen von Kopfschmerzen oder gar Migräne begünstigen. | Bild: Dragana Gordic / AdobeStock

Schlaf und die verschiedenen Arten von Kopfschmerzen stehen in einem wechselseitigen Verhältnis – das belegen nicht nur Beobachtungen bei Patientinnen und Patienten mit chronischen Kopfschmerzen oder Migräne, sondern auch mittlerweile eine Vielzahl von Studien und Befragungen. 

Im April 2024 thematisierte das Sanofi, der Hersteller des koffeinhaltigen Schmerzmittels Thomapyrin®, in einem Pressegespräch mit dem Titel „Gute Nacht, Kopfschmerzen und Migräne!“. Dabei veröffentlichte man auch Zahlen einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschers Bilendi im Auftrag von Sanofi. 

Umfragen und Studien zeigen: Schlaf und Migräne hängen zusammen

In der repräsentativen Umfrage Ende Januar 2024 unter 3.051 Personen der deutschen Bevölkerung zwischen 18 und 79 Jahren, die unter Kopfschmerzen und/oder Migräne leiden, gaben über die Hälfte an, eine schlechte Schlafqualität sei die Ursache ihrer Beschwerden. Hinter Stress, den 63 Prozent der Befragten als Ursache angaben, rangiert schlechter Schlaf damit auf Platz zwei. 

Neuere Studien untermauern den wechselseitigen Zusammenhang zwischen (schlechtem) Schlaf und Kopfschmerzen beziehungsweise Migräne. So belegten etwa japanische Forschende mit einer Studie, die sie im Fachmagazin „Frontiers in Neurology“ veröffentlichten, den „Zusammenhang zwischen migränebedingter Behinderung und der Belastung durch multiple Schlafprobleme“. 

Unter 215 Migränepatienten hatten sie bei 87 Prozent verschiedenste Schlafprobleme ausgemacht wie etwa das Restless-Legs-Syndrom, Schlaflosigkeit, übermäßige Tagesmüdigkeit, Schlafapnoe und REM-Schlafstörungen. 

Schlechter Schlaf erhöht das Migränerisiko

Das deckt sich mit älteren Studien wie etwa mit der ebenfalls in „Frontiers in Neurology“ bereits 2022 erschienenen chinesischen Studie, nach der „eine schlechte Schlafqualität signifikant mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Migräne und migränebedingten Belastungen verbunden“ ist. 

Die Forschenden hatten dabei 131 Migränepatienten und 70 Gesunde hinsichtlich ihrer Schlafqualität mit dem Instrument des Pittsburgh Sleep Quality Index (PSQI) untersucht. Die Wissenschaftler fanden nicht nur eine signifikant höhere Prävalenz für schlechte Schlafqualität bei den Migränebetroffenen, sondern kamen auch zu dem umgekehrten Schluss, dass „das Migräne-Risiko bei schlechter Schlafqualität 3,981-mal so hoch sei wie bei Personen mit guter Schlafqualität“.

Gut zu wissen: Was ist der Pittsburgh Sleep Quality Index?

Der Pittsburgh Sleep Quality Index (PSQI) ist ein Selbstbeurteilungsfragebogen, der 1988 von Forschern an der Universität von Pittsburgh entwickelt wurde. Er sollte Wissenschaftlern und Ärzten ein standardisiertes und einfach anzuwendendes Werkzeug zur Beurteilung der Schlafqualität bieten.

Der PSQI besteht aus insgesamt 19 Fragen, die Faktoren wie die subjektive Schlafqualität, Einschlaflatenz, Schlafdauer, Schlafeffizienz, Störungen des Schlafes, den Gebrauch von Schlafmedikamenten und die Beeinträchtigung der Tagesaktivität abfragen. /mia

Auch in einer deutlich größer angelegten aktuellen Studie mit über 17.000 Teilnehmenden in Japan bestätigte sich dieser Trend. In der in „Neurology and Therapie“ erschienenen Studie gaben über 50 Prozent der Befragten an, zeitweise migränebedingte Schlafprobleme zu haben.

Schlaf und Kopfschmerz sind bekannte Komorbiditäten

Die Beziehung zwischen Kopfschmerz und Schlaf sei dabei wechselseitig, so die Autoren. Etliche Betroffene könnten so wegen Kopfschmerzen nicht schlafen – in anderen Fällen entstehen Kopfschmerzen oder Migräneattacken durch schlechten Schlaf. Schlechter Schlaf und Kopfschmerz sind demnach bekannte Komorbiditäten, wissen Experten und Expertinnen bereits seit einiger Zeit.  

Das Phänomen erstreckt sich dabei explizit nicht nur auf Migräne. Auch für Spannungskopfschmerzen gibt es einschlägige Studien. So fanden US- und litauische Forschende in einer im „Journal of facial pain and headache“ veröffentlichten Studie einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Spannungskopfschmerz und Schlaflosigkeit.

Eine indische Vergleichsstudie zu Migräne und Spannungskopfschmerz-Folgen schließlich kam zu dem Schluss, dass es gar einen „Zusammenhang zwischen der Zunahme des Schweregrads der Behinderung und der schlechten Schlafqualität sowie der erhöhten Schmerzintensität der Kopfschmerzen“ gibt – unabhängig von der Art der Kopfschmerzen.

Weniger Nachtschichten bewirken weniger Kopfschmerzen

Interessant in dem Zusammenhang ist auch der umgekehrte Forschungsansatz, den norwegische Forschende mit einer im Magazin „Occupational & Environmental Medicine“ erschienenen Studie zeigen konnten: Die Wissenschaftler hatten drei Jahre lang norwegische Krankenschwestern hinsichtlich der gesundheitlichen Auswirkungen ihrer Arbeit – und ihrer Arbeitszeiten – untersucht. 

Überraschenderweise konnten die Forschenden bei den Krankenschwestern einen direkten Zusammenhang zwischen Nachtschichten und Kopfschmerzen zeigen. „Der Wechsel von der Nachtarbeit und die Verringerung der Anzahl der Nachtschichten … waren … mit weniger Kopfschmerzen verbunden“, fanden die Forschenden.

Ungeklärte Ursachen des Zusammenhangs von Schlaf und Kopfschmerz

Bekannt sind dabei nur einige (mögliche) mechanistische Zusammenhänge. So beschreiben Experten etwa, dass bei einer Schlafapnoe, bei der bis zu 54 der Betroffenen unter Kopfschmerzen leiden, diese durch den nächtlichen Sauerstoffmangel entstehen können. 

Der Kohlendioxidgehalt des Bluts steigt durch die nächtlichen Atemaussetzer – das bewirkt unter anderem einen Anstieg des intrakraniellen Drucks (Druck innerhalb der Schädelhöhle), was Kopfschmerzen auslösen kann. Diesen Betroffenen lässt sich oft mit einer CPAP-Behandlung (einer Atemmaske mit Überdruck für den Schlaf) helfen.

Viele andere Ursachen der wechselseitigen Zusammenhänge zwischen Schlafqualität und den verschiedenen Arten von Kopfschmerzen bleiben aber noch Gegenstand zukünftiger Forschungen. Quellen:
https://www.presseportal.de/pm/67478/5764557
https://www.frontiersin.org/journals/neurology/articles/10.3389/fneur.2024.1373574/full#ref4
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC9459411/
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC10787723/
https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/s-0037-1618334
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31465033/
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC10064905/
https://oem.bmj.com/content/81/4/191