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Endometriose: Gestagene oder Dreifachkombi?

junge frau liegt auf dem Sofa und hält sich den Bauch vor Schmerzen
Frauen, die an Endometriose erkrankt sind, leiden an verschiedenen Schmerzzuständen und einer eingeschränkten Fruchtbarkeit. | Bild: Drazen / AdobeStock

Endometriose zählt zu den häufigsten gynäkologischen Erkrankungen, wobei verlässliche Daten zur Prävalenz fehlten, liest man in der 2018 erschienenen S3-Leitlinie zu „Diagnostik und Therapie der Endometriose“. 

Bei Endometriose beschränkt sich die Gebärmutterschleimhaut nicht lediglich auf die Gebärmutter, sondern „wuchert“ auch an Stellen des Körpers, wo sie nicht hingehört, wie dem Beckenperitoneum, den Eierstöcken (Ovarien) und extragenital im Zwerchfellperitoneum, der Harnblase und dem Rektosigmoid (vorletzter und letzter Teil des Dickdarms). 

Die Kardinalsymptome – woran Endometriosepatientinnen am häufigsten leiden – umfassen verschiedene Schmerzzustände und eine eingeschränkte Fruchtbarkeit (Fertilität). An Endometriose erkranken nahezu ausschließlich Frauen im gebärfähigen Alter. Häufige Einflussfaktoren sind eine Zyklusdauer von maximal 27 Tagen, die Dauer der Blutung, die Anzahl der Schwangerschaften und Fehlgeburten.

Endometriose: Blutungsfreiheit als Therapieziel bei Hormonbehandlung

Eine kausale Therapie, die Endometriose ursächlich behandelt und heilt, existiert nicht. Die Basis einer Behandlung von Endometriose umfasst operative Maßnahmen und eine medikamentöse beziehungsweise hormonelle Therapie. 

Therapeutisches Ziel einer hormonellen Behandlung ist die Amenorrhoe – die Blutungsfreiheit – und damit ist die Therapie als Langzeitbehandlung ausgelegt.

Erste Wahl bei Endometriose: das Gestagen Dienogest

Bei der hormonellen Therapie gilt als derzeitige symptomatische Erstlinienbehandlung die Gabe eines Gestagens. Einziges zugelassenes Gestagen in Deutschland ist Dienogest. Daneben setzen Ärzte – off-label – auch andere Gestagene und kombinierte Estrogen-Gestagen-Präparate ein.  

Als Zweitlinienbehandlung kommen GnRH(Gonadotropin-Releasing-Hormon)-Analoga zum Einsatz, sprich Arzneimittel, die wie das Gonadotropin-Releasing-Hormon wirken. Diese Wirkstoffe verhindern, dass die Hypophyse FSH (Follikel-stimulierendes Hormon) und LH (Luteinisierendes Hormon) freisetzt. 

Die Folge: Die Estrogenspiegel sinken. Das ist erwünscht, da Estrogene eine maßgebliche Rolle im Krankheitsgeschehen von Endometriose spielen. 

Mehrere Wirkstoffe sind aus der Gruppe der GnRH-Analoga zugelassen, z. B. Buserelin (Metrelef®), Goserelin (Zoladex®-Gyn), Leuprorelin (Enantone®-Gyn), Nafarelin (Synarela®) und Triptorelin (Decapeptyl®). 

Hinsichtlich der Wirksamkeit auf Dysmenorrhoe (Menstruation, die mit Schmerzen einhergeht) und Unterbauchschmerzen sind Dienogest und GnRH-Analoga gleich effektiv, ebenso bei Rezidiven nach einer Bauchspiegelung (Laparoskopie).

GnRH-Analoga wirken, haben jedoch Nebenwirkungen

Ein Nachteil der bei der Senkung des Estrogenspiegels sehr effektiven GnRH-Analoga sind ihre Nebenwirkungen, wie eine verminderte Knochendichte (Osteoporose) und klimakterische Beschwerden (Wechseljahrsbeschwerden). Deswegen eignen sich GnRH-Analoga auch nicht als Erstlinientherapeutika und Endometriosepatientinnen dürfen sie maximal drei bis sechs Monate anwenden. 

Durch eine sogenannte Add-back-Therapie kann die Therapiedauer verlängert werden: Eine Add-back-Therapie ergänzt zu den GnRH-Analoga eine Estrogen-Gestagen-Kombination, um die Folgen des Estrogenmangels zu reduzieren, ohne die Effektivität der GnRH-Analoga zu beeinträchtigen. Dann ist auch eine GnRH-Analoga-Therapiedauer von zwölf Monaten möglich.

GnRH-Rezeptor blockieren mit Relugolix

Neben der „Superstimulation“ der Hypophyse durch GnRH-Analoga, der sich einstellenden Down-Regulation der Rezeptoren und der sodann vollständigen Hemmung der Ausschüttung von Geschlechtshormonen, kann der GnRH-Rezeptor auch einfach geblockt werden durch einen GnRH-Rezeptorblocker. Ein solcher ist Relugolix.

Endometriose: Dreifachkombi aus Relugolix, Estradiol und Norethisteron

Seit 2023 ist Relugolix – in fixer Kombination mit Estradiol und Norethisteronacetat – als Ryeqo in der EU für Frauen im gebärfähigen Alter bei Endometriose zugelassenen. Damit kombiniert Ryeqo direkt die Add-back-Gabe von Estradiol und Norethisteron mit Relugolix und fängt die Estrogenmangel-bedingten Nebenwirkungen ab. 

Ryeqo ist kein neues Präparat, allerdings durften vor Oktober 2023 Ärzte Ryeqo lediglich bei Uterusmyomen verordnen. Dass Ryeqo auch bei Endometriose hilft, Schmerzen und Schmerzmittelanwendungen reduziert, den Knochendichtewert stabilisiert und von den Patientinnen gut vertragen wird, belegen unter anderem die Studien SPIRIT 1 und SPIRIT 2.

Relugolix: schnellere Wirkung und einfacheres Absetzen

Wie oben erwähnt, ist Relugolix kein GnRH-Analogon, sondern fungiert als ein GnRH-Antagonist, blockiert also den GnRH-Rezeptor. Der Vorteil soll im Vergleich zu GnRH-Analoga sein, dass die Wirkung bei Relugolix schneller einsetzt – da Relugolix den Rezeptor direkt hemmt – und sich das Hormonsystem bei Absetzen auch wieder rascher erholt als bei GnRH-Analoga. 

Bei GnRH-Analoga kommt es durch anfängliche Überstimulierung des GnRH-Rezeptors hingegen erst nach rund vier Wochen zu einer Herunterregulation (Down-Regulation) dieser Rezeptoren, und diese müssen sodann natürlich beim Absetzen auch wieder hochreguliert werden. Das kann insofern für Frauen mit Kinderwunsch relevant sein – und Endometriose trifft vor allem Frauen im gebärfähigen Alter.

Was sagt die Leitlinie zu Relugolix?

Die deutsche Leitlinie berücksichtigt Ryeqo und damit Relugolix bei Endometriose noch nicht, allerdings erschien diese 2018 und Ryeqo erhielt erst 2023 die Zulassung für Endometriose in der EU. 

Anders die europäische – der zufolge könne „in Erwägung gezogen werden, Frauen GnRH-Antagonisten zu verschreiben, um die mit Endometriose verbundenen Schmerzen zu lindern“, schreiben die Autoren der 2022 veröffentlichten LeitlinieLeitlinie „Endometriosis – Guideline of European Society of Human Reproduktion and Embryology“ . Die Experten räumen jedoch ein, dass es „nur wenige Belege für die Dosierung oder Dauer der Behandlung gibt“, sodass sie die Wirkstoffe „aufgrund ihres Nebenwirkungsprofils als Zweitlinientherapie“ empfehlen, wenn hormonelle Verhütungsmittel oder Gestagene unwirksam seien. 

Die Leitlinienautoren erwähnen neben Relugolix – dem einzigen in Deutschland verfügbaren GnRH-Rezeptorantagonisten – zwei weitere Wirkstoffe: 

  • Elagolix, zugelassen bei Endometriose seit 2018 in den USA als Orilissa®,

und

  • Linzagolix in Yselty®, das zwar in der EU seit 2022 die Zulassung hat, jedoch lediglich bei schweren Symptomen bei Uterusmyomen.