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Migräne und Stillen – ist Sumatriptan erlaubt?

Frau stillt Säugling
Eine Migräne kehrt in der Stillzeit häufig zu ihrem früheren Muster zurück. Welche Arzneimittel dürfen stillende Frauen bei einer Migräneattacke einnehmen? | Bild: Анастасия Стягайло / AdobeStock

Migränikerinnen können sich in der Schwangerschaft gleich doppelt freuen: Auf das Baby und dass sich ihre Migräneattacken meist bessern. In der Stillzeit allerdings kehrt die Migräne „häufig zu ihrem früheren Muster bezüglich Häufigkeit und Schwere zurück“, schreiben die Autoren der S1-Leitlinie „Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne“.

Nicht immer können stillende Frauen sodann einfach ihre gewohnten Migräne-Arzneimittel anwenden. Manche Arzneimittel eignen sich nicht in der Stillzeit oder die Datenlage ist schlicht schlecht. Was tun?

Migräne: Reizabschirmung und Ruhe

Manchmal genügen bereits nichtmedikamentöse Maßnahmen, um Migräneanfälle zu lindern, gerade dann, wenn es nur leichte Attacken sind. Wie auch in der Schwangerschaft können die Migränikerinnen als Erstes immer versuchen, inwiefern Ruhe, Entspannung, Eispackungen und Reizabschirmung ihnen bereits helfen.

Embryotox: Paracetamol und Ibuprofen 

Persistieren die Attacken und stillende Migränikerinnen benötigen ein Schmerzmittel, ist laut Embryotox – dem Pharmakovigilanzzentrum für Embryonaltoxikologie an der Berliner Charité – Paracetamol neben Ibuprofen das Analgetikum der Wahl in der Stillzeit. Beide Wirkstoffe dürfen auch bereits Säuglinge erhalten – z. B. Nurofen® 60 mg Zäpfchen ab drei Monaten und Paracetamol 75 mg Zäpfchen bereits bei Neugeborenen ab 3 kg Körpergewicht. „Nebenwirkungen wurden bei gestillten Kindern in mehreren Untersuchungen nicht beobachtet“, erklärt Embryotox zu Ibuprofen und „Es gibt keine nennenswerten Hinweise auf Unverträglichkeiten beim gestillten Säugling“ zu Paracetamol.

Die Leitlinienautoren sehen in Paracetamol nicht die erste Wahl bei Schmerzmitteln. Grund ist die bei Migräne lediglich „geringe Wirksamkeit“. Damit raten sie nur zu Paracetamol, wenn andere Analgetika nicht möglich sind. Sie raten eher zu den nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) Ibuprofen und ASS (Acetylsalicylsäure) als Analgetika, wenn nichtmedikamentöse Maßnahmen versagen. 

Auch Embryotox hält die „gelegentliche Einnahme“ von ASS in der Stillzeit für „vertretbar“, bei Früh- und Neugeborenen sei jedoch Vorsicht geboten.

Was ist mit Triptanen während der Stillzeit?

Triptane sind nach wie vor die Arzneimittel mit der besten Wirksamkeit bei mittelschweren und schweren Migräneattacken. Dürfen auch Stillende auf diese wirksamen Präparate zurückgreifen? 

Am meisten Daten zur Anwendung in der Stillzeit liegen zu Sumatriptan (Imigran® und Generika) vor, weswegen Embryotox Sumatriptan als bevorzugtes Triptan in der Stillzeit empfiehlt. Eine Einzeldosis eines anderen Triptans, wie Eletriptan, Frovatriptan, Naratriptan oder Zolimtriptan sei jedoch „akzeptabel“. 

Auch die Leitlinienautoren sehen Triptane „vereinbar“ mit dem Stillen und empfehlen Sumatriptan und Eletriptan (Eletriptan sei in geringeren Konzentration in der Muttermilch nachgewiesen worden als Sumatriptan). Ein Abpumpen sei nicht erforderlich. 

Da es für andere Triptane keine eindeutigen Nachweise zur Unbedenklichkeit gebe, können Stillende hier „als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme“ vor Anwendung des Triptans Muttermilch abpumpen und diese dem Baby in der Zeit nach Anwendung zufüttern. Nach der Anwendung eines dieser Triptane sollte die Muttermilch für 24 Stunden abgepumpt und sodann verworfen werden.

Die neuen Wirkstoffe Lasmiditan und Rimegepant

In Schwangerschaft und Stillzeit ist man mit neuen und innovativen Wirkstoffen eher zurückhaltend in der Anwendung. Das gilt auch für Lasmiditan (Reyvow®) und Rimegepant (Vydura®) bei Migräne. Der Grund: klinische Erfahrungen fehlen.

Was tun bei Migräne-bedingter Übelkeit und Erbrechen?

80 Prozent der Migränepatienten leiden nicht nur an Kopfschmerzen, sondern sind auch von Übelkeit und Erbrechen geplagt. Die Leitlinienautoren raten von Metoclopramid (MCP), Dimenhydrinat und Ondansetron ab, da die Wirkstoffe in die Muttermilch übergingen. 

Embryotox sagt, dass MCP „indikationsgerecht über kurze Zeit eingesetzt werden“ dürfe. MCP wirkt auf die Prolaktinspiegel, erhöht diese und kann dadurch jedoch die Milchbildung fördern. Zudem geht MCP in die Muttermilch über und kann auch beim gestillten Baby zu messbaren Plasmaspiegeln führen (1 bis 8 Prozent des mütterlichen Spiegels). Es seien in Einzelfällen Blähungen und milde abdominelle Symptome beschrieben. 

Bei Dimenhydrinat, dem Wirkstoff in Vomex®, fehlt bei Migräne ohnehin die Wirksamkeit. Ondansetron ist Embryotox zufolge als „Einzelgabe“ möglich, wobei keine dokumentierten Erfahrungen beim Menschen vorlägen.