Corona-Infektion: Wird das Risiko unterschätzt?
Weihnachtsmärkte, Betriebsfeiern, Familientreffen: Die Adventszeit ist da – nun erstmals wieder ohne Corona-Schutzvorgaben. Und Befürchtungen vor Infektionen spielen laut einer Umfrage bei den meisten Menschen auch keine größere Rolle mehr.
Fast zwei Drittel machen sich tendenziell keine Sorgen vor einer Ansteckung im Advent oder zu Weihnachten, wie die Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov ergab. Deshalb gar nicht in Sorge sind 36 Prozent, eher nicht 28 Prozent. Sehr besorgt sind 6 Prozent, etwas 24 Prozent. Gesundheitsminister Karl Lauterbach rief angesichts vieler neuer Infektionen aber erneut zur Vorsicht auf.
Große Corona-Welle zu erwarten
„Corona bleibt gefährlich. Es ist keine Erkältung, die man sich bedenkenlos jede Saison einfangen kann“, sagt der SPD-Politiker. Vielmehr befalle Corona oft auch die Blutgefäße oder schwäche das Immunsystem und lasse sich daher viel zu häufig nicht komplett auskurieren.
Lauterbach hatte kürzlich schon deutlich gemacht, dass sich aus Berechnungen unter anderem nach Daten des Abwassermonitorings aktuell eine große Corona-Welle erkennen lässt.
Gegen Grippe und Corona impfen lassen
„Wer Krankheit unterm Weihnachtsbaum so gut es geht vermeiden will, sollte sich möglichst in den nächsten Tagen schnell noch impfen lassen – am besten gegen Grippe und Corona gleichzeitig“, sagt Lauterbach.
Die Ständige Impfkommission empfiehlt Corona-Impfungen für Menschen ab 60 Jahren und mit Risikofaktoren wie chronischen Erkrankungen. Bei den Impfungen wird seit dem Herbst ein auf die Omikron-Sublinie XBB.1.5 angepasstes Präparat angeboten, das besser gegen kursierende Varianten schützen soll.
Lauterbach hatte sich zuletzt enttäuscht gezeigt, dass dies bisher nur drei Millionen Menschen wahrgenommen hätten – allein mehr als 20 Millionen Menschen sind 60 oder älter.
Der Minister riet zudem, „lieber noch mal Maske in Bus und Bahn“ zu tragen. Wenn es gehe, sollte man „lieber im Homeoffice bleiben, als die Bürogesellschaft zu genießen“. Kurz vor Weihnachten sollte man „am besten auf große Feiern in Innenräumen verzichten“.
Corona: Die meisten Menschen sind sorglos
Auflagen zu Masken, Tests und Quarantäne wie noch im Winter 2022 gibt es nun nicht. Gewisse Vorsicht halten laut der Umfrage aber manche für angebracht. Vor Familienfeiern bei Erkältungssymptomen lieber einen Schnelltest zu machen, befürworteten 42 Prozent. Dabei stimmten 18 Prozent voll und ganz zu, es zu machen, und weitere 24 Prozent stimmten dem eher zu. Ablehnend äußerten sich dagegen 48 Prozent. Befragt wurden vom 4. bis 6. Dezember 2.081 Menschen ab 18 Jahren.
Weihnachtsmärkte mit vielen Besuchern vorsorglich lieber zu meiden, sagte demnach gut ein Drittel der Befragten von sich selbst – 15 Prozent stimmten voll und ganz zu, weitere 21 Prozent stimmten eher zu. Wenig oder nichts davon halten 58 Prozent. Lieber mit Maske zum Geschenkekaufen in volle Geschäfte zu gehen, befürworteten nach eigenem Bekunden 8 Prozent voll und ganz, weitere 15 Prozent äußerten sich eher zustimmend. Tendenziell ablehnend äußerten sich 69 Prozent.
COVID-19: Ansteckungsrisiko wird unterschätzt
Dass die Stimmung gerade optimistischer zu sein scheint als die Lage, hat Lauterbach schon anklingen lassen. „Im Moment wird die Gefahr, die von COVID ausgeht, tatsächlich unterschätzt“, sagt er.
„Wir haben gerade eine heftige Infektionswelle. Nicht nur Corona, sondern auch andere Viren sind aktuell sehr im Umlauf. Die Leute werden zum Teil richtig krank.“
Eine FFP2-Maske etwa in Bahnen oder im Supermarkt zu tragen, sei da ein sehr vernünftiges Verhalten, so Hoch. Lauterbach empfiehlt, auch bei Besuchen bei Menschen aus Risikogruppen im Zweifel Maske zu tragen oder sich zu testen. „Eine vermiedene Infektion ist wie ein zusätzliches Weihnachtsgeschenk.“
Nach seinen Angaben dürfte die Inzidenz derzeit bei etwa 1.700 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen liegen. Laut Robert Koch-Institut (RKI) hat dieses hohe Niveau wegen der größeren Immunität durch Impfungen und Infektionen nun aber eine andere Bedeutung als in der Pandemie. In den Intensivstationen spiegele sich dies vorerst auch nicht wider.