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„Viel hilft nicht immer viel“: Ceiling-Effekt bei Ibuprofen: Was ist das?

in einer Hand liegt eine weiße Tablette, die andere Hand hält ein Glas Wasser
Ibuprofen wird häufig bei Schmerzen des Bewegungsapparats sowie bei Zahn-/Kopfschmerzen und schmerzhafter Regelblutung eingenommen. | Bild: photophonie / AdobeStock

Nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAR) gehören sicherlich zu den am meisten eingesetzten Arzneistoffen. Sie weisen bekanntlich eine analgetische (schmerzlindernde), antipyretische (fiebersenkende) und antiphlogistische (entzündungshemmende) Wirkung auf. In therapeutischen Dosierungen hemmen NSAR die Biosynthese von Prostaglandinen, die an der Entstehung von Fieber, Schmerzen und Entzündungen wesentlich beteiligt sind. 

Als OTC-Arzneimittel spielt dabei die Substanz Ibuprofen eine wichtige Rolle. Das Schmerzmittel kommt überwiegend bei leichten bis moderaten Schmerzen des Bewegungsapparats, bei Zahn- sowie Kopfschmerzen und bei schmerzhafter Regelblutung zum Einsatz.

In der Apotheke begegnen einem häufig Aussagen wie „Bitte eine Packung Ibuprofen akut gegen meine Kopfschmerzen“. Betroffene Kunden sollten darüber informiert werden, dass bei der Einnahme von Ibuprofen gegen Schmerzen eine Tablette mit 400 mg Ibuprofen als Einzeldosis ausreicht.

Dosierung von Ibuprofen

Zur Schmerzstillung sowie bei Fieber liegt die Einzeldosis bei Jugendlichen ab 12 Jahren mit einem Körpergewicht von mehr als 40 kg und bei Erwachsenen bei 200 mg bis 400 mg Ibuprofen. Die Tageshöchstdosis beträgt 1.200 mg. 

Zur Therapie rheumatischer Erkrankungen können vom Arzt auch höhere Dosen verschrieben werden, die maximale Einzeldosis beträgt dann 800 mg Ibuprofen. Die Tageshöchstdosis von 2.400 mg Ibuprofen darf nicht überschritten werden.

Bei Schmerzen reichen 400 mg Ibuprofen

In der Apotheke taucht regelmäßig die Frage auf, ob es zur Schmerzbehandlung nicht Sinn macht, gleich zwei Tabletten mit 400 mg Ibuprofen auf einmal einzunehmen. Die Kunden erhoffen sich davon einen stärkeren analgetischen Effekt. Doch durch die Gabe höherer Dosen als 400 mg lässt sich keine stärkere schmerzstillende Wirkung erzielen, das liegt am sogenannten Ceiling-Effekt.

Gut zu wissen: Was versteht man unter dem Ceiling-Effekt?

In der Pharmakologie ist der Ceiling-Effekt auch unter dem Namen Sättigungseffekt bekannt. Das bedeutet, dass es trotz Erhöhung der Dosis zu keiner Wirkungssteigerung kommt. Mit einer Toleranzentwicklung hat dieser Effekt im Übrigen nichts zu tun, er kann bereits bei der ersten Einnahme eines Arzneistoffs auftreten. Bei einer Toleranz nimmt die Wirkung erst bei mehrfacher Einnahme ab.

In einer Untersuchung aus dem Jahr 2019 konnte gezeigt werden, dass der analgetische Ceiling-Effekt für Ibuprofen bereits bei 400 mg erreicht wird. ´Comparison of Oral Ibuprofen at Three Single-Dose Regimens for Treating Acute Pain in the Emergency Department: A Randomized Controlled Trial´ 

Dazu wurden Ibuprofen-Dosierungen von 400 mg, 600 mg und 800 mg hinsichtlich ihres analgetischen Effekts verglichen. Die Teilnehmenden mussten dazu 60 Minuten nach der Einnahme von Ibuprofen ihre Schmerzintensität auf einer Skala von 0 bis 10 einschätzen. Dabei gab es zwischen den einzelnen Dosierungen keine klinischen Unterschiede und die Abnahme der Schmerzintensität war bei allen drei Dosierungen ähnlich.

Höhere Dosen führen zu mehr Nebenwirkungen

Zur Linderung von Schmerzen bringt demnach die Einnahme von 600 mg bzw. 800 mg Ibuprofen also keinen Vorteil. Durch die Dosissteigerung erhöht sich allerdings das Risiko für unerwünschte Nebenwirkungen deutlich.

Wie bei allen Nichtsteroidalen Antiphlogistika betreffen die auftretenden Nebenwirkungen häufig den Magen-Darm-Bereich. Neben Übelkeit, Erbrechen und Durchfall sind vor allem Erosionen im Gastrointestinaltrakt bis hin zu Blutungen und Perforationen gefürchtet. Es können aber auch Hautreaktionen, Störungen der Nierenfunktion und eine Hemmung der Thrombozytenaggregation auftreten.

Teilbarkeit von 800-mg-Tabletten

Wird Ibuprofen über einen längeren Zeitraum als antirheumatische Therapie eingenommen, kommt häufig die Frage nach der Teilbarkeit von Tabletten mit 800 mg Ibuprofen auf. Bei Kopf- oder Zahnschmerzen möchten Betroffene häufig eine halbe Tablette mit 400 mg Ibuprofen einnehmen. Diese Frage kann jedoch nicht pauschal beantwortet werden. Denn: Grundsätzlich dürfen nur solche Tabletten geteilt werden die dosisgleich teilbar sind.

Gut zu wissen: Welche Tabletten dürfen nicht geteilt werden?

Nicht alle Tabletten weisen eine gleichmäßige Verteilung des Wirkstoffs auf. Bei nicht teilbaren Tabletten ist nicht geklärt, wie viel Arzneistoff in den jeweiligen Bruchteilen enthalten ist. 

Im Tablettenpulver liegen die Feststoffe gut vermischt und gleichmäßig verteilt vor. Wird das Pulver dann in die Tablettenpresse gegeben, wird häufig keine Analytik mehr auf eine gleichmäßige Verteilung durchgeführt. Die Tabletten enthalten selbstverständlich die angegebene Menge an Wirkstoff, auf eine homogene Verteilung wird aber nicht geprüft und deswegen gelten die Tabletten als nicht teilbar. 

Eine Bruchkerbe ist übrigens kein sicherer Hinweis auf eine Teilbarkeit, es gibt auch sogenannte Schmuckkerben. Nicht geteilt werden dürfen Tabletten ohne Bruchkerben sowie retardierte Darreichungsformen. 

Der pharmazeutische Hersteller kann Auskunft darüber geben, ob sein Präparat zur Teilung geeignet ist – entsprechende Hinweise finden sich in der Gebrauchsanweisung oder der Fachinformation. Auch in der Gelben Liste und der ABDA-Datenbank sind Informationen zur Teilbarkeit aufgeführt.

Ceiling-Effekt auch bei Buprenorphin

Auch beim Arzneistoff Buprenorphin spielt der Ceiling-Effekt eine Rolle. Der Wirkstoff zählt zu den stark wirksamen Opioiden und wird zur Behandlung von starken und sehr starken Schmerzen eingesetzt. Die Substanz besitzt wie Morphin eine hohe Affinität zu den µ-Opioidrezeptoren und wirkt dadurch analgetisch. 

Buprenorphin wirkt an den Rezeptoren aber als Partialagonist, d. h. bei niedrigen Dosen wirkt Buprenorphin agonistisch und löst damit eine analgetische Wirkung aus. Bei einer Erhöhung der Dosis dominiert zunehmend die antagonistische Wirkung und der schmerzstillende Effekt nimmt nicht weiter zu. 

Dieser Ceiling-Effekt gilt auch für die über die µ-Opioidrezeptoren vermittelte Nebenwirkung Atemdepression. Diese Verlangsamung bis teilweise vollständige Unterdrückung des physiologischen Atemreflexes stellt eine der Hauptgefahren bei der Anwendung von Opioiden dar. 

Buprenorphin hat damit den Vorteil, dass auch bei einer Dosiserhöhung keine deutliche Zunahme des Risikos für eine Atemdepression besteht. Daher gilt Buprenorphin auch bei einer versehentlichen Überdosierung im Vergleich zu anderen Substanzen wie Morphin oder Fentanyl als relativ sicher. Quellen:
- https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31383385/

- Mutschler Arzneimittelwirkungen: Pharmakologie, Klinische Pharmakologie, Toxikologie, 11. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, Stuttgart 2020.

- Fachinformation Ibu-ratiopharm® Filmtabletten
https://www.arznei-

- telegramm.de/html/2003_08/0308077_03.html