Mehrsprachigkeit ist gut fürs Gedächtnis
Es ist immer wieder verblüffend: Packt man Fakten, die man sich schlecht merken kann, in die Form eines Reims, klappt es auf einmal mit dem Einprägen (Bsp.: „Erst das Wasser, dann die Säure, sonst geschieht das Ungeheure“).
Auch andere sprachliche Elemente eignen sich als Merkhilfen, etwa Alliterationen (= Stabreime), also gleiche Anlaute bei den betonten Silben aufeinanderfolgender Wörter (Bsp.: „Brennnessel, Brombeere, Brechnuss“).
Amerikanische Wissenschaftler haben nun weitere Erkenntnisse dazu gewonnen, warum ähnlich klingende Laute dem Gedächtnis helfen.
Gedächtnis: Was Klangähnlichkeiten bewirken
An der Studie nahmen Personen teil, die alle englischsprachig waren. Ein Teil von ihnen beherrschte zudem Spanisch, war also bilingual. Im Experiment bekamen alle Versuchspersonen Bildertafeln präsentiert, auf denen jeweils vier Bilder mit unterschiedlichen Objekten zu sehen waren.
Außerdem hörten die Probanden ein englisches Wort, das eines der vier Bilder bezeichnete. Die Probanden mussten es richtig zuordnen – eine einfach zu lösende Aufgabe. Das Besondere dabei: Auf den Tafeln waren Objekte abgebildet, die gesprochen ähnlich klangen, und zwar auf Englisch oder auf Spanisch. Ein Beispiel waren das englische Wort „candy“ (Süßigkeit) und das ähnlich klingende Wort „candle“ (Kerze) sowie das ebenfalls ähnlich klingende spanische Wort „candado“ (Vorhängeschloss).
Während des Tests wurden die Augenbewegungen der Versuchsteilnehmer registriert. Dabei zeigte sich, dass die Probanden zum Beispiel bei der Aufforderung, „candy“ anzuklicken, mit den Augen auch kurz am Bild von „candle“ hängenblieben. Die bilingualen Teilnehmer schauten zusätzlich für wenige Millisekunden auf das Bild von „candado“. Sie benötigten insgesamt nicht mehr Zeit für den Test, profitierten aber hinsichtlich ihres Erinnerungsvermögens.
Zweisprachigkeit verbessert visuelles Erinnerungsvermögen
Das offenbarte sich im zweiten Teil des Experiments. Hier sollten sich die Probanden an Objekte erinnern, die sie im ersten Versuchsteil gesehen hatten. Sie erinnerten sich dabei besser an jene Objekte, die ähnlich klangen wie das Zielwort, als an die klanglich andersartigen Objekte.
Und es zeigte sich ein deutlicher Vorteil von Zweisprachigkeit: Die bilingualen Teilnehmer, die neben Englisch auch Spanisch gut beherrschten, erinnerten sich auch noch an solche Objekte, deren spanischer Name klangähnlich zum Zielwort war. Diese Objekte waren bei den bilingualen Probanden offenbar sprachübergreifend besser ins Bewusstsein gedrungen.
Spracherfahrungen beeinflussen Gedächtnis
Zwei- bzw. Mehrsprachigkeit scheint also die Gedächtnisfunktionen zu verbessern. Unsere Spracherfahrungen sind den Studienautoren zufolge entscheidend dafür, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen und erinnern.
Treffen Wahrnehmungen auf bekannte Wörter (wie „candy“, „candle“ und „candado“), erzeugt das im Gehirn Aufmerksamkeit. Das sorgt offenbar dafür, dass wir uns eine visuelle Szene dann besser merken können. Quelle: Northwestern University